SPIEGLEIN politisches Jahrbuch 2020. Thomas Röper

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу SPIEGLEIN politisches Jahrbuch 2020 - Thomas Röper страница 24

Автор:
Серия:
Издательство:
SPIEGLEIN politisches Jahrbuch 2020 - Thomas Röper

Скачать книгу

für Spannungen gesorgt hatten. Das erste Thema war, dass Italiens Innenminister Verständnis für die Gelbwesten geäußert und sich sogar mit ihnen getroffen hatte. Damals gingen noch hunderttausende an jedem Wochenende auf die Straßen, um gegen Macrons Politik zu demonstrieren, und Macron stand unter großem Druck.

      Frankreich zog als Reaktion sogar seinen Botschafter aus Italien ab. Das hatte es seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr gegeben, und es war innerhalb der „westlichen Wertegemeinschaft“ ein einmaliger Vorgang.

      Italien wiederum hatte Probleme mit der EU, die seinerzeit darüber nachdachte, den italienischen Haushalt abzulehnen. Und die EU ihrerseits war sauer, weil Rom ein Veto gegen die Anerkennung von Guaidó als venezolanischen Übergangspräsidenten eingelegt hatte.

      Auch zwischen Frankreich und Deutschland gab es Streit, nachdem Emmanuel Macron und Angela Merkel in Aachen gerade erst die deutsch-französischen Beziehungen auf eine neue Ebene gehoben hatten.

      Es vergingen keine zwei Wochen, und die Süddeutsche Zeitung warf Macron einen „Ehebruch“ vor. Die Zeitung teilte mit, dass Frankreich plane, sich gegen „Nord Stream-2“ zu stellen. Einfach so. Wie ein Blitzschlag aus heiterem Himmel, dabei hatten sich die beiden gerade erst auf gemeinsame Interessen geeinigt.

      Ein offizieller Vertreter des französischen Außenministeriums bestätigte, dass Paris wirklich beschlossen habe, für die Änderungen der EU-Gasrichtlinie zu stimmen, was den Bau von „Nord Stream-2“ erschwert hätte. Das war ein offen anti-deutscher Schritt. Macron, so schien es, „tauschte“ Merkel gegen Trump, ging von der Oma zum Opa.

      Oma wollte Macron eigentlich in München treffen. Dort war auf der jährlichen Internationalen Sicherheitskonferenz ein gemeinsamer Auftritt geplant. Dort hätte die verlassene Merkel Monsieur Macron einige klärende Fragen stellen und über ihre Beziehung sprechen können. Aber Fehlanzeige. Macrons Mitarbeiter sagten, dass das Treffen mit Merkel für ihn keine Priorität habe, angeblich gäbe es Schwierigkeiten mit dem Terminplan, Merkel solle ohne ihn beginnen.

      Merkel machte enormen Druck und konnte die Gasrichtlinie der EU am Ende so abschwächen, dass die Pipeline weiter gebaut werden konnte.

      Doch noch heftiger waren im Februar 2019 die verbalen Schlagabtausche zwischen Brüssel und London wegen dem Brexit. Der damalige Chef der EU-Kommission, Jean-Claude Juncker, erklärte, dass sein Arbeitsplatz in Brüssel aufgrund der Menge an angehäuften Meinungsverschiedenheiten innerhalb der EU zur „Hölle“ geworden sei.

      Donald Tusk fragte laut: „Wie sieht der Platz in der Hölle aus?“, der den Unterstützern des Brexit vorbehalten ist. Diese Worte brachten die britische Presse in Rage, und die Mehrheitsführerin im Parlament und Aktivistin für den Brexit, Andrea Ledsom, verlangte von Tusk eine Entschuldigung. Er weigerte sich. Daraufhin nannte ihn der Sprecher der rechten demokratischen Unionspartei Sammy Wilson einen „Euromaniac“ (Übersetzt etwa „Euro-Irrer“).

      Die Studie stellte ebenfalls fest, dass es eher die Armen sind, die die EU kritisch sehen, während es die Wohlhabenden sind, die sie gut finden. Das lässt tief blicken, denn trotz aller Bemühungen von Politik und Medien, die EU als Hort des Wohlstandes und der sozialen Errungenschaften darzustellen, sehen gerade die Betroffenen das anders. Dabei sind die Menschen gar nicht gegen die europäische Einigung, sie sind gegen die EU in ihrer heutigen Form. Sie ist ein bürokratisches, undemokratisches und intransparentes Zentrum des Lobbyismus geworden, was sich einfach nicht mehr verdecken lässt.

