Alles Geld der Welt. Gerhard Loibelsberger

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Alles Geld der Welt - Gerhard Loibelsberger

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      »Ich hab’ davon läuten gehört. Die Frage ist, was unterscheidet diese Baugesellschaft von den unzähligen anderen, die im Laufe des letzten Jahres gegründet wurden?«

      Die Suppe wurde serviert, und Heinrich von Strauch ließ sich mit seiner Antwort Zeit. Er löffelte seine Frittaten, lobte den kräftigen Geschmack der Rindsuppe und wartete, bis Szeps seine Bouillon ausgelöffelt hatte. Boschan war als Erster fertig. Er legte den Löffel zur Seite und sagte in beiläufigem Tonfall:

      »Nun, die Niederösterreichische Wohnbaugesellschaft unterscheidet sich in einem wesentlichen Punkt von anderen Neugründungen: Sie besitzt Grundstücke. Baugrundstücke.«

      »Und wo?«

      »Ich bin beeindruckt. Das ist ja einmal eine Baugesellschaft, die über einige reelle Werte verfügt. Und wer ist der Präsident des Verwaltungsrats?«

      Nun schaltete sich Heinrich von Strauch in das Gespräch ein:

      »Mein Freund Gustav.«

      »Und warum nicht Sie?«

      »Nun, ich steh’ eh schon zu sehr im Rampenlicht. Ich möcht’ mich nicht noch mehr exponieren.«

      Der Tafelspitz, die Forelle und das Beefsteak wurden serviert. Die Herren aßen schweigend und mit Appetit. Danach orderte Heinrich von Strauch drei Stamperln Becherovka. Nachdem Szeps einen kräftigen Schluck davon gemacht hatte, fragte er:

      »Wozu erzählen Sie mir das eigentlich?«

      »Na, weil wir in Ihrem Blatt werben wollen.«

      »Da müssen S’ mit den für die Reklameannahme zuständigen Personen sprechen.«

      »Kommt doch gar nicht infrage. Ich red’ mit Ihnen, Sie machen mir einen anständigen Preis. Und alles Weitere geht mich nichts an.«

      »Und was verstehen Sie unter einem anständigen Preis?«

      »Einen günstigen. Was denn sonst?«

      *

      »Und? Hast du heut’ endlich den Baron Strauch gefragt?«

      Alois, der nach einem langen Arbeitstag müde und hungrig heimgekommen war, schlüpfte in die Hausschuhe und schwieg bockig.

      »Wann wirst du ihn endlich fragen?«

      Nun schüttelte Alois den Kopf, zog die Schultern ein und schlurfte ins Esszimmer zum gedeckten Tisch. Er setzte sich, seine beiden älteren Töchter kamen und schmiegten sich an den Vater. Er streichelte zärtlich über ihre Köpfe und bemerkte mit Bedauern, dass es heute schon wieder Graupensuppe gab. Seine Frau goss ihm zwei Schöpfer in den Teller und zischte:

      »Wenn du nicht Manns genug bist, ihn zu fragen, dann werde ich es tun. Mir reicht es allmählich. Meine Schwester und ihr Herr Gemahl sind inzwischen Millionäre geworden. Und warum? Weil sie schon vor drei Jahren ihr Geld an der Börse angelegt haben.«

      Alois löffelte hungrig die Suppe. Nachdem er den Teller geleert und somit den ersten Hunger gestillt hatte, lehnte er sich mit einem Seufzer zurück und sagte:

      »Gar nix wirst du tun. Und wennst wirklich was tust, wird’s nix fruchten.«

      »Und warum nicht?«

      »Weil ich den Herrn Baron heute neuerlich gefragt hab’.«

      »Und was hat er geantwortet?«

      »Zuerst hat er getan, als ob er meine Frage überhört hätte. Als ich dann die Rasur beendet hatte, hab ich ihn noch einmal g’fragt.«

      »Ja und?«

      »Nix und. Er hat bezahlt, mir einen Batzen Trinkgeld gegeben und sich verabschiedet.«

      »Und er hat wirklich gar nix g’sagt?«

      »Im Hinausgehen hat er schon was g’sagt, aber das wird dir net g’fallen.«

      »Und was war das?«

      »Dass ich die Finger von Börsenpapieren lassen soll.«

      *

      Der, den seine Mutter jahrelang Rotzpip’n genannt hatte, wälzte sich im Bett hin und her, gejagt von Ängsten zu versagen und verzehrt von Hass. Ein Hass, der seit vielen Jahren in ihm brodelte. Und manchmal, wenn er nicht einschlafen konnte, überkam es ihn mit aller Macht. Wie eine riesige Welle, die ihn erfasste und auf und davon trug. Er schwamm dann in einem Meer aus Gewalt, in dem geköpft, gemordet, verstümmelt und gehängt wurde. So wie damals, als er es als dreizehnjähriger Gymnasiast nicht mehr daheim aushielt, sondern hinausstürmte und sich unter die aufgebrachte Menschenmasse mengte. In diesem Meer von Zorn und Erregung, von blinder Wut und rasender Empörung schwamm er dahin und landete vor dem Kriegsministerium am Platz Am Hof. Hier tobte die Menge ganz besonders, hier wallte der Hass. Und plötzlich, als der Befehl an die vor dem Kriegsministerium aufgestellten Kanoniere erfolgte, ihre Kanonen in die Menge abzufeuern, gab es kein Halten mehr. Kartätschensplitter pfiffen ihm um die Ohren, aber das war ihm vollkommen gleichgültig. Gemeinsam mit Hunderten anderen wurden die Kanonenstellungen überrannt, und dann ging es hinein ins Kriegsministerium. Durchs Stiegenhaus rannten sie hinauf, durch Gänge und Säle. Weiter, immer weiter. Was ihnen im Weg stand, wurde zerschlagen, Soldaten worden niedergeprügelt. Hinauf in den vierten Stock. Und plötzlich wüstes Triumphgeschrei.

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