Gesammelte Werke von E. T. A. Hoffmann. E. T. A. Hoffmann

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Gesammelte Werke von E. T. A. Hoffmann - E. T. A. Hoffmann

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Sprache, und zwar in echt polnischem Dialekt, jedoch ebenfalls ganz leichthin. Ich wurde in der Tat einen Augenblick verwirrt, raffte mich jedoch zusammen, besann mich auf das wenige Polnische, was ich von meinem Freunde Krcszinski im Seminar gelernt hatte, und antwortete :

      “Auf dem kleinen Gute meines Vaters bei Kwiecziczewo.” “Wie hieß dieses Gut?”

      “Krcziniewo, das Stammgut meiner Familie.” “Sie sprechen für einen Nationalpolen das Polnische nicht sonderlich aus. Aufrichtig gesagt, in ziemlich deutschem Dialekt. Wie kommt das?”

      “Schon seit vielen Jahren spreche ich nichts als Deutsch. Ja selbst schon in Krakau hatte ich viel Umgang mit Deutschen, die das Polnische von mir erlernen wollten; unvermerkt mag ich ihren Dialekt mir angewöhnt haben, wie man leicht provinzielle Aussprache annimmt und die bessere, eigentümliche darüber vergißt.”

      Der Richter blickte mich an, ein leises Lächeln flog über sein Gesicht, dann wandte er sich zum Protokollführer und diktierte ihm leise etwas. Ich unterschied deutlich die Worte: “Sichtlich in Verlegenheit” und wollte mich eben noch mehr über mein schlechtes Polnisch auslassen, als der Richter frug: “Waren Sie niemals in B.?”

      “Niemals!”

      “Der Weg von Königsberg hieher kann Sie über den Ort geführt haben?”

      “Ich habe eine andere Straße eingeschlagen.” “Haben Sie nie einen Mönch aus dem Kapuzinerkloster in B. kennengelernt?” “Nein!”

      Der Richter klingelte und gab dem hereintretenden Gerichtsdiener leise einen Befehl. Bald darauf öffnete sich die Türe, und wie durchbebten mich Schreck und Entsetzen, als ich den Pater Cyrillus eintreten sah. Der Richter frug: “Kennen Sie diesen Mann?” “Nein! … ich habe ihn früher niemals gesehen!” Da heftete Cyrillus den starren Blick auf mich, dann trat er näher; er schlug die Hände zusammen und rief laut, indem Tränen ihm aus den Augen gewaltsam hervorquollen: “Medardus, Bruder Medardus …! um Christus willen, wie muß ich dich wiederfinden, im Verbrechen teuflisch frevelnd. Bruder Medardus, gehe in dich, bekenne, bereue … Gottes Langmut ist unendlich!” – Der Richter schien mit Cyrillus’ Rede unzufrieden, er unterbrach ihn mit der Frage: “Erkennen Sie diesen Mann für den Mönch Medardus aus dem Kapuzinerkloster in B.?”

