Nicolae: An der Quelle - Band 7. Aurelia L. Porter

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Nicolae: An der Quelle - Band 7 - Aurelia L. Porter страница 5

Nicolae: An der Quelle - Band 7 - Aurelia L. Porter Nicolae-Saga

Скачать книгу

Hauses gewesen sei und um die Natur der Familie wisse. Was soll das denn heißen?

      Dann wird es immer verworrener. Zwei Absätze weiter verdächtigt Judith plötzlich ihren Ehemann. Wessen, begreife ich allerdings nicht. Des Verrats! Verrat an wem? An der Familie? An ihr? Und wieso? Worum geht es da eigentlich?

      Ich glaube, ich war zu müde, um dem folgen zu können. Ich werde die Passagen nachher noch einmal lesen.

      Mein ewig knurrender Magen holt mich in die Gegenwart zurück. Es ist heiß heute. Ich habe es mir unter dem grünen Dach der Linde gemütlich gemacht, wozu ich erst einmal mit einer kleinen Sichel, die ich im Schuppen fand, den Urwuchs bekämpfen musste. Scharf ist sie natürlich nicht mehr, darum konnte ich mein Plätzchen damit nur plattklopfen.

      Vorhin war ich einkaufen und habe mich mit einer Schachtel Pall Mall Blue, einem Schokoriegel – Cadbury’s Dairy Milk für die Extraportion Milch! – und einer Tüte Lakritz ausgestattet. Obendrein eine Packung Kaugummi. Das muss eine Weile vorhalten.

       Am Nachmittag

      Ich bin unter der Linde eingeschlafen. Kein Wunder, viel Schlaf habe ich in diesem Land bisher nicht bekommen.

      Gleich werde ich auf die Promenade gehen und mir in einem dieser überteuerten Hotels ein Abendessen gönnen. Irgendwann muss ich ja mal etwas Vernünftiges zwischen die Zähne bekommen, sonst falle ich noch ganz vom Fleisch, wie Mutti sagen würde. Nur Süßigkeiten und Zigaretten sind auf Dauer auch keine Lösung – obwohl Zucker ja zaubern soll!

       Spät am Abend

      Ich wünschte, meine mir unbekannte Tante wäre schon da! Gleich, wie steif ihre Oberlippe auch sein mag, und selbst wenn sie mir das Kaugummikauen und Rauchen verbieten sollte, ich nähme alles in Kauf, um nicht länger alleine zu sein.

      Nein, mir ist kein Tommy über den Weg gelaufen, der mir auf den Leib gerückt wäre – leider nicht! Aber vielleicht ein Geist.

      Ich habe unten am Strand gesessen, in einer kleinen Bucht abseits des öffentlichen Badebetriebes. Es war sehr schön dort. Von einem Felsen, der halb ins Wasser ragt, sah ich zu, wie die letzten Sonnenstrahlen im Meer versanken – echt romantisch! Sie tauchten die Kreidefelsen von Dover, die man von dort sehen kann, in ein rosa Licht. Meine Freundin Gisela wäre ausgeflippt vor Begeisterung. Sie hat’s nämlich mit der Malerei und ein Faible für kitschige Postkartenmotive. Ich darf nicht vergessen, ihr eine zu schicken. Jedenfalls wurde das Rauschen der Brandung allmählich leiser. Der Wind hatte nachgelassen und eine friedvolle Stille breitete sich aus. Eine Möwe, die an der Wasserkante nach Nahrung suchte, flog plötzlich wie aufgescheucht davon. Da war mir, als summte jemand ein Lied. Ich sah mich suchend um. Aber der Strand war leer. Schon dachte ich, ich hätte es mir nur eingebildet, da vernahm ich die Töne wieder. Und selbst jetzt bekomme ich die Melodie nicht aus meinem Kopf. Das Eigenartige daran ist, dass sie mir bekannt vorkommt, obwohl ich schwören könnte, sie nie zuvor gehört zu haben!

      Was hat das zu bedeuten?

      Als es dunkel wurde, habe ich den Strand verlassen. Für den Weg die Klippen hinauf reichte das Tageslicht gerade noch aus. Oben am Küstenweg hatte ich hinter einem Ginsterbusch ein Fahrrad deponiert, das ich vorhin im Schuppen unter einer Plane gefunden hatte. In einem der Regale lag sogar noch eine eingesponnene Luftpumpe. Es muss ein furchtbar altes Vehikel sein, so schwer, wie es sich treten lässt. Aber immerhin fährt es, trotz rostiger Kette. Gerade als ich für den Heimweg den alten Drahtesel besteigen wollte, überkam mich das unangenehme Gefühl, beobachtet zu werden. Wieder ließ ich meine Blicke schweifen, aber es war rein niemand zu sehen.

      Ich bin wohl noch niemals zuvor so schnell in die Pedale getreten. Kurz vor dem Cottage wäre ich fast von einem Auto erfasst worden, weil ich in meiner Aufregung vergessen hatte, auf der linken Seite zu fahren. Die Straßen hier sind echt eng und kurvig.