      Diejenigen, denen es wirtschaftlich noch gut geht, finden das nicht weiter schlimm, diejenigen, denen es immer schlechter geht oder die schon von Armut bedroht sind, werden immer skeptischer. Was nützt all die Propaganda in den Medien, wie gut es uns doch geht, wenn viele Menschen merken, dass es ihnen immer schlechter geht?

      Das gilt nicht nur für Deutschland. Der Brexit war eine Folge der Entwicklungen in Brüssel. In Italien haben Euroskeptiker die Wahlen gewonnen und stellten die Regierung, bevor sie später zerbrach. Und in Frankreich richtete sich der Protest der Gelbwesten nicht nur gegen Macron, sondern generell gegen die in der EU herrschende Politik, den großen Konzernen die Steuern zu senken und die Rechnung in Form von Steuer- und Abgabenerhöhungen den „kleinen Leuten“ aufzudrücken. Das sind nur Beispiele, in vielen anderen Ländern ist die Stimmung ähnlich.

      Vor diesem Hintergrund wurde die Europawahl tatsächlich mit Spannung erwartet. Ein Glück für die „Herrscher“ der Brüsseler Bürokratie, dass das Europaparlament kaum Rechte hat. Wer heute in Geschichtsbüchern liest, dass Deutschland unter dem Kaiser eine Diktatur war, der sollte bedenken, dass der damalige Reichstag mehr Rechte hatte als das EU-Parlament heute. Deutschland unter dem Kaiser war keine Demokratie, nur ist die EU eben noch undemokratischer, als es das deutsche Kaiserreich war. Das sollte jeden nachdenklich machen, der sich für Demokratie einsetzt.

      Gleichzeitig wird von Politik und Medien propagiert, dass immer mehr Rechte von den Mitgliedsstaaten an Brüssel abgegeben werden sollen. Immer mehr demokratische Rechte der gewählten nationalen Parlamente sollen an nicht gewählte Bürokraten abgegeben werden. Wo bleibt da die vielgepriesene Demokratie?

      Vor diesem Hintergrund war der Artikel von Soros interessant, denn er forderte im Februar genau das, was die EU bei den Menschen unbeliebt gemacht hat: eine weitere Zentralisierung und Abgabe von Rechten an Brüssel. Logisch, denn Soros ist auch nur ein Lobbyist, und seine Interessen kann er im intransparenten Brüssel weit besser durchsetzen als in Ländern, wo Parlamente noch die Macht haben und Abgeordnete sich um ihre Wiederwahl Sorgen machen müssen. Die Brüsseler Beamten hingegen haben diese Sorgen nicht.

      Soros, der berühmte Finanzier und Spekulant, Milliardär und Autor des Buches „Die Tragödie der Europäischen Union“ prognostizierte den Zusammenbruch der EU nach dem Beispiel des Zusammenbruches der UdSSR.

      Soros warnte in seinem Artikel davor, dass die politischen Entscheidungen, die in den Regierungskreisen des geeinten Europas getroffen werden, bereits jetzt denen ähneln, die im Politbüro getroffen wurden, als es auf die Zukunft der Sowjetunion schon keinen Einfluss mehr hatte.

      George Soros, ein konsequenter Verfechter der Globalisierung, versuchte die Europäer davon zu überzeugen, dass sie sowohl in der Außen- als auch in der Innenpolitik auf den Kurs der Zentralisierung zurückkehren sollten.

      Das persönliche Interesse des Finanziers ist verständlich. Marktkapitalisierung und Vorhersehbarkeit wirtschaftlicher Prozesse leiden, wenn es unmöglich wird, die gesamte globale europäische Infrastruktur zu kontrollieren.

      Soros beunruhigten die im Mai anstehenden Wahlen zum Europäischen Parlament. Er warnte vor einer anti-europäischen Desintegration.

      Ihn betrübte die Tatsache, dass die Zentralmacht in der EU nicht über ausreichend Instrumente verfügt, um politische Prozesse in einzelnen Ländern zu kontrollieren. Gleichzeitig werden gegen einige EU-Staaten Maßnahmen eingeführt, die der Bevölkerung nicht gefallen und die die antieuropäische Welle weiter wachsen lassen.

      Als Beispiel führte Soros Italien an. Das Dublin-Abkommen, das Rom verpflichtet, die Hauptlast der Kosten für die Aufnahme illegaler Migranten zu tragen, hat einen Sturm der Proteste ausgelöst und dazu geführt, dass die Regierungsmacht im Land in die Hände der Vertreter der „Liga Norden“ und der „Fünf-Sterne-Bewegung “ übergegangen ist.

      Und

Скачать книгу