Psych. Anpassungsreaktionen von Kindern und Jugendlichen bei chronischen körperlichen Erkrankungen. Manfred Vogt

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Psych. Anpassungsreaktionen von Kindern und Jugendlichen bei chronischen körperlichen Erkrankungen - Manfred Vogt Störungen systemisch behandeln

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stark verändern: Insbesondere im Schul- und Jugendalter sind v. a. die Beugen befallen und stark zerkratzt. Die Haut wirkt oft verkrustet, gerötet und verdickt. Betroffene schildern einen starken Juckreiz.

      Sekundäre Komplikationen wie Infektionen durch die gestörte Haut-Umwelt-Barriere sind möglich. Auch leiden die Betroffenen häufig unter den kosmetischen Auswirkungen ihrer Erkrankung. Nicht nur ist die Haut sichtbar gerötet, schuppend trocken und zerkratzt, bei Befall der Kopfhaut kann auch Haarausfall auftreten. Überdies haben Betroffene ein erhöhtes Risiko, nach Ausheilen der Dermatitis an einer anderen Erkrankung des atopischen Formenkreises zu erkranken. Eine kurative Therapie für atopische Dermatitis ist nicht verfügbar. Im Fokus der Behandlung stehen u. a. die Identifikation und Vermeidung auslösender Allergene. Hierbei können diätetische Maßnahmen relevant sein. Weiterhin muss die Haut je nach Stadium der Erkrankung gut gepflegt werden. Bei manchen Entzündungen können Steroide zum Einsatz kommen. Begleitend stehen den Patienten und ihren Familien psychoedukative Einheiten, Hilfe beim Umgang mit dem Juckreiz sowie Rehabilitationsmaßnahmen zur Verfügung (Muntau 2007).

       Psychische Folgen

      Von atopischen Erkrankungen betroffene Kinder leiden an durch Krankheitssymptome verursachte Unterbrechungen des nächtlichen Schlafs (Bender, Annett a. Strunk 2004; Chang a. Chiang 2016), was zu Unkonzentriertheit während des Tages führen kann. Überdies stellt Asthma einen Prädiktor für die Entwicklung einer Aufmerksamkeitsdefizit-Störung dar, welche die schulische Performanz zusätzlich negativ beeinflussen kann (Mogensenet al. 2011).

       1.5.4Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen

       Klinisches Krankheitsbild

      Die beiden am häufigsten vorkommenden chronisch oder auch in Schüben verlaufenden entzündlichen Darmerkrankungen sind Morbus Crohn und Colitis ulcerosa.

      In der Pädiatrie betrifft in Mittel- und Nordeuropa Morbus Crohn fünf bis zehn von 100.000 Kindern und Jugendlichen jedes Jahr, die Inzidenz ist insgesamt zunehmend (Sitzmann u. Bartmann 2007). Die Erkrankung kann den gesamten Magen-Darm-Trakt betreffen, am häufigsten ist sie jedoch im distalen Dünndarm bis proximalen Dickdarm angesiedelt. Die Auslöser sind noch unklar, es wird von einem Zusammenspiel einer genetischen Komponente, Umweltfaktoren und Überreaktionen auf vorangegangene Infektionen ausgegangen. Die Symptome umfassen Bauchschmerzen, Fieber, Durchfall, Blutarmut und Gewichtsverlust, bei über 40 % treten vor Diagnose der Erkrankung bereits Veränderungen außerhalb des Magen-Darm-Trakts auf wie Gelenk- und Netzhautentzündungen.

      Colitis ulcerosa wiederum kommt im Kindes- und Jugendalter etwas seltener vor und betrifft meist den unteren Darmtrakt. Häufig erfolgt die Diagnosestellung schneller als beim Morbus Crohn, da Colitis ulcerosa oft mit blutigen Durchfällen einhergeht (Karges u. Wagner 2010).

      Beide Erkrankungen können nur durch eine Kombination verschiedener diagnostischer Maßnahmen nachgewiesen werden. Zu diesen zählen ein Blutbild, eine Sonografie, Endoskopie oder gar ein MRT, um Verdickungen und entzündliche Prozesse in nicht einsehbaren Bereichen des Magen-Darm-Trakts nachzuweisen. Auch eine Biopsie kann gemacht werden, in dieser sind die beiden Erkrankungen oft nur schwer zu unterscheiden (Niessen u. Bachert 2001). Ziel der Behandlung ist es, eine schnelle Remission zu erwirken, Rezidive zu vermeiden und dabei eine gute somatische und psychische Entwicklung zu ermöglichen. Dazu kommen immunsuppressive Medikamente und Glukokortikoide in akuten Schüben zum Einsatz, bei Bedarf werden Symptome von Mangelernährung ausgeglichen (Karges u. Wagner 2010). Operative Eingriffe werden vor allem bei Komplikationen wie Fisteln (nicht natürliche Verbindung zwischen zwei Hohlorganen) und Stenosen (Verengungen) vorgenommen. Im Falle von Colitis ulcerosa kann durch die chirurgische Entfernung des betroffenen Darmabschnitts sogar eine dauerhafte Heilung der Erkrankung erzielt werden (Sitzmann u. Bachmann 2007).