       Kurz vorm Schlafengehen

      Zurück zu Judith. Sie ist im Besitz von begehrlichem Wissen und hat ihren Mann in Verdacht, ihr Tagebuch gelesen zu haben. Immer wieder geht es dabei um die Natur ihres Neffen und dessen Familie. Einem namens Dorin, der bei ihnen ein- und ausging und am selben Institut wie ihr Mann arbeitete, hatte man anscheinend ebenfalls nach dem Leben getrachtet und ihn mitten auf der Straße niedergestochen. Ich weiß nicht, in welch verwandtschaftlichem Verhältnis er zur Familie steht, das ging aus den Notizen nicht hervor. Das Seltsame ist, dass Dr. Williams hinterher niemals mit seiner Frau über dieses schreckliche Erlebnis geredet hat, dabei war er derjenige, der Dorin als Erster zu Hilfe geeilt war, als dieser blutend am Boden lag. Wann immer Judith darauf zu sprechen kommen wollte, gab Edward vor, sich nicht zu erinnern. Ich meine, das ist schon mehr als seltsam, oder? So etwas vergisst man doch nicht! Aber dann erinnert sich Judith daran, dass sie selbst etwas erfolgreich verdrängt hatte – und zwar ihre Erinnerungen an die Zeit unmittelbar nach ihrem Ausbruchversuch aus ihrer Ehe, als ich dachte, sie würde zu ihrer wahren Liebe, dem Grafen, zurückkehren. Diese Zeit hat nicht nur eine Lücke in ihrem Tagebuch hinterlassen, sondern anscheinend auch in ihrem Gedächtnis. Erst die Stätte des Überfalls auf dem Anwesen der Familie hat offenbar eine Tür zu dieser Vergangenheit geöffnet. Doch das Einzige, was ich aus den gerade gelesenen Zeilen entnehmen kann, ist, dass sie seinerzeit in Rumänien war.

       TAG 4

      Er hat’s tatsächlich getan! Judith hat ihren Mann im Januar 1892 inflagranti erwischt, als er in ihrem Tagebuch gelesen hat. Um das Ganze noch absonderlicher zu machen, soll er dabei unter Hypnose gestanden haben, wurde also von Unbekannten dazu angestiftet, um an interne Informationen über DIE FAMILIE zu kommen.

      Was ist denn mit ihnen? Was macht sie so besonders oder interessant oder gefährlich oder was weiß ich? Nun wird alles furchtbar traurig. Dieser Tabubruch zerschmettert Judiths Ehe mit einem einzigen gewaltigen Hieb. Sie kann sich ihrem Mann nicht mehr anvertrauen, steht allein mit ihrem Kummer, weiß nicht mehr, wem sie noch trauen kann und wem nicht.

      Ihr ehemaliger Schwager Peter taucht auf. Er scheint der Ehemann ihrer vom Vater ermordeten Schwester Becky gewesen zu sein und Vater ihres Neffen und ihrer Nichte. Versteh ich nicht, ich dachte, der ominöse Graf sei der Vater der beiden. Sie schreibt jedoch, Natalia trage einen Teil Beckys Liebe zu Peter in sich – hm.

      Und dann schleicht sich da plötzlich dieser eine Satz ein, so ganz unbemerkt von der Seite, sodass man ihm zunächst gar nicht so viel Bedeutung beimisst. Ich zitiere Peter: Sie sind Seelenfänger, Judith. Man versucht ihnen schon seit Jahrhunderten das Handwerk zu legen.

      Wie bitte? Was habe ich mir denn darunter vorzustellen? Sind die eine Art Sekte oder was?

      An der Stelle konnte ich letzte Nacht leider nicht weiterlesen, weil ich meinte, ein Geräusch im Garten zu hören. Schnell löschte ich die Kerze und stierte hinaus. Aber ich konnte nichts erkennen. Wahrscheinlich war es nur der Wind, der in den Ästen ächzte. Aber es war ja total windstill!

      Nach einer Weile zündete ich die Kerze wieder an, um weiterzulesen, da hörte ich das Geräusch wieder, diesmal deutlicher, wie ein Flattern. Aber die Vögel schliefen längst. Nicht einmal der Ruf eines Käuzchens war zu hören – obwohl ich ehrlich gesagt gar nicht weiß, wie der überhaupt klingt, weil ich in der Stadt aufgewachsen bin. Also pustete ich die Flamme wieder aus und wickelte mich fest in die muffige Wolldecke ein.

      Ich kann nicht gerade behaupten, geschlafen zu haben. Es war mehr ein Hin- und Herwälzen. Ich war froh, als der Morgen endlich dämmerte.

      Das Alleinsein bekommt mir ganz und gar nicht. Es wird Zeit, dass Aunty Nelly übermorgen kommt! Und ich dachte, es wäre klasse,

Скачать книгу