Tochter der Inquisition. Peter Orontes

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Tochter der Inquisition - Peter Orontes

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      Der rechte Ärmel ihres Surkots war voller Honig gewesen. Ungezählte Ameisen hatten sich daran gütlich getan.

      Klara – Gundel Schreyer …?

      Obwohl ihr die Idee abstrus erschien, fühlte Christine eine seltsame Erregung in sich wachsen.

      Sie würde Falk über ihre Vermutung in Kenntnis setzen und dann …

      … nein!

      Falk würde erst übermorgen nach Steyr zurückkehren. So lange würde sie nicht warten.

      Sie würde es so schnell wie möglich herauszubringen suchen.

      Am besten schon morgen.

      Kapitel 10

      Samstag, 08. August 1388

      »Ihr reitet etwa eine halbe Stunde flussaufwärts durch den Wald, in Richtung Ternberg. Irgendwann kommt Ihr an einer Buche vorbei, in deren Stamm ein breiter Spalt klafft. Dort biegt Ihr rechterhand auf einen Pfad ein, der Euch auf die andere Seite des Waldes bringt. An seinem Rand liegt das Anwesen des Zeitlers, etwa hundert Fuß vom Fluss entfernt.«

      Mit der einen Hand versuchte Christine, einen Mückenschwarm zu verscheuchen, mit der anderen kraulte sie dem Rappen, der sie ihrem Ziel entgegentrug, die Mähne. Der Ortsbeschreibung folgend, die Irmingard, die Obermagd, ihr gegeben hatte, war sie soeben auf den schmalen Pfad, der von der Straße abzweigte, in den Wald eingebogen. Nach einer Weile lichtete sich die grüne Dämmernis, und Christine blickte durch die Bäume hindurch auf einen breiten Wiesengürtel, der sanft zur Enns hin abfiel. Hell glitzerte der Flusslauf im Sonnenlicht.

      Langsam ritt Christine weiter. Plötzlich hielt sie den Rappen an, denn nun erblickte sie auch das Anwesen Gundel Schreyers. Eine Gruppe hochgewachsener Hasel­sträucher am Waldrand hatte es ihrem Blick bis jetzt entzogen. Inmitten der Wiese, innerhalb eines geräumigen, von einem Lattenzaun eingefriedeten Platzes, erhob sich eine niedrige, teils aus Stein, teils aus Holz errichtete und mit Holzschindeln gedeckte Kate, an die sich ein fensterloser Schuppen anschloss, während sich in Richtung des Flusses eine Reihe kastenähnlicher Gebilde erstreckte – Bienenstände. Gemessen an deren Anzahl, musste Gundel Schreyer über eine beachtliche Menge Flugvieh verfügen.

      »Komm, Brauner, lass uns weitergehen«, murmelte Christine und klopfte dem Pferd aufmunternd den Hals. Sie trat aus dem Schatten des Waldes auf die von Sonnenlicht erfüllte Wiese hinaus und umrundete das eingefriedete Anwesen auf der Suche nach dem Eingang. Ein windschiefes Gatter, das einen Spalt weit offen stand, verriet ihn schließlich. Er befand sich auf der dem Fluss zugewandten Seite.

      Christine stieg aus dem Sattel und zwängte sich, den Rappen am Zügel führend, durch die schmale Öffnung, die das Gatter freigab.

      Da sah sie ihn.

      Der Zeitler befand sich ziemlich weit hinten auf dem Grundstück, hatte ihr den Rücken zugewandt und machte sich offensichtlich an einem der vielen Bienenstöcke zu schaffen, die sich in großer Menge am Zaun entlangreihten. Es waren sogenannte Rutenstülper, aus Zweigen geflochtene Körbe, die mit Lehm und Mist abgedeckt waren und eine ideale Behausung für die kleinen, Honig sammelnden Summer bildeten.

      »Gott zum Gruß, Gundel Schreyer!«, rief Christine schon von Weitem.

      Der Zeitler fuhr erschrocken herum.

      »Wer seid Ihr; was sucht Ihr hier?«, fragte er misstrauisch, als Christine herangekommen war.

      »Ich bin Christine von Falkenstein«, stellte sie sich vor und setzte ihr bezauberndstes Lächeln auf. »Ich will Honig von Euch kaufen. Ihr sollt den besten weit und breit haben, wie man mir gesagt hat«, fuhr sie fort.

