Fiona - Sterben. Zsolt Majsai
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Ich sehe schon wieder meine Hand. Und dieses Mal ist es die andere, ich liege ja auch auf der linken Seite. Schlagartig bin ich hellwach. Der Rollladen ist oben, nur der Vorhang dämpft das Licht. Doch das Zimmer stimmt nicht. Es ist mein Zimmer, das Zimmer, in dem ich aufgewachsen bin. Was zum Teufel ist passiert? Habe ich alles nur geträumt?
Ich setze mich auf und sehe mich um. Dann entdecke ich die Leinenhosen, die Slipper. Jetzt spüre ich auch, dass ich nackt bin. Mit einem Blick nach rechts sehe ich, dass ich allein im Bett bin. Aber geträumt habe ich es nicht, so viel steht fest. Und von irgendwoher höre ich gedämpfte Stimmen.
Ich gehe ins Bad und setze mich aufs Klo, um zu pinkeln. Dabei versuche ich verzweifelt, mich zu erinnern, was geschehen ist. Ich habe meine Mutter angeschrien, ich bin regelrecht ausgerastet. Katharina hat mich festgehalten und dann lagen wir auf dem Boden. Ich kann mich an diesen wahnsinnigen Schmerz erinnern, an meine unmenschlichen Schreie.
Aber was geschah danach?
Langsam machen mir diese ständigen Blackouts Angst. Ist das vielleicht normal, wenn jemand einen solchen Verlust erlebt hat wie ich? Oder ist bei mir einfach alles intensiver, also auch meine Gefühle, weil ich eine Kriegerin bin? Eine Kriegerin mit besonderen Fähigkeiten?
Seufzend erhebe ich mich, betätige die Spülung, wasche mir bewusst nicht die Hände, weil ich dann in den Spiegel blicken müsste, und gehe zurück in mein Zimmer. Im Kleiderschrank finde ich alte Sachen von mir, sauber und gebügelt. Diese Marotte von meiner Mutter, die ich anfangs so schrecklich fand, ist durchaus praktisch. Nicht zum ersten Mal.
Ich ziehe eine hellgraue Schlabberhose und ein dunkles T-Shirt an, dann gehe ich aus dem Zimmer. Die Stimmen werden lauter, sie kommen von unten. Ich stutze. Deutlich höre ich Jack, dann meinen Vater. Wollten sie nicht am Abend erst kommen?
Ich gehe die Treppe nach unten und wende mich nach rechts, wo die Küche und der Eingang zum großen Wohnzimmer liegen. Verteilt auf die Couch und Sessel sitzen Michael, Nilsson, John mit Katharina, eine zweite Gruppe bilden Ben, Jack und mein Vater. Nicholas und meine Mutter sind auf der Terrasse, sie decken den Tisch. Sie decken ihn zum Frühstück.
Was zur Hölle …?
Katharina erblickt mich als Erste. Sie springt auf, kommt zu mir und gibt mir einen Kuss auf den Mund. Ihre Zunge schiebt sich kurz und neckisch zwischen meine Lippen, dann löst sie sich wieder von mir.
„Guten Morgen“, sagt sie lächelnd. „Ausgeschlafen?“
„Guten Morgen?“, wiederhole ich. „Wie lange habe ich denn geschlafen?“
„Einen Nachmittag und die Nacht durch.“
„Ach du Scheiße!“
„Hast du ein Meeting?“
Ich schüttele den Kopf, dann muss ich doch grinsen. Wahrscheinlich etwas schief und gequält, aber immerhin ein Grinsen. Katharina scheint zufrieden zu sein, denn sie zieht mich zu einem Sessel, setzt sich hinein und zwingt mich mit sanfter Gewalt auf ihren Schoß.
Ich begrüße die anderen mit einem Handzeichen. Sie grüßen zurück und mustern mich mehr oder weniger unverhohlen neugierig, betroffen, entsetzt, nachdenklich.
„Möchtest du einen Kaffee?“, erkundigt sich mein Vater.
