Nicolae: An der Quelle - Band 7. Aurelia L. Porter

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Nicolae: An der Quelle - Band 7 - Aurelia L. Porter Nicolae-Saga

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Flasche trinken und eine nach der anderen paffen, bis mir schlecht wird. Als Betthupferl Karamellbonbons – nach dem Zähneputzen, liebe Mutti! –, auf das ich hier sowieso verzichte. Ich müsste mir sonst die angestoßene Emaille-Schüssel mit Wasser aus dem Brunnen füllen. Falls ich es noch nicht erwähnte: ein Badezimmer hat diese Bude selbstverständlich nicht! Dafür ein Plumpsklo in der hintersten Gartenecke, da, wo sich die Fliegen auffällig tummeln, seit ich von dem Örtchen Gebrauch mache. Naja, es gibt Schlimmeres: unser Etagenklo daheim zum Beispiel. Das ist nämlich, wenn’s am dollsten pressiert, meist von irgendwelchen Nachbarn besetzt, die dort stundenlang nur laue Luft ablassen.

       Nachmittags

      Heute Vormittag war ich auf der Promenade und habe mir einen Sonnenhut und ein Eis gekauft. Endlich Ferienfeeling!

      Es stimmt nicht, dass nur Italiener gutes Eis machen. Das Flake 99 war himmlisch schmelzig-vanillig mit einem Stück knackiger Borkenschokolade on top.

      Ich sollte in Reklame machen! Das sagt Mutti immer, weil ich die so gerne schaue, wenn wir bei ihrer Freundin Lilo fernsehen.

      Als ich später in einem Lokal an der Promenade eine Limo trank, sprach mich ein Herr an, jung oder alt, weiß ich nicht zu sagen.

      Ob er sich mit an meinen Tisch setzen dürfe, fragte er, nachdem er mich höflich um Verzeihung gebeten und seinen Hut vor mir gezogen hatte.

      Sämtliche Tische waren belegt. Da konnte ich es ihm ja schlecht abschlagen, oder? Außerdem sah er fesch aus in seinen hellen Shorts und den Leinenslipper, in denen er barfuß steckte. Er bestellte sich irgendwas mit Eiswürfeln in einem breiten Glas und einer Scheibe grüner Zitrone obenauf. Dann zückte er ein silbernes Zigarettenetui und bot mir eine an.

      Und was tat ich dumme Gans? Ich lehnte höflich ab und behauptete, nicht zu rauchen! Warum? Es wäre doch die Gelegenheit für ihn gewesen, mir beim Feuergeben unauffällig näherzukommen.

      Während ich mich noch über mich selbst ärgerte, lehnte er sich entspannt in seinem Stuhl zurück und nahm in sich hineinlächelnd einen tiefen Zug aus seiner Zigarette, wobei er genüsslich aufs Meer hinausschaute. So genau kann ich es aber nicht sagen, denn er trug eine Sonnenbrille.

      Linkisch griff ich nach meinem Glas und schlürfte den Rest Limo durch den Strohhalm. Natürlich machte es dieses peinlich laute Geräusch, das Kinder so gerne fabrizieren. Ich kam mir vor wie ein Teenager, keinesfalls wie eine neunzehneinhalbjährige Erwachsene.

      Warum nur hatte ich mir, bevor ich herkam, nicht die Lippen nachgezogen und die Nase gepudert?

      Wie lässig er dasaß, das eine Bein über das andere geschlagen, einen Arm angewinkelt auf der Rückenlehne des Stuhles ruhend, sodass seine Hand entspannt in der Luft hing, während er mit der anderen die Zigarette zu seinen wohlgeformten Lippen führte. Sein Gesicht war glatt rasiert, bestimmt mit der Klinge mit dem Doppelschwert, und doch konnte man einen kräftigen dunklen Bartwuchs erahnen.

      Zu spät merkte ich, dass er mir eine Frage gestellt hatte. Ich musste nachfragen und mir Mühe geben, nicht zu erröten. Er machte ein wenig Small Talk, das Übliche: Wetter, die diesjährige Badesaison, woher ich käme. Really? From Germany? Also ein Fräuleinwunder? Wieso ich ausgerechnet hier meine Ferien verbrächte. Und wie es komme, dass ich so gänzlich ohne Begleitung …

      Meine mir immer noch unbekannte Tante musste herhalten: Ich würde bei ihr den Sommer über wohnen, sie sei schon alt und etwas gebrechlich und freue sich über meine junge Gesellschaft …

      Die Unterhaltung wurde zusehends anstrengend. Gerade als ich beschloss zu zahlen, schob er seine Sonnenbrille auf die Nasenspitze und zwei unsagbar tiefblaue Augen schauten mich darüber hinweg an. Blau wie das Meer, ging es mir durch den Sinn. Ich ärgerte mich über den Kitsch in meinem Kopf und wandte den Blick ab. Er hielt es wohl für Schüchternheit, denn ich bemerkte ein belustigtes Zucken in seinem Mundwinkel, bevor er erneut von seinem Getränk nippte.

