Fiona - Sterben. Zsolt Majsai
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„Dich kann ich mit Romantik überhaupt nicht in Verbindung bringen“, erwidere ich. „Davon unabhängig kann ich mich dem Vorschlag nur anschließen. Die extreme Kurzfassung: Ich hatte vor knapp zwei Jahren ein unangenehmes Erlebnis mit Aelfric, bei dem er es geschafft hat, mich in der Verborgenen Welt festzusetzen und zwei Klone von mir zu erschaffen, die ihm eigentlich bei der Zerstörung der Verborgenen Welt helfen sollten. Aber er hat sich verschätzt, was meinen rebellischen Geist angeht und meine Klone haben ihn am Ende in eine Zeitfalle sperren können.“
„Und wo sind die Klone jetzt?“
„Sie wurden ausgelöscht, als sie mich befreit haben. Besser so. Eine gelangweilte Hausfrau, die dabei war, in Psychologie zu promovieren, und eine rebellische Vampirlady.“
„Ach du Scheiße“, sagt Katharina.
„Genau. Die entscheidende Frage ist aber: Woher wusste Aelfric, dass der Spiegel hier war?“
„Weil er früher oft unser Gast war“, antwortet Emily. „Er hat uns verraten und dafür wird er büßen.“
„Und diesmal werde ich dich auch nicht davon abhalten. Allerdings müssen wir uns vorher auf Wichtigeres konzentrieren. Die beiden seltsamen Gestalten hier, Sarah und Thomas, wurden von einem Dargk geschickt, um ...“
„Dargk?“, unterbricht mich Emily fassungslos.
„Ja. Kennst du den etwa?“
Sie sieht die Erste Lilith an und wirkt irgendwie sehr bleich. Die Hautfarbe der Ersten Lilith hat sich auch verändert. Was zum Teufel …?
„Der Name ist uns nicht unbekannt“, sagt die Erste Lilith langsam. „Wartet bitte hier.“
Sie erhebt sich, winkt einer der Ratältesten zu und verlässt den Raum. Ich blicke zu Emily, dann zu meinen Gefährten.
„Habt ihr auch das Gefühl, das hier wächst uns über den Kopf?“, erkundige ich mich dann.
„Schon lange“, antwortet Sarah.
„Das beruhigt mich ungemein.“
Wir verbringen die Zeit, bis die beiden Liliths zurückkehren, schweigend. Wenn die anderen genauso ihren Gedanken nachhängen wie ich, dann werden diese sehr düster sein. Meine sind es jedenfalls. Und ich versuche, ein wenig Ordnung in das Chaos in meinem Kopf hineinzubringen. Irgendwie ist grad alles mit allem verbunden. Aelfric, Garoan, Dargk. Und irgendwie hängt da auch dieser kleine Zauberer mit drin. Der Mistkerl. Das Gefühl, ich sitze in einer Falle, wie die Maus, nur ohne Speck, wird immer stärker.
Die Erste Lilith trägt ein schweres, großes, richtig großes Buch und legt es auf den Tisch. Es erinnert mich an das Buch bei Nasnat, als ich mit Katharina das allererste Mal bei ihm war.
„Das Buch der Legenden“, sagt die Erste Lilith stöhnend. „Hier drin sind alle Legenden verzeichnet, die je erzählt wurden. Und hier werden wir Dargk finden. Lasst uns mal schauen ...“
Sie schlägt das Buch auf und gehtetwas durch, was für mich wie ein Stichwortverzeichnis aussieht.
„Da haben wir es ja. Die Großen Kriege. Sie gehören zu den … Drachenchroniken.“
„Oh nein, nicht schon wieder Drachen!“, stöhnt Thomas. Solche emotionalen Reaktionen kenne ich von ihm ja noch gar nicht.
„Klappe halten, zuhören!“, weist ihn seine Schwester prompt zurecht.