Ich nicke, und nachdem mein Vater gegangen ist, lehne ich mich zurück. Katharina legt ihre Arme um mich. Es tut gut, ihren Körper zu spüren. Sie trägt fast das Gleiche wie ich, nur das T-Shirt ist heller. Weniger angenehm sind die Blicke der anderen, die ich ebenfalls deutlich spüre. Bis auf Ben sind alle entweder entgeistert oder, zumindest einer, eifersüchtig. Michael wird genau wissen, dass spätestens ab jetzt er nicht mehr an mich herankommen wird. Und ich glaube, Nilsson hat was geahnt. Immerhin wusste er ja, dass Katharina und ich mal was miteinander hatten.
Ich bringe meinen Mund ganz nahe an Katharinas rechtes Ohr heran und flüstere: „Wie geht es meiner Mutter?“
„Eine gute Frage. Als ich mit dir hoch gegangen war gestern, um dich ins Bett zu bringen, und noch eine Weile bei dir lag, bis du eingeschlafen bist, haben deine Eltern sich wohl lange unterhalten. Danach hatte deine Mutter ziemlich verweinte Augen. Aber heute wirkt sie einigermaßen ruhig. Ich denke, sie hat viel nachgedacht.“
„Ich weiß nicht, wie ich mich verhalten soll!“ Ich vergrabe mein Gesicht in den Händen und denke ernsthaft darüber nach, wieder hoch zu gehen und weiterzuschlafen.
„Sie kommt“, sagt Katharina leise.
Ich reiße den Kopf hoch und starre meine Mutter an, die auf uns zukommt. Sie trägt einen leichten Sommeranzug und Sandalen. Außerdem dezentes Make-up, was möglicherweise ihren Augen geschuldet ist.
Sie bleibt vor uns stehen, etwa einen Meter entfernt, und sagt: „Es tut mir leid, Fiona.“
Oh, oh! Sie nennt mich beim Namen, das ist normalerweise kein gutes Zeichen. Aber vielleicht liegt das auch nur an ihrer Anspannung, weil sie genauso unsicher ist wie ich.
Und jetzt?
Ich erinnere mich daran, wie ich sie angeschrien habe. Dass sie sich entschuldigt, muss sie eine unheimliche Überwindung kosten. Und wenn sie das kann, kann ich das auch.
Ich springe auf und nehme sie in die Arme. Nach einem kurzen Moment entspannt sie sich und erwidert die Umarmung mit aller Kraft.
Wir stehen eine ganze Weile da, bis plötzlich mein Vater in meinem Blickfeld auftaucht und eine Kaffeetasse hochhält.
Ich löse mich vorsichtig aus der Umarmung und räuspere mich. Meine Mutter nimmt mein Gesicht zwischen die Hände, sieht mich durchdringend an, dann gibt sie mir einen sanften, sehr mütterlichen Kuss auf den Mund und geht wieder nach draußen.
Scheiße, was war das denn?
„Der Kaffee wird kalt“, sagt mein pragmatischer Vater.
Ich nehme mit einem gemurmelten „Danke“ die Tasse in die Hände und setze mich wieder auf Katharina. Sie lächelt mich an und flüstert: „Danke.“
Kurz darauf kommt Nicholas rein und bittet zu Tisch. Bei der Gelegenheit erhasche ich einen Blick auf eine Standuhr. Kurz vor zehn. Und das an einem Montagmorgen.
Ich sitze zwischen Katharina und Ben. Die schwule Ecke, schießt es mir durch den Kopf. Gegenüber die drei Kriegerkollegen, neben ihnen meine Mutter und mein Vater.
„Gibt es schon einen Termin für die Beerdigung?“, erkundige ich mich.
„Noch nicht, da du nicht auffindbar warst“, erwidert mein Vater. „Ich werde nach dem Frühstück einen Termin organisieren.“
„Ist gut. Ich nehme an, es werden einige Leute kommen.“
„Ja, die Highfooter haben sich bereits angekündigt, auch von unserer Seite viele. Und einige Kollegen.“
„Und wir auch, wenn wir dürfen“, bemerkt Jack.
„Natürlich. Ich würde mich freuen.“
Es wird ein heißer