       Psychische Folgen

      Betroffene chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen leiden häufig darunter, dass ihre krankheitsbedingten Symptome wie Durchfall und Blähungen oft peinlich und sozial einschränkend sind. Die Schwere der Erkrankungen korreliert negativ mit allen Dimensionen der subjektiven Lebensqualität: Je ausgeprägter die Erkrankung, desto schlechter beschreiben Patienten ihr allgemeines Wohlbefinden, Emotionalität, soziale Kompetenz und ihr Körperbild (Herzer et al. 2011).

      Kinder mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen verpassen signifikant mehr Schultage als gesunde Gleichaltrige, insbesondere durch Arztbesuche und stationäre Aufenthalte (Assa et al. 2015), sodass ein Teil der Betroffenen sogar das Schuljahr wiederholen muss (Freckmann et al. 2018). Sie zeigen vermehrt depressive Reaktionen mit sozialen Rückzugstendenzen. Im Erwachsenenalter besteht ein größeres Risiko, nicht erwerbstätig zu sein (Marri a. Buchman 2005).

       1.5.5Folgen für die betroffenen Patienten und ihre Familien

      Allen hier vorgestellten Krankheitsbildern ist gemeinsam, dass die persistierenden krankheitsbedingten Anforderungen an das betroffene Kind die Entwicklung nachhaltig beeinflussen. Bei den vorgestellten Krankheitsbildern finden sich einige Gemeinsamkeiten: So ist zum einen die alltägliche Partizipation der Betroffenen eingeschränkt. Sportliche Aktivitäten können bei allen vorgestellten Erkrankungen kontraindiziert sein, sei es aufgrund der Auswirkungen auf den Blutzuckerspiegel, aufgrund von Schmerzen und einer eingeschränkten Grobmotorik bei Arthritis-Patienten oder aufgrund der Provokation von Asthma-Anfällen. Zum anderen leiden Betroffene häufig an internalisierenden Störungen wie Depressionen (Blackman a. Gurka 2007; Grey, Whittemore a. Tamborlane 2002). Depressive Episoden wiederum können die Therapie-Compliance der Betroffenen verschlechtern und somit die Symptome verschlimmern.

      Auch Kinder und Jugendliche mit Arthritis berichten von Einschränkungen und einer verringerten Lebensqualität (Haverman et al. 2012). Bei einem schwereren Krankheitsverlauf werden sie von Gleichaltrigen als weniger beliebt eingeschätzt (Reiter-Purtill et al. 2003). Atopische Erkrankungen führen häufig zu Einschränkungen im Lebensstil, da Allergene vermieden werden müssen. Zudem treten oft Probleme mit Gleichaltrigen auf (Calam, Gregg a. Goodman 2005). Gerade Kinder mit sichtbaren Ekzemen leiden oft unter Hänseleien und Mobbing, was wiederum Depressionen und Schulverweigerung begünstigen kann (Lewis-Jones 2006). Kinder mit Asthma leiden überdies unter einem niedrigeren Selbstkonzept (Padur et al., 2009). Die medizinischen Behandlungszeiten bei chronischen Darmerkrankungen führen zu erhöhten Fehltagen und beeinträchtigen die schulische Entwicklung.

      Die Diagnose einer Diabetes-Erkrankung bedeutet eine massive Veränderung der familiären Abläufe und die Notwendigkeit, sich schnellstmöglich umfangreiche und aktuelle Informationen anzueignen. Etwa 70 % der elterlichen Bezugspersonen leiden in den Wochen nach der Diagnose an mindestens subklinisch ausgeprägten Symptomen einer belastenden Anpassungsreaktion (Landolt et al. 2002). Überdies berichten sie in dieser Phase häufiger von Stress, Depressionen und Ängstlichkeit (Streisand et al. 2008). Auch auf die Geschwisterkinder hat die Diagnose weitreichende Auswirkungen. Ein Großteil der Geschwister gibt mittelmäßig bis stark ausgeprägte Ängstlichkeit, ein geringes Selbstkonzept sowie depressive Symptome an. Überdies müssen sich die Geschwisterkinder mit ambivalenten Emotionen auseinandersetzen. So können dem Bedürfnis, das erkrankte Geschwister zu beschützen, unter Umständen Schuldgefühle, Sorge und Eifersucht auf die zusätzliche Fürsorge der Eltern gegenüberstehen (Hollidge 2001). Mit der Zeit findet jedoch meist eine gute Anpassung an die neue Lebenssituation statt (Jackson, Richer a. Edge 2008).

      Familien mit einem an Arthritis erkrankten Kind müssen

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