Über Vernunft und Offenbarung in Ibn Taymiyyas Denken. Yusuf Kuhn
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Das fünfte Kapitel mit dem Titel Ibn Taymiyyas Historiographie der falsafa lässt Ibn Taymiyya selbst ausführlich zu Wort kommen. Es besteht aus einigen Texten Ibn Taymiyyas, die Yahya Michot aus dem Arabischen übersetzt, kommentiert und erläutert hat. Ibn Taymiyya präsentiert sich darin in einem ungewohnten und für manche überraschenden Licht, nämlich als Philosophiehistoriker. Durch seine scharfsinnige Wahrnehmung der Gesellschaftsgeschichte erweist er sich geradezu als Vorläufer von Ibn Khaldūn. Er sieht, wie sich die Geschichte in den Gesellschaften um ihn herum entfaltet, und er möchte ihrer Vergangenheit Sinn abgewinnen, indem er sie kritisch untersucht, jenseits von Erdichtungen und Mythen. Ideen werden mithin für ihn zu Hauptakteuren auf der menschlichen Bühne, und es gelingt ihm, sie miteinander in Beziehung zu setzen und ihre legitimen wie illegitimen Abstammungslinien nachzuzeichnen, im Auf und Ab der Jahrhunderte, in Ost und West, unter Heiden und Gläubigen, Häretikern und Heiligen, Theologen, Mystikern und Philosophen. Die hier vorgestellten fünf Texte wurden ausgewählt aufgrund des Lichtes, das sie auf die historischen und ideologischen