Tod einer Bikerin. Klaus Heimann
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Читать онлайн книгу Tod einer Bikerin - Klaus Heimann страница 6
»Verstehe.«
Ecki und Erich hatten den amerikanischen Motorenbau zu Ende besprochen.
»Fährst du mich jetzt heim, Schatz?«
»Ich trinke eben aus.«
Möhrchen kippte die Cola, die sie bislang nicht angerührt hatte, in einem einzigen Zug hinunter. Dann griff sie nach der Hand ihres Mannes.
»Abzug. Tschüss Männer. Hat mich gefreut, dich wiederzusehen, Sigi. Darfst uns gerne mal besuchen. Zuhause oder im Präsidium.«
»Mach ich«, versprach ich leichthin. »Tschüss ihr Zwei.«
Erich zahlte seinen Deckel, umarmte uns Zurückbleibenden zum Abschied und verschwand mit seiner Liebsten ins heimatliche Nest.
»Sollen wir noch einen?«, lockte Ecki.
»Gerne.«
Es blieb nicht bei dem Einen. Wir torkelten als Letzte aus Guidos Laden auf die Straße und hörten, wie er ihn hinter uns abschloss. Arm in Arm maßen wir den Bordstein in Richtung Rüttenscheider Stern aus. Dort verabschiedete sich Ecki von mir.
Auf meinem Heimweg suchte ich in alter Tradition die Stelle auf, an der meine Freundin, die Buche, einst dahingeschieden war. Wehmütig starrte ich auf den Baustellenzaun. Dann suchte ich mir ein verschwiegenes Eckchen im seitlichen Gebüsch und wässerte die tief im Erdreich um sie trauernden Reste ihres Wurzelwerks.
Home, sweet Home
Als ich wenig später zu Hause eintorkelte, weckte ich leider Lotte. Für den fröhlich Heimkehrenden ist das der ungünstigste Fall. In Bezug auf seinen Empfang sind zwei Varianten denkbar. Die für ihn Angenehmere sieht vor, dass sich seine Angetraute zähneknirschend schlafend stellt. Die Schlechtere ist die von diesem Abend …
Lotte lief zur Hochform auf. Dabei hatte ich beim Hereinkommen nur ganz, ganz leise den River-Kwai-Marsch gepfiffen. Okay – ein bedauerlicher Rückfall in längst aberzogen geglaubte Gewohnheiten. Schwerer wog, dass ich unmittelbar nach dem Eintreten über das Leergut stolperte, das für den morgigen Einkauf zum Umtausch bereitstand. Der oberste Kasten vom Stapel hielt dieser Attacke nicht Stand und stürzte polternd zu Boden. Glas splitterte. Aber wegen so einer Lappalie gleich so eine Gardinenpredigt?
Die Schlafzimmertür stand offen. Lottes Nachttischlampe wurde angeknipst.
»Das nächste Mal schlafe ich im Bahnhof neben den Gleisen. Kein ICE macht solchen Krach, wenn er durchrauscht. Nilpferd! Ach was, Nilpferd: Dinosaurier! Und ein Saufkopp obendrein!«
»Es war dunkel im Flur. Ich wollte dich nicht mit Licht wecken.«
Meine gelallte Entschuldigung machte es nicht besser.
»Mit Licht nicht, aha. Aber mit diesem saublöden Gassenhauer! Damit gleich das ganze Haus weiß, dass der Herr vom Alko-Trip zurück ist. Und anschließend ein kräftiger Tusch auf dem Schlagzeug. Du bist ein unverbesserliches Trampeltier, Sigi Siebert.«
»Aber Löttchen …«
»Nix da, Löttchen. Schnauze jetzt. Ich will schlafen. Im Gegensatz zu dir, muss ich meine Brötchen mit Arbeit verdienen. Dass du dich vorsiehst, noch mehr Lärm zu machen. Ich raste aus!«
Es gelang mir nur ganz knapp, einer weiteren Standpauke von Lotte zu entgehen. Eine widerspenstige Tube Zahnpasta legte mir bösartig einen Stein in den Weg. Sie glitt mir aus der Hand und brachte den Zahnbecher zum Umstürzen. Es dröhnte in meinen Ohren, als hebe eine Explosion das Dach des Hauses ab.
