Tod einer Bikerin. Klaus Heimann
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Erich sprach aus, was er über die Ruhrgebiets-Spezialität dachte: »Ein absolut widerliches Zeug. Dass ihr das Sauzeug herunterkriegt!«
»Hast du doch auch«, entrüstete sich Ecki.
»Ihr habt mich verführt!«
»Dieser Anlauf muss es dir wert sein, dass dir der Nächste schmeckt«, philosophierte ich.
»Nee, lass man. Die nächste Schnapsrunde geht auf mich und dann trinke ich lieber einen Jägermeister.«
Ecki schüttelte mit wenig schauspielerischem Talent den Kopf. »Tss, tss, der Nachwuchs. Wozu wird unsere Kneipenkultur verkommen, wenn nur noch so’ne Leute wie du am Tresen aufkreuzen. Armer Pott!«
»Noch drei Pils?«, fragte Guido über Erichs halb leeres und die beiden leeren Biergläser hinweg.
»Bis wir abwinken«, verkürzte ich den Bestellprozess für den restlichen Abend.
»Aber nicht eins:eins«, schärfte ausgerechnet Ecki nach, was übersetzt hieß: Fülle nur Bier nach und bringe nicht jedes Mal einen Kurzen zur frischen Gerstenkaltschale mit. Guido war in diesen Geheimcode eingewiesen.
Der Abend nahm seinen Lauf und wir sprachen über dies und das. Über Eckis derzeitiges Auto, einen alten, rostigen Camaro, der ihm die Haare vom Kopf fraß. Über die neue Einrichtung des Wohnzimmers, die Erich und Möhrchen anschaffen wollten. Bisher bestand sie aus zusammengewürfelten Möbeln der beiden Single-Wohnungen. Ich vermutete, die Geschmäcker der glücklich Vermählten waren sehr verschieden und hatten sich in ihrem gemeinsamen Domizil zu einem fürchterlichen Stilmix zusammengefügt.
Anschließend erzählte ich von meinen Tagen als Frührentner und erntete dafür gehörig Neid. Ich hielt dagegen. Es gab genug Langeweile in meinem Leben. Warum dachten alle, die Stunden füllten sich von alleine, wenn man nicht mehr arbeiten ging? Dinge, mit denen es sich zu beschäftigen lohnte, fielen niemandem in den Schoß.
Die Diskussion darüber mündete unvermeidlich in meiner Frage an Erich – bis dahin waren drei Lagen Schnaps gelaufen: »An was für einem Fall arbeitet ihr denn gerade?«
Erich seufzte. »Frag lieber nicht. Wir stecken fest.«
»Immer noch diese Geschichte in Werden?«
An unserem letzten gemeinsamen Abend hatte Erich davon erzählt. Es hatte lange nichts darüber in der Zeitung gestanden.
»Genau. Wir kriegen den Burschen nicht weichgeknetet. Bald sind wir gezwungen, ihn laufen zu lassen.«
Erich meinte den Lebenspartner der Frau, die ermordet worden war. Die Polizei war von einem Nachbarn, der ein lautes, schussähnliches Geräusch gehört hatte, zum Tatort gerufen worden. Sie hatten den Mann schnarchend im Schlafzimmer vorgefunden, mit beinahe drei Promille Alkohol im Blut. Die Frau hatte nebenan im Wohnzimmer auf dem Sofa gelegen. Ihr Blutalkohol war ebenfalls beträchtlich gewesen. Sie hatte eine Schusswunde auf der Stirn getragen.
»Habt ihr seit unserem letzten Treffen irgendetwas Neues herausgebracht?«, erkundigte Ecki sich.
»Was wisst ihr denn?«
»Dass beide besoffen waren, dass sie von Hartz IV lebten, keine Schmauchspuren an Händen und Kleidung des Mannes – er hat also nicht geschossen –, nichts gestohlen, am Tatort blieben keine Gegenstände zurück, die dem Täter gehören. Auch keine Patronenhülse. Fällt dir noch etwas ein?« Ecki sah mich fragend an.
