Gesammelte Werke von E. T. A. Hoffmann. E. T. A. Hoffmann

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Gesammelte Werke von E. T. A. Hoffmann - E. T. A. Hoffmann

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zu drehen wie leuchtende Punkte, immer schneller und schneller, so daß sie einen Feuerkreis bildeten, der wurde kleiner, so wie die Schnelligkeit wuchs, daß er zuletzt nur eine stillstehende Feuerkugel schien. Aus der schössen rotglühende Strahlen und bewegten sich im farbichten Flammenspiel. “Das sind meine Glieder, die sich regen, jetzt erwache ich!” So dachte ich deutlich, aber in dem Augenblick durchzuckte mich ein jäher Schmerz, helle Glockentöne schlugen an mein Ohr. “Fliehen, weiter fort! – weiter fort!” rief ich laut, wollte mich schnell aufraffen, fiel aber entkräftet zurück. Jetzt erst vermochte ich die Augen zu öffnen. Die Glockentöne dauerten fort – ich glaubte noch im Walde zu sein, aber wie erstaunte ich, als ich die Gegenstände ringsumher, als ich mich selbst betrachtete. In dem Ordenshabit der Kapuziner lag ich in einem hohen, einfachen Zimmer auf einer wohlgepolsterten Matratze ausgestreckt. Ein paar Rohrstühle, ein kleiner Tisch und ein ärmliches Bett waren die einzigen Gegenstände, die sich noch im Zimmer befanden. Es wurde mir klar, daß mein bewußtloser Zustand eine Zeitlang gedauert haben und daß ich in demselben auf diese oder jene Weise in ein Kloster gebracht sein mußte, das Kranke aufnehme. Vielleicht war meine Kleidung zerrissen, und man gab mir vorläufig eine Kutte. Der Gefahr, so schien es mir, war ich entronnen. Diese Vorstellungen beruhigten mich ganz, und ich beschloß abzuwarten, was sich weiter zutragen würde, da ich voraussetzen konnte, daß man bald nach dem Kranken sehen würde. Ich fühlte mich sehr matt, sonst aber ganz schmerzlos. Nur einige Minuten hatte ich so, zum vollkommenen Bewußtsein erwacht, gelegen, als ich Tritte vernahm, die sich wie auf einem langen Gange näherten. Man schloß meine Türe auf, und ich erblickte zwei Männer, von denen einer bürgerlich gekleidet war, der andere aber den Ordenshabit der Barmherzigen Brüder trug. Sie traten schweigend auf mich zu, der bürgerlich Gekleidete sah mir scharf in die Augen und schien sehr verwundert. “Ich bin wieder zu mir selbst gekommen, mein Herr”, fing ich mit matter Stimme an, “dem Himmel sei es gedankt, der mich zum Leben erweckt hat – wo befinde ich mich aber? wie bin ich hergekommen?” – Ohne mir zu antworten, wandte sich der bürgerlich Gekleidete zu dem Geistlichen und sprach auf italienisch: “Das ist in der Tat erstaunenswürdig, der Blick ist ganz geändert, die Sprache rein, nur matt … es muß eine besondere Krisis eingetreten sein.” –“Mir scheint”, erwiderte der Geistliche, “mir scheint, als wenn die Heilung nicht mehr zweifelhaft sein könne.” “Das kommt”, fuhr der bürgerlich Gekleidete fort, “das kommt darauf an, wie er sich in den nächsten Tagen hält. Verstehen Sie nicht so viel Deutsch, um mit ihm zu sprechen?” “Leider nein”, antwortete der Geistliche. – “Ich verstehe und spreche Italienisch”, fiel ich ein; “sagen Sie mir, wo bin ich, wie bin ich hergekommen?” – Der bürgerlich Gekleidete, wie ich wohl merken konnte, ein Arzt, schien freudig verwundert. “Ah”, rief er aus, “ah, das ist gut. Ihr befindet Euch, ehrwürdiger Herr! an einem Orte, wo man nur für Euer Wohl auf alle mögliche Weise sorgt. Ihr wurdet vor drei Monaten in einem sehr bedenklichen Zustande hergebracht. Ihr wart sehr krank, aber durch unsere Sorgfalt und Pflege scheint Ihr Euch auf dem Wege der Genesung zu befinden. Haben wir das Glück, Euch ganz zu heilen, so könnt Ihr ruhig Eure Straße fortwandeln, denn wie ich höre, wollt Ihr nach Rom?” – “Bin ich denn”, frug ich weiter, “in der Kleidung, die ich trage, zu Euch gekommen?” – “Freilich”, erwiderte der Arzt, “aber laßt das Fragen, beunruhigt Euch nur nicht, alles sollt Ihr erfahren, die Sorge für Eure Gesundheit ist jetzt das vornehmlichste.” Er faßte meinen Puls, der Geistliche hatte unterdessen eine Tasse herbeigebracht, die er mir darreichte. “Trinkt”, sprach der Arzt, “und sagt mir dann, wofür Ihr das Getränk haltet.” – “Es ist”, erwiderte ich, nachdem ich getrunken, “es ist eine gar kräftig zubereitete Fleischbrühe.” – Der Arzt lächelte zufrieden und rief dem Geistlichen zu: “Gut, sehr gut!” – Beide verließen mich. Nun war meine Vermutung, wie ich glaubte, richtig. Ich befand mich in einem öffentlichen Krankenhause. Man pflegte mich mit stärkenden Nahrungsmitteln und kräftiger Arzenei, so daß ich nach drei Tagen imstande war aufzustehen. Der Geistliche öffnete ein Fenster, eine warme, herrliche Luft, wie ich sie nie geatmet, strömte herein, ein Garten schloß sich an das Gebäude, herrliche fremde Bäume grünten und blühten, Weinlaub rankte sich üppig an der Mauer empor, vor allem aber war mir der dunkelblaue, duftige Himmel eine Erscheinung aus ferner Zauberwelt. “Wo bin ich denn”, rief ich voll Entzücken aus, “haben mich die Heiligen gewürdigt, in einem Himmelslande zu wohnen?” Der Geistliche lächelte wohlbehaglich, indem er sprach: “Ihr seid in Italien, mein Bruder! in Italien!” – Meine Verwunderung wuchs bis zum höchsten Grade, ich drang in den Geistlichen, mir genau die Umstände meines Eintritts in dies Haus zu sagen, er wies mich an den Doktor. Der sagte mir endlich, daß vor drei Monaten mich ein wunderlicher Mensch hergebracht und gebeten habe, mich aufzunehmen; ich befände mich nämlich in einem Krankenhause, das von Barmherzigen Brüdern verwaltet werde. Sowie ich mich mehr und mehr erkräftigte, bemerkte ich, daß beide, der Arzt und der Geistliche, sich in mannigfache Gespräche mit mir einließen und mir vorzüglich Gelegenheit gaben, lange hintereinander zu erzählen. Meine ausgebreiteten Kenntnisse in den verschiedensten Fächern des Wissens gaben mir reichen Stoff dazu, und der Arzt lag mir an, manches niederzuschreiben, welches er dann in meiner Gegenwart las und sehr zufrieden schien. Doch fiel es mir oft seltsamlich auf, daß er, statt meine Arbeit selbst zu loben, immer nur sagte: “In der Tat … das geht gut … ich habe mich nicht getäuscht! … wunderbar … wunderbar!” Ich durfte nun zu gewissen Stunden in den Garten hinab, wo ich manchmal grausig entstellte, totenblasse, bis zum Geripp ausgetrocknete Menschen, von Barmherzigen Brüdern geleitet, erblickte. Einmal begegnete mir, als ich schon im Begriff stand, in das Haus zurückzukehren, ein langer, hagerer Mann, in einem seltsamen erdgelben Mantel, der wurde von zwei Geistlichen bei den Armen geführt, und nach jedem Schritt machte er einen possierlichen Sprung und pfiff dazu mit durchdringender Stimme. Erstaunt blieb ich stehen, doch der Geistliche, der mich begleitete, zog mich schnell fort, indem er sprach: “Kommt, kommt, lieber Bruder Medardus! das ist nichts für Euch.” – “Um Gott”, rief ich aus, “woher wißt Ihr meinen Namen?” – Die Heftigkeit, womit ich diese Worte ausstieß, schien meinen Begleiter zu beunruhigen. “Ei”, sprach er, “wie sollten wir denn Euern Namen nicht wissen? Der Mann, der Euch herbrachte, nannte ihn ja ausdrücklich, und Ihr seid eingetragen in die Register des Hauses: Medardus, Bruder des Kapuzinerklosters zu B.” – Eiskalt bebte es mir durch die Glieder. Aber mochte der Unbekannte, der mich in das Krankenhaus gebracht hatte, sein, wer er wollte, mochte er eingeweiht sein in mein entsetzliches Geheimnis: er konnte nicht Böses wollen, denn er hatte ja freundlich für mich gesorgt, und ich war ja frei.

      Ich lag im offnen Fenster und atmete in vollen Zügen die herrliche, warme Luft ein, die, durch Mark und Adern strömend, neues Leben in mir entzündete, als ich eine kleine, dürre Figur, ein spitzes Hütchen auf dem Kopfe und in einen ärmlichen, erblichenen Überrock gekleidet, den Hauptgang nach dem Hause herauf mehr hüpfen und trippeln als gehen sah. Als er mich erblickte, schwenkte er den Hut in der Luft und warf mir Kußhändchen zu. Das Männlein hatte etwas Bekanntes, doch konnte ich die Gesichtszüge nicht deutlich erkennen, und er verschwand unter den Bäumen, ehe ich mit mir einig worden, wer es wohl sein möge. Doch nicht lange dauerte es, so klopfte es an meine Türe, ich öffnete, und dieselbe Figur, die ich im Garten gesehen, trat herein. “Schönfeld”, rief ich voll Verwunderung, “Schönfeld, wie kommen Sie her, um des Himmels willen?” – Es war jener närrische Friseur aus der Handelsstadt, der mich damals rettete aus großer Gefahr. “Ach – ach, ach!” seufzte er, indem sich sein Gesicht auf komische Weise weinerlich verzog, “wie soll ich denn herkommen, ehrwürdiger Herr, wie soll ich denn herkommen anders als geworfen – geschleudert, von dem bösen Verhängnis, das alle Genies verfolgt! Eines Mordes wegen mußte ich fliehen …” “Eines Mordes wegen?” unterbrach ich ihn heftig. – “Ja, eines Mordes wegen”, fuhr er fort, “ich hatte im Zorn den linken Backenbart des jüngsten Kommerzienrates in der Stadt getötet und dem rechten gefährliche Wunden beigebracht.” – “Ich bitte Sie”, unterbrach ich ihn aufs neue, “lassen Sie die Possen, sein Sie einmal vernünftig und erzählen Sie im Zusammenhange oder verlassen Sie mich.” – “Ei, lieber Bruder Medardus”, fing er plötzlich sehr ernst an; “du willst mich fortschicken, nun du genesen, und mußtest mich doch in deiner Nähe leiden, als du krank dalagst und ich dein Stubenkamerad war und in jenem Bette schlief.” – “Was heißt das”, rief ich bestürzt aus, “wie kommen Sie auf den Namen Medardus?” –

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