Szenen aus dem Landleben. Оноре де Бальзак
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Als der Bürgermeister in die Küche trat, fand er dort niemanden vor.
»Wo, zum Teufel, sind sie denn hingegangen?« rief er. »Verzeihen Sie mir,« fuhr er, sich an Genestas wendend, fort, »dass ich Sie hier einführe. Der Haupteingang führt durch den Garten, aber ich bin so wenig gewöhnt, Leute zu empfangen, dass... – Jacquotte!«
Bei diesem, beinahe gebieterisch gerufenen Namen antwortete eine Frauenstimme im Hausinnern. Einen Augenblick hernach ging Jacquotte zum Angriff über, indem sie ihrerseits Benassis rief, der prompt in das Esszimmer kam.
»Ja, so sind Sie, Herr,« sagte sie, »so machen Sie's immer. Stets laden Sie Leute zum Essen ein, ohne es mir zu sagen, und glauben dann, alles sei abgemacht, wenn Sie ›Jacquotte‹ gerufen haben. Haben Sie den Herrn da nicht in der Küche empfangen? Musste man nicht den Salon aufmachen und dort Feuer anzünden. Nicolle ist dort und wird alles besorgen. Jetzt führen Sie Ihren Herrn ein bisschen im Garten spazieren; das wird den Mann unterhalten. Wenn er die hübschen Sachen liebt, so zeigen Sie ihm doch den Hagebuchengang des verstorbenen Herrn; ich werde dann Zeit gewinnen, um alles vorzubereiten: das Essen, das Tischdecken und den Salon.«
»Ja. Aber, Jacquotte,« fuhr Benassis fort, »der Herr will hierbleiben. Vergiss nicht, ein Auge in Monsieur Graviers Zimmer zu werfen, die Leintücher und alles nachzusehen, und ...«
»Wollen Sie sich jetzt auch um die Bett-Tücher kümmern?« erwiderte Jacquotte. »Wenn er hier schläft, weiß ich genau, was man für ihn tun muss. Seit zehn Monaten sind Sie nicht ein einziges Mal in Monsieur Graviers Zimmer gegangen. Es gibt dort nichts nachzusehen, es ist rein wie mein Auge... Der Herr wird also hierbleiben,« fügte sie in einem sanfteren Tone hinzu.
»Ja.«
»Wie lange?«
»Meiner Treu, das weiß ich nicht! Aber was macht dir das aus?«
»Ah! Was mir das ausmacht, Herr? Ah! Jawohl, was mir das ausmacht? Das ist wieder so eine Frage! Und die Einkäufe, und alles, und...«
Ohne den Wortschwall zu beendigen, mit dem sie bei jeder anderen Gelegenheit ihren Herrn überschüttet hätte, um ihm seinen Mangel an Vertrauen vorzuwerfen, folgte sie ihm in die Küche. Da sie erriet, dass es sich um einen Pensionär handele, brannte sie darauf, Genestas zu sehen, dem sie eine sehr ehrerbietige Verbeugung machte, wobei sie ihn vom Kopf bis zu den Füßen musterte. Des Militärs Physiognomie hatte damals einen traurigen und träumerischen Ausdruck, der ihm eine düstere Miene gab; das Zwiegespräch der Haushälterin und des Herrn schien ihm letzteren als eine Null zu offenbaren, die ihn, wiewohl mit Bedauern, von der hohen Meinung abkommen ließ, die er gefasst hatte, als er seine Beharrlichkeit, dies kleine Land vor dem Unglück des Kretinismus zu retten, bewunderte.
»Der ist gar nicht nach meinem Gusto, dieser Herr!« sagte Jacquotte bei sich selbst.
»Wenn Sie nicht zu ermüdet sind, mein Herr,« wandte sich der Arzt zu seinem angeblichen Kranken, »so wollen wir vor dem Essen noch einen Gang durch den Garten machen.«
»Gern,« antwortete der Major.
Sie durchquerten das Esszimmer und traten durch eine Art Vorzimmer, das am Fuße der Treppe lag und das Esszimmer von dem Salon trennte, in den Garten. Dieser, durch eine große Glastür geschlossene Raum stieß an die steinerne Freitreppe, einen Schmuck der Fassade nach dem Garten hin. In vier gleich große Vierecke geteilt durch Wege, die von Buchsbaumbüschen, welche ein Kreuz bildeten, eingefasst wurden, ward der Garten durch eine dichte Hagebuchenhecke, die Wonne des vorigen Besitzers, abgeschlossen. Der Soldat setzte sich auf eine wurmstichige Holzbank, ohne weder die Weingeländer, noch die Spaliere, noch die Gemüse zu sehen, denen Jacquotte infolge der Traditionen des geistlichen Feinschmeckers, dem man diesen, Benassis ziemlich gleichgültigen Garten verdankte, große Sorgfalt angedeihen ließ.