      »So?«, brummte Gundel Schreyer gleich ein wenig freundlicher. Dennoch hatte Christine das Gefühl, einen unangenehmen Zeitgenossen vor sich zu haben. Der Blick, den der Mann ihr aus einem brauenlosen Augenpaar zusandte, war stechend und irgendwie unheimlich. Der Kopf war schmal, verfügte über eine platte Nase und einen Mund, der nur aus einem Strich zu bestehen schien. Die Ohren waren klein und standen ab. Nicht ein einziges Haar konnte Christine auf dem glatten, schweißnassen Haupt ausmachen. Das Gesicht war bartlos und mit roten Flecken übersät, die Figur des Mannes groß, aber extrem dünn. Besonders auffällig waren die Gliedmaßen: Arme und Beine unendlich lang und spindeldürr, ebenso die Finger.

      Christine fühlte sich an eine Spinne erinnert und erschauerte trotz der Hitze.

      »Wie viel wollt Ihr denn kaufen?«, fragte Gundel und wischte sich die dünnen Finger an seinem speckigen Wams ab.

      »Nun, einen oder zwei Töpfe«, gab Christine zur Antwort.

      »Kommt mit!«, sagte der Zeitler kurz angebunden und steuerte mit weit ausgreifenden Schritten auf seine Kate zu. Die Tür, die in die Behausung führte, war nur angelehnt; knarrend öffnete sie sich, als Gundel Schreyer Schultern und Kopf einzog und durch den für seine Größe viel zu niedrigen Eingang trat.

      Christine folgte ihm ­und erblickte einen Raum, der sich in nichts von den meisten Behausungen seiner Art unterschied. Die Mitte nahm eine gemauerte Herdstelle ein, über der ein Rauchfang für den Abzug des Qualms sorgte. In ihm hingen einige Würste und eine Speckseite, die zum Räuchern bestimmt waren. Ein Fenster verlieh dem Raum einigermaßen Helligkeit; darunter lehnte ein Holzrahmen an der Wand, der mit dünn geschabter Schafshaut bespannt war; wurde es kühl, konnte man ihn in die Fensteröffnung einhängen, um die Holzläden dabei zu unterstützen, Regen, Wind und Kälte abzuhalten. Letztere befanden sich wie üblich auf der Außenseite der Hütte. Die kärgliche Einrichtung wurde von einem Tisch, zwei Schemeln sowie von einem Regal, das die gesamte Breite einer fensterlosen Wand einnahm, und einer davor befindlichen, mit einem Strohsack ausgestatteten Bettstatt gebildet; auf ihr lag, ordentlich zusammengefaltet, eine grobe Wolldecke.

      Gundel Schreyer ging zum Regal hinüber und entnahm ihm zwei mit gewachstem Tuch verschlossene Töpfe, die er Christine überreichte.

      »Hier, Euer Honig. Ihr könnt übrigens von Glück sagen, dass Ihr mich angetroffen habt. Ich muss nach Ternberg. Eigentlich hätte ich schon längst weg sein müssen.«

      »Tja, da habe ich wohl in der Tat Glück gehabt«, entgegnete Christine lächelnd. »Was bekommt Ihr für den Honig?«

      »Sagen wir zwölf Pfennige?«

      »Zwölf Pfennige? Ein stolzer Preis.«

      »Ihr sagtet doch selbst: Mein Honig ist der beste. Was besonders gut ist, hat seinen Preis.«

      »Da habt Ihr allerdings recht.«

      Christine kramte in ihrer Gürteltasche und zählte dem Zeitler zwölf Münzen auf den Tisch. Indessen überlegte sie fieberhaft, wie sie das Gespräch auf Klara bringen konnte.

      »Woher wisst Ihr das mit dem Honig überhaupt? Ich meine, dass es bei mir den besten weit und breit gibt«, fragte Gundel, während er die Münzen einschob.

      Es war die Gelegenheit.

      »Ich bin zu Gast im Hause Ternberg. Dort schätzt man Euren Honig sehr, wie mir die Obermagd versichert hat«, log Christine prompt drauflos. »Die verstorbene … oder sagen wir besser … die ermordete Klara von Ternberg mochte ihn besonders.«

      Gundel Schreyer stand wie vom Schlag

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