Alles Geld der Welt. Gerhard Loibelsberger
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»Ich wünsch dir einen wunderschönen guten Morgen!«
Ernst Xaver Huber begrüßte Strauch mit exzellent guter Laune, so wie es sich an einem sonnigen Wintervormittag gebührte. Huber und Heinrich von Strauch kannten einander seit einer kleinen Ewigkeit. Acht lange Jahre hatten sie gemeinsam im Akademischen Gymnasium die Schulbank gedrückt. Danach hatten beide ein Studium der Jurisprudenz begonnen, das Strauch jedoch nicht abschloss. Sehr bald interessierten ihn die Geschäfte der väterlichen Bank mehr als das Jusstudium. Also brach er es ab und absolvierte eine Banklehre. Da er sich bei Geldgeschäften erstaunlich geschickt anstellte, überantwortete Antonius von Strauch seinem Filius sukzessive ein immer größeres Pouvoir. Schließlich verlieh er ihm die Prokura und erlaubte ihm, selbst eine Bank zu gründen. Und hier kam Ernst Xaver Huber, genauer gesagt Dr. jur. Huber, ins Spiel. Er war in alle geschäftlichen Aktivitäten und Geldgeschäfte der H. Strauch Bankgesellschaft und später dann auch der H. Strauch & Cie Baugesellschaft sowie der zahlreichen weiteren Unternehmensgründungen involviert. Huber war, wie Wohlmeinende sagten, die rechte Hand Heinrich von Strauchs. Weniger Wohlmeinende nannten ihn schlicht und einfach Strauchs G’schaftlhuber.
Heinrich von Strauch war zufrieden. Die Entwürfe des jungen Architekten gefielen ihm und so sagte:
»Ernstl, lass ihm hundert Gulden für den Entwurf auszahlen. Seine Idee konveniert mir sehr. Ich bedanke mich und wünsche einen schönen Tag.«
Er machte eine dezente Verbeugung in Richtung Leo Hornegg und verließ das Zimmer. Huber bat den jungen Architekten, ihm in den Nebenraum zu folgen. Dort sagte er zu dem Kontoristen, der sich an einem Stehpult befand und schrieb:
»Gehen S’, Navratil, holen S’ hundert Gulden aus der Kassa. Der Herr von Strauch hat verfügt, dass wir unserem genialen Architekten einen Vorschuss gewähren. Meine Herren, das können Sie auch ohne mich erledigen, ich hab’ noch zu tun. Ich empfehle mich.«
Navratil legte den Federkiel zur Seite, löschte mit einer Prise Sand das gerade Geschriebene ab und ging zu einem wuchtigen Tresor, den er mit einem Schlüssel öffnete. Navratil holte zehn Scheine aus dem Tresor, verschloss ihn, ging zu seinem Schreibpult, öffnete ein Buch und schrieb leise vor sich hin murmelnd:
»Dem Herrn Architekten Hornegg hundert Gulden ausgezahlt. Wien am 17. Januar 1873. So! Wenn Sie mir hier bitte die Übergabe quittieren.«
Er reichte Hornegg den Federkiel, und der kritzelte seine Paraphe in das Buch. Navratil nahm den Federkiel zurück, legte ihn mit Bedacht auf das Pult und begann, die Scheine nachzuzählen. Einen Zehnguldenschein ließ er danach in der Seitentasche seines Gilets verschwinden. Den Rest drückte er Hornegg in die Hand, der verlegen stammelte:
»Aber das … das sind … sind ja nur neunzig Gulden. Der Herr von Strauch hat mir …«
»Psst!«, zischte Navratil. »Keinen Ton möchte ich mehr hören. Sonst gibt’s keinen weiteren Auftrag.«
»Aber …«
»Kein Wenn und kein Aber, mein lieber Hornegg. Ich war es, der Ihnen die Rutschen zum Herrn Doktor Huber gelegt hat. Und ich bin es, der dafür Provision kassiert. Also, bis bald, Herr Architekt!«
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Heinrich von Strauch, der gerade das Bureau verließ, hatte Horneggs verdattertes Gesicht gesehen. Er packte den jungen Architekten am Unterarm und stieg mit ihm die Treppen hinunter.