»Nein. Korrekt wiedergegeben wie ein Notizbuch. Mehr habe ich mir auch nicht gemerkt.«
Erich nahm sein Bierglas in die Hand und starrte in den zusammengesunkenen Schaum. »Wir wissen, dass die Frau ein Motorrad besaß. Eine rote Honda, konnten wir ermitteln. Die ist verschwunden. Auf ihrem Bankkonto gab es keine auffälligen Bewegungen. Volle vier Jahre sind wir zurückgegangen. In ihrem Umfeld nur unauffällige, harmlose Geister. Viele Kontakte besaß sie sowieso nicht.«
Ich schaltete mich ein. »Und auf seinem Konto?«
»Keine größeren Abhebungen oder Einzahlungen. Völlig unverdächtig.«
»Lagen auffällige Mengen Bargeld in der Wohnung herum?«
»Nein. Jedenfalls nicht zu dem Zeitpunkt, als wir sie inspiziert haben.«
»Zwielichtige Gestalten, mit denen der Mann befreundet ist?«
»Das ist allem Anschein nach ein Einzelgänger. Keine Kontakte zu Verwandten, keine echten Freunde. Jedenfalls konnten wir niemanden ausfindig machen, der ihn gut genug kennt, um ihm einen unbescholtenen Leumund auszustellen.«
»Was bietet sich als Motiv an? Diebstahl scheidet wohl aus. Eiversucht etwa? Habt ihr schon in diese Richtung geforscht?«
»Bis jetzt alles Fehlanzeige.«
Ecki nuckelte an seinem Bierglas. »Ihr seid nicht zu beneiden, ihr von der Kripo. Unsereins muss sich die Birne nicht so zermartern. Musst nur entscheiden, wen du einkassierst und wen nicht.«
»Gib’s zu. Wenn es brenzlig wird, hältst du doch möglichst Abstand«, neckte ich Ecki.
Das fand mein Kumpel gar nicht lustig. »Kannst du unmöglich! Wenn die Durchgeknallten aggressiv werden, entstehen immer Situationen, in denen sie deinem Arsch nahekommen. Verstecken is nich.«
Ich merkte, dass mein Kommentar schlecht angekommen war.
»Tschuldigung, Ecki. Das weiß ich natürlich. War ein doofer Spruch.«
»Prost!«
Ecki stieß mit seinem vollen Glas bei mir und Erich an und leerte es in einem Zug. Wir zogen nach. Guido hatte es bemerkt und zapfte bereits wieder Neue.
Meine Neugier war lange nicht gestillt. »Sag, Erich, wie steht es denn mit den Aussagen dieses Lebensgefährten? Du hast gesagt, er gibt wenig von sich?«
»Der gibt bereitwillig zu allem Auskunft, was nicht direkt mit dem Mord zusammenhängt. Zum Tatzeitpunkt, behauptet er, war er zu besoffen, um irgendetwas mitzukriegen.«
Ecki lachte trocken auf. »Ha. Klar, bei drei Promille. Das ist Kampftrinker Meisterklasse!«
Ich ließ nicht locker. »Habt ihr ihn in der Kartei?«
»Arnfried Nußbaum heißt er. Keine Einträge. Nur wegen zu schnellen Fahrens. Mit der Kiste des Opfers. Die Frau hieß Gertrud Fenger.«
Tief in meinem Gedächtnis klingelte etwas, als Erich den Namen des Mannes nannte. Einen kurzen Augenblick horchte ich dem Klingeln nach. Vergeblich. Es wurde leiser und verstummte.
»Wie ist der Täter deiner Meinung nach in die Wohnung gelangt?«, fragte ich stattdessen.
»Du wirst es nicht glauben. Sie haben einen Schlüssel unter der Fußmatte.«
»Da sucht heute wirklich keiner mehr. Das hält niemand mehr für möglich, so einen Leichtsinn«, spottete ich. »Und wie ist der Mörder