„So, die Großen Kriege. Und hier haben wir auch schon Dargk. Er beendete den Großen Krieg, und zwar durch einen Reset. Ich glaube, das war vor dreizehn Jahren, aber davon steht hier nichts. Ja, so muss es gewesen sein. Ach ja, und da haben wir es ja auch schon! Dreizehn Jahre, nachdem Dargk den Großen Krieg beendet hat, erscheint die Zweite Kriegerin, die das Universum vor großer Gefahr beschützen soll.“ Sie blickt hoch und sieht mich an. „Bist du die Zweite Kriegerin?“
„Jawohl, sie ist es!“, ruft Sarah. „Darum hat Dargk uns zu ihr geschickt!“
Ich starre die Erste Lilith mit offenem Mund an. Sie mustert mich kurz, nachdem sie stirnrunzelnd Sarah angesehen hat, dann liest sie weiter im Buch: „Was steht denn hier sonst noch? Alles Blabla, was zu so einer Legende halt dazugehört. Ah, aber das könnte interessant sein. Ein Ort am Ende des Universums, wo der Schlüssel von irgendwelchen Wächtern bewacht wird. Hm, damit kann ich nicht viel anfangen.“
„Der Kernel!“ Schon wieder Sarah. Ob ich ihr den Mund stopfen sollte?
„Bitte was?“, fragt Katharina und klingt auch genervt.
„Dargk hat was von einem Kernel erzählt. Von einem Ort am Ende der Welt.“
„Ort am Ende der Welt? Kernel ist ein Begriff aus der IT und bezeichnet den Kern eines Betriebssystems.“
„Woher weißt du das?“, fragt Sarah und sieht mich provozierend an.
„Weil ich vor vielen Jahren Trainee bei meinem Vater war und ein halbes Jahr in der IT verbracht habe, wo unter anderem das Betriebssystem, das wir heute noch verkaufen, programmiert wurde. Ein kleines Stückchen Code stammt sogar von mir. Zwar nicht im Kernel, sondern vom Grafiktreiber, aber das ist ja egal.“
„Ich habe zwar kein Wort verstanden, aber Dargk hat definitiv Kernel gesagt und meinte damit einen Ort am Ende des Universums.“
Ich seufze und sehe Katharina hilfesuchend an. Sie schüttelt den Kopf. „Wenn wir bedenken, dass unser Universum resettet werden kann, dann ist es gar nicht so abwegig, wenn es einen Kernel gibt.“
„Verräterin“, murmele ich.
„Was denn? Es bringt nichts, den Kopf in den Sand zu stecken.“
„Ja, ganz toll. Und wie willst du da hinkommen?“
„Durch den Turm der Geschichte“, erklärt Sarah.
„Was ist das denn schon wieder?“
Die Erste Lilith hebt den Blick und betrachtet Sarah nachdenklich. „Meinst du eventuell den Ewigen Turm?“
„Ewiger Turm?“
„Ja, dieser verbindet die Welten miteinander, allerdings in der materiellen Welt.“
„Okaaay … Dargk nannte ihn Turm der Geschichte. Allerdings hat er uns auch erzählt, dass der Turm der Geschichte die Zeiten miteinander verbindet, um uns nicht zu überfordern. Von daher gehe ich einfach mal davon aus, dass er den Ewigen Turm meinte. Durch den kommen wir zum Kernel. Möglicherweise müssen wir dann noch ein bisschen mit einem Raumschiff ...“
„Das ist nicht nötig“, unterbricht Emily ihre Ausführungen. „Es gibt einen Weg durch die Verborgene Welt. Ich werde ihn euch zeigen.“
Ich setze mich mit einem Bier und meinen Zigaretten an den Pool, lasse die Füße ins Wasser hängen. Mein neuester Lieblingsplatz. Hier habe ich das riesige Haus im Rücken, vor mir die Wiese und das angrenzende Waldstück.
Zum Nachdenken habe ich genug Stoff. Nach einem unendlich lang scheinenden Tag in Augle waren wir bei Anbruch der Nacht nach Dubai geflogen,