»Das, was der Navratil gesagt hat, dürfen S’ ruhig für bare Münze nehmen, mein lieber Hornegg. Wir werden uns bald, sehr bald wiedersehen.«
»Aber …«
»Kein Aber, mein Lieber. Wissen Sie, was ich jetzt mache?«
»Nein, Herr Baron.«
»Ich kümmere mich um mein neuestes Projekt als Entrepreneur.«
»Sehr interessant, Herr Baron.«
»Das können Sie mit Fug und Recht sagen. Denn die von mir gegründete Niederösterreichische Wohnbaugesellschaft, deren Aktien ich zurzeit gerade an der Börse lanciere, wird Sie mit Arbeit eindecken.«
»Und? Wird sie auch bauen?«
Die beiden waren mittlerweile auf der Gasse angekommen. Es handelte sich um die Goldschmiedgasse, die vor zum Stock-im-Eisen-Platz führte. Strauch machte eine ausholende Geste in Richtung der gewaltigen Baustelle vor ihnen.
»Schaun Sie sich um! Das Gasslwerk hier, die Brandstatt und der Magaretenhof sind Geschichte. Hier im Herzen Wiens sprengen wir die verwinkelte Enge der alten Stadt und errichten neue moderne Häuser für neue moderne Menschen.«
»Was? Die Niederösterreichische Wohnbaugesellschaft baut hier in Wien?«
Strauch lachte, klopfte dem Architekten auf die Schulter, lüftete seinen Hut zum Gruß und sagte im Davoneilen:
»Aber nicht doch. Das ist pars pro toto eines der Projekte, an denen ich beteiligt bin. Und es gibt unzählige weitere. Wir alle bauen und bauen und bauen. Sie haben gar keine Vorstellung, mein Lieber, was wir alles bauen.«
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Sodom und Gomorrha, wohin das Auge blickte. Was bildete sich dieser junge Tutter eigentlich ein? Nimmt sich einfach, was immer sich ihm anbietet. Unverschämtheit so was! Diese Gier, diese unvorstellbare Gier, die diesen Menschen antrieb, war abstoßend. Aber offensichtlich nicht für die Weiber. Die witterten diese Gier und wurden ganz weich. Bozwach10, wie man so sagte. Als ob die Gier ein Aphrodisiakum wäre. Na ja, wahrscheinlich war sie tatsächlich eines. Als er selbst jünger war, war er auch gierig hinter den Weiberröcken her gewesen. Kaum eine hatte ihm auf die Dauer widerstehen können. Waren das Zeiten! Damals, als der alte Herr Baron hier in sein Palais eingezogen war und er seinem Dienstgeber zu verstehen gegeben hatte, dass man für so ein großes Haus eine große Schar Dienstboten benötigte. Das hatte dem alten Freiherrn von Strauch gar nicht geschmeckt. Denn Dienstboten kosteten Geld. Und Geld wurde gespart, nicht ausgegeben. Allerdings hatte er seinem Dienstherrn klargemacht, dass man in einem Palais nicht wie ein Kleinhäusler residieren konnte. Wer ein Palais hatte, hatte auch Dienstboten. Dieses Argument leuchtete Antonius von Strauch ein, und so hatte er ihm den Auftrag gegeben, Dienstboten anzuwerben. Wie hatte er diesen Auftrag genossen! Von einer Dienstbotenvermittlerin hatte er sich ein junges Mädel nach dem anderen schicken lassen. Die schiachn11 Mädeln wurden immer gleich weggeschickt, nur die feschen durften zur Probe bleiben. Die Probe bestand darin, dass sie das Stiegenhaus aufwaschen, die Räume fegen, die Wäsche waschen und bügeln sowie in der Küche mit anpacken mussten. Wenn sie all das zu seiner Zufriedenheit verrichtet hatten, mussten sie dann auch noch herhalten. Joi, war das schön gewesen. In die jungen Hintern kneifen, die strammen Tutteln drücken und die Mädeln in einem stillen Winkel des riesigen Hauses