      Mein Gott, hatte dieser Mann schöne Lippen! Sie waren irgendwie perfekt: nicht zu breit, nicht zu schmal, nicht zu blass, nicht zu rot, nicht zu fest, nicht zu weich – obwohl ich Letzteres natürlich nicht beurteilen kann.

      Was soll diese Schwärmerei? Und seit wann sind die Lippen eines Mannes von Belang? Erwähnte ich schon das Grübchen an seinem Kinn? Oje, ich bin anscheinend doch noch ein Teenager!

      Ob er mich auf ein weiteres Getränk einladen dürfe.

      Oho, das hätte ich eher von einem Italiener oder Franzosen erwartet, aber doch nicht von einem steifen Engländer! Seit wann rauschen die so ran?

      Bedaure, antwortete ich ihm mit einem wohlerzogenen Lächeln, aber meine Tante würde mit dem Essen auf mich warten.

      Wenn ich jetzt sagen würde, dass sein Blick mich gefangen nahm, würde es zwar zutreffen, aber furchtbar abgedroschen klingen.

      Im Geiste sah ich bereits die Schlinge um meinen Hals. Daher bedankte ich mich höflich für sein freundliches Angebot, gab aber vor, nun gehen zu müssen.

      Die mahnenden Worte meiner Mutter dröhnten mir in den Ohren: Denk dran, Kind, Männer wollen immer nur das eine! – was genau das aber sein soll, hat sie mir nie gesagt, diese geheime Information musste ich mir selbst beschaffen.

      Ich spürte seine bedauernden Blicke auf meinem Rücken, als ich ging, und verfluchte mich für meine Blödheit.

      Was wäre denn dabei gewesen, es ging doch lediglich um eine Limo!

      Stattdessen hocke ich nun wieder in dieser modrigen Hütte und vergrabe mich in die abstruse Geschichte fremder Leute, welche inzwischen „nur noch“ siebzig Jahre zurückliegt.

       Abends

      Ich kann mich kaum auf Judith konzentrieren. Es ist total schwül. Bestimmt zieht noch ein Gewitter auf. Immer wieder sehe ich diese blauen Augen vor mir. Eigentlich ganz schön dreist. Ich meine, man lädt doch nicht ein wildfremdes junges Mädchen so mir nichts, dir nichts auf ein Getränk ein! Ist das etwa die feine englische Art? Und ich hätte mich auch gar nicht so einfach einladen lassen dürfen! Meine Ablehnung war überhaupt nicht so kindisch, wie sie mir zunächst vorgekommen war, sondern die einzig richtige, nämliche vernünftige und daher erwachsene Art, auf so ein unverschämtes Angebot zu reagieren. – Lackaffe! Auch wenn er Leinenslipper trug, die ziemlich teuer aussahen.

      Gott, diese verdammten Augen! – Keine Kraftausdrücke! – Ich weiß, Mutti, ich weiß. Aber in diesem Fall sind sie zutreffend.

       Spät in der Nacht

      Unglaubliches hat sich zugetragen, während Judith sich bei ihrer Freundin Jane in genau diesem Cottage vom Verrat ihres Mannes zu erholen sucht. Sie ist völlig niedergeschlagen, umso mehr, als Jane ihr die Leviten liest, weil Judith in ihrem Tagebuch Geheimnisse über ihre Familie ausgeplaudert habe.

      Ja, was denn, bitte schön?

      Vom Bann des Vergessens sei darin die Rede. Doch was soll ich mir darunter vorstellen? Und vom Amulett. Ach du Schreck! Na und? Ist doch bloß Hokuspokus. Und schließlich werde sogar der Wächter mit dem Schlüsselbund in Verkörperung des mysteriösen Grafen erwähnt, von dem ich lediglich weiß, dass er aus Rumänien kommt, einem Land mit tiefen dunklen Wäldern und Bergen, in denen Drachen hausen. So soll es zumindest früher gewesen sein, bevor die Kommunisten ganz Osteuropa in Besitz nahmen, alles Märchenhafte daraus vertrieben und

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