Die alltägliche Unterhaltung, die er gepflogen hatte, aufgebend, fragte der Major den Arzt:
»Wie haben Sie es angestellt, mein Herr, in zehn Jahren die Bevölkerung dieses Tales, wo Sie siebenhundert Seelen vorgefunden haben, und die heute nach Ihren Worten mehr als zweitausend zählt, zu verdreifachen?«
»Sie sind der Erste, der diese Frage an mich richtet,« antwortete der Arzt. »Wenn es mein Ziel gewesen ist, den kleinen Erdenwinkel hier zur Blüte zu bringen, so hat mir die Begeisterung meines tätigen Lebens nicht die Muße gelassen, über die Weise nachzudenken, in der ich wie der Bettelmönch eine Art ›Kieselsteinsuppe‹ im Großen zusammengerührt habe. Selbst Monsieur Gravier, einer unserer Wohltäter, dem ich den Dienst habe leisten können, ihn zu heilen, hat nicht an die Theorie gedacht, als er mit mir durch unsere Berge lief, um dort das Ergebnis der Praxis zu sehen.«
Es trat ein Augenblick des Schweigens ein, während dessen Benassis sich seinen Gedanken überließ, ohne auf den scharfen Blick, mit dem sein Gast ihn zu durchdringen suchte, achtzugeben.
»Wie sich das alles gemacht hat, mein lieber Herr?« fuhr er nach einer Weile fort; »doch ganz natürlich und dank dem sozialen Anziehungsgesetz zwischen den Bedürfnissen, die wir uns schaffen, und den Mitteln, sie zu befriedigen. Alles ist da. Völker ohne Bedürfnisse sind arm. Als ich mich in diesem Flecken niederließ, zählte man hier einhundertdreißig Bauernfamilien, und im Tale gegen zweihundert Feuerstellen. Die Obrigkeit des Landes, die der öffentlichen Not entsprach, setzte sich aus einem Bürgermeister, der nicht schreiben konnte, und einem Beigeordneten, einem Pächter, der weit fort von der Gemeinde wohnte, und einem Friedensrichter zusammen, einem armen, von seinem Gehalte lebenden Teufel, der die Personalakten notgedrungen von seinem Kanzlisten führen ließ, einem anderen Unglücklichen, der kaum imstande war, sein Handwerk zu begreifen. Der alte Pfarrer war im siebzigsten Lebensjahre gestorben; sein Vikar, ein ungebildeter Mensch, eben sein Nachfolger geworden. Diese Männer stellten die Intelligenz des Landes dar und beherrschten es. Inmitten dieser schönen Natur verkamen die Einwohner im Schmutz und lebten von Kartoffeln und Milchspeisen. Die Käse, welche die Mehrzahl von ihnen in kleinen Körben nach Grenoble oder in die Umgebung brachten, bildeten die einzigen Produkte, aus welchen sie etwas Geld lösten. Die Reichsten oder am wenigsten Faulen säten Buchweizen für den Verbrauch des Fleckens, manchmal auch Gerste und Hafer, aber keinen Weizen und Roggen. Der einzige Gewerbetreibende der Gegend war der Bürgermeister, der eine Schneidemühle besaß und zu niedrigem Preise Holzschläge kaufte, um sie im Kleinen abzusetzen. In Ermangelung von Wegen transportierte er seine Bäume einzeln in der schönen Jahreszeit, indem er sie mit großer Mühe mittels einer am Halfter seiner Pferde befestigten Kette schleifte, die in einem in den Stamm eingeschlagenen Eisenkrampen endigte.
Um, sei es zu Pferde, sei es zu Fuß, nach Grenoble zu gelangen, musste man einen oben durchs Gebirge führenden breiten Saumpfad benutzen; das Tal war unwegsam. Von hier bis zum ersten Dorfe, das Sie gesehen haben, als Sie in den Bezirk kamen, bildete die hübsche Straße, auf der Sie zweifelsohne