Kaum war ich in die Federn geplumpst, löschte Lotte ihre Nachttischlampe. Trotzdem ich hundemüde war und es in meinen Ohren alkoholisch sauste, hielt ich geistesgegenwärtig die Luft an und horchte auf ihre Atemzüge. Erst als sie mir ruhig und ausgeglichen erschienen, wälzte ich mich auf meine Einschlafseite. Wenigstens hatte ich vermieden, meine Göttergattin mit meinem Geschnarche am Einschlafen zu hindern. Sie hätte mir mindestens Staubwischen aufgebrummt!
***
Ich will mich nicht groß beklagen, über die dicke Rübe vom nächsten Tag. Es gibt kein größer Leid, als das, der Mensch sich selbst andeit – behauptete meine Tante Klara immer.
Aber Lotte hätte sich gerne mäßigen dürfen.
»Seit zwei Uhr liege ich wach. Geh mal bei den Nachbarn fragen, ob ihre Möbel noch stehen. Du müsstest sie zwischenzeitlich kurz und klein gesägt haben!« Das waren die Worte, mit denen ich aus meiner traumlosen, friedlichen Dunkelheit gerissen wurde. Ich blinzelte auf meinen Wecker. Fünf Uhr dreißig! Was fiel meinem Weib ein?
»Hast du auf die Uhr geguckt?«
»Ungefähr siebenhundert Mal. Mir reicht’s! Untersteh dich, wieder einzuschlafen! Du kochst mir jetzt einen Kaffee.«
War meine Gattin verrückt geworden? Kaffee? Um diese Zeit?
Ein kleiner Rest Verstand kämpfte sich durch die Dunstglocke um mein Hirn. Diese Quälerei musste mir der Burgfrieden in den eigenen vier Wänden wohl wert sein.
Zeitlupenhaft kämpfte ich mich unter der Bettdecke vor. Nur keine ruckartigen Bewegungen jetzt!
Beim Einfüllen des Kaffeemehls in die Maschine – wir brühen immer noch altmodischen Filterkaffee auf – ging mir ein halbes Lot daneben. Ich wischte es notdürftig mit einem Küchentuch weg. Dabei landeten ein paar Krümel auf dem Boden, die sich bestimmt festtreten würden. Als der Kaffee durchgelaufen war, füllte ich zwei Tassen und ging damit zurück ins Schlafzimmer.
Kerzengerade saß Lotte im Bett. »Zwei Tassen? Nix da. Erst gehst du Scherben kehren im Flur. Meinst du, ich will mir eine eintreten? Ein Wunder, dass dir das gestern Abend nicht passiert ist.«
Zähneknirschend holte ich Besen und Kehrschaufel und machte mich ans Werk.
Erstaunlich, wohin ein so schweres Material wie Glas pulverisiert überall fliegt. Zum Glück waren nur zwei Flaschen beim Aufprall auf den Fliesenboden geplatzt. Die anderen konnte ich unversehrt samt Kasten wieder zuoberst auf den Stapel stellen.
Dem Kehren folgte eine Runde mit dem Staubsauger. Zur Sicherheit. Dabei entdeckte ich eine tiefe Macke mitten auf einer unserer Flurfliesen. Au Backe. Das würde Lottes Zorn ein Krönchen aufsetzen!
Als ich mein Werk zur eigenen Zufriedenheit beendet hatte, wagte ich einen erneuten Vorstoß ins Bett. Ich lehnte mich auf meiner Seite am Kopfteil an. Der Kaffee war mittlerweile lauwarm geworden. Angewidert stürzte ich die Brühe in einem Zug hinunter.
»Ich muss mal.« Lotte schälte sich aus den Federn. Sie war kaum im Flur angelangt, als ihr ein Aufschrei entfuhr. Ich wusste nur zu gut, was das zu bedeuten hatte.
»Meine schönen Fliesen!«
Schon stand meine Ehefrau im Türrahmen, um mich erneut zusammenzufalten. Ich zog die Ohren an den Kopf. Widerworte zwecklos.
Lotte kommandierte mich zum Tischdecken ab. Immerhin frühstückten wir gemeinsam. Bis meine Angetraute zur Arbeit aufbrach, herrschte in unseren vier Wänden Wortlosigkeit. Der knisternde Schnitt in mein auf dem Toaster aufgebackenes Brötchen,