      “So wahr mir Christus helfe zur Seligkeit”, erwiderte Cyrillus, “so kann ich nicht anders glauben, als daß dieser Mann, trägt er auch weltliche Kleidung, jener Medardus ist, der im Kapuzinerkloster zu B. unter meinen Augen Noviz war und die Weihe empfing. Doch hat Medardus das rote Zeichen eines Kreuzes an der linken Seite des Halses, und wenn dieser Mann” … “Sie bemerken”, unterbrach der Richter den Mönch, sich zu mir wendend, “daß man Sie für den Kapuziner Medardus aus dem Kloster in B. hält und daß man eben diesen Medardus schwerer Verbrechen halber angeklagt hat. Sind Sie nicht dieser Mönch, so wird es Ihnen leicht werden, dies darzutun; eben daß jener Medardus ein besonderes Abzeichen am Halse trägt, – welches Sie, sind Ihre Angaben richtig, nicht haben können – gibt Ihnen die beste Gelegenheit dazu. Entblößen Sie Ihren Hals.” – “Es bedarf dessen nicht”, erwiderte ich gefaßt, “ein besonderes Verhängnis scheint mir die treueste Ähnlichkeit mit jenem angeklagten, mir gänzlich unbekannten Mönch Medardus gegeben zu haben, denn selbst ein rotes Kreuzzeichen trage ich an der linken Seite des Halses.” – Es war dem wirklich so, jene Verwundung am Halse, die mir das diamantne Kreuz der Äbtissin zufügte, hatte eine rote, kreuzförmige Narbe hinterlassen, die die Zeit nicht vertilgen konnte. “Entblößen Sie Ihren Hals”, wiederholte der Richter. – Ich tat es, da schrie Cyrillus laut: “Heilige Mutter Gottes, es ist es, es ist das rote Kreuzzeichen! … Medardus … Ach, Bruder Medardus, hast du denn ganz entsagt dem ewigen Heil?” – Weinend und halb ohnmächtig sank er in einen Stuhl. “Was erwidern Sie auf die Behauptung dieses ehrwürdigen Geistlichen?” frug der Richter. In dem Augenblick durchfuhr es mich wie eine Blitzesflamme; alle Verzagtheit, die mich zu übermannen drohte, war von mir gewichen, ach, es war der Widersacher selbst, der mir zuflüsterte: “Was vermögen diese Schwächlinge gegen dich Starken in Sinn und Geist? … Soll Aurelie denn nicht dein werden?” – Ich fuhr heraus beinahe in wildem, höhnendem Trotz: “Dieser Mönch da, der ohnmächtig im Stuhle liegt, ist ein schwachsinniger, blöder Greis, der in toller Einbildung mich für irgendeinen verlaufenen Kapuziner seines Klosters hält, von dem ich vielleicht eine flüchtige Ähnlichkeit trage.” – Der Richter war bis jetzt in ruhiger Fassung geblieben, ohne Blick und Ton zu ändern; zum erstenmal verzog sich nun sein Gesicht zum finstern, durchbohrenden Ernst, er stand auf und blickte mir scharf ins Auge. Ich muß gestehen, selbst das Funkeln seiner Gläser hatte für mich etwas Unerträgliches, Entsetzliches, ich konnte nicht weiterreden; von innerer verzweifelnder Wut grimmig erfaßt, die geballte Faust vor der Stirn, schrie ich laut auf: “Aurelie!” – “Was soll das, was bedeutet der Name?” frug der Richter heftig. – “Ein dunkles Verhängnis opfert mich dem schmachvollen Tode”, sagte ich dumpf, “aber ich bin unschuldig, gewiß … ich bin ganz unschuldig … entlassen Sie mich … haben Sie Mitleiden … ich fühle es, daß Wahnsinn mir durch Nerv und Adern zu toben beginnt … entlassen Sie mich!” – Der Richter, wieder ganz ruhig geworden, diktierte dem Protokollführer vieles, was ich nicht verstand, endlich las er mir eine Verhandlung vor, worin alles, was er gefragt und was ich geantwortet sowie was sich mit Cyrillus zugetragen hatte, verzeichnet war. Ich mußte meinen Namen unterschreiben; dann forderte mich der Richter auf, irgend etwas polnisch und deutsch aufzuzeichnen, ich tat es. Der Richter nahm das deutsche Blatt und gab es dem Pater Cyrillus, der sich unterdessen wieder erholt hatte, mit der Frage in die Hände: “Haben diese Schriftzüge Ähnlichkeit mit der Hand, die Ihr Klosterbruder Medardus schrieb?” – “Es ist ganz genau seine Hand, bis auf die kleinsten Eigentümlichkeiten”, erwiderte Cyrillus und wandte sich wieder zu mir. Er wollte sprechen, ein Blick des Richters wies ihn zur Ruhe. Der Richter sah das von mir geschriebene polnische Blatt sehr aufmerksam durch, dann stand er auf, trat dicht vor mir hin und sagte mit sehr ernstem, entscheidendem Ton:

      “Sie sind kein Pole. Diese Schrift ist durchaus unrichtig, voller grammatischer und orthographischer Fehler. Kein Nationalpole schreibt so, wäre er auch viel weniger wissenschaftlich ausgebildet, als Sie es sind.”

      “Ich bin in Krcziniewo geboren, folglich allerdings ein Pole. Selbst aber in dem Fall, daß ich es nicht wäre, daß geheimnisvolle Umstände mich zwängen, Stand und Namen zu verleugnen, so würde ich deshalb doch nicht der Kapuziner Medardus sein dürfen, der aus dem Kloster in B., wie ich glauben muß, entsprang.”

      “Ach, Bruder Medardus”, fiel Cyrillus ein, “schickte dich unser ehrwürdiger Prior Leonardus nicht im Vertrauen auf deine Treue und Frömmigkeit nach Rom? … Bruder Medardus! um Christus willen, verleugne nicht länger auf gottlose Weise den heiligen Stand, dem du entronnen.”

      “Ich bitte Sie, uns nicht zu unterbrechen”, sagte der Richter und fuhr dann, sich zu mir wendend, fort:

      “Ich muß Ihnen bemerklich machen, wie die unverdächtige Aussage dieses ehrwürdigen Herrn die dringendste Vermutung bewirkt, daß Sie wirklich der Medardus sind, für den man Sie hält. Nicht verhehlen mag ich auch, daß man Ihnen mehrere Personen entgegenstellen wird, die Sie für jenen Mönch unzweifelhaft erkannt haben. Unter diesen Personen befindet sich eine, die Sie, treffen die Vermutungen ein, schwer fürchten müssen. Ja selbst unter Ihren eigenen Sachen hat sich manches gefunden, was den Verdacht wider Sie unterstützt. Endlich werden bald die Nachrichten über Ihre vergebliche Familienumstände eingehen, um die man die Gerichte in Posen ersucht hat… Alles dieses sage ich Ihnen offner, als es mein Amt gebietet, damit Sie sich überzeugen, wie wenig ich auf irgendeinen Kunstgriff rechne, Sie, haben jene Vermutungen Grund, zürn Geständnis der Wahrheit zu bringen. Bereiten Sie sich vor, wie Sie wollen; sind Sie wirklich jener angeklagte Medardus, so glauben Sie, daß der Blick des Richters die tiefste Verhüllung bald durchdringen wird; Sie werden dann auch selbst sehr genau wissen, welcher Verbrechen man Sie anklagt. Sollten Sie dagegen wirklich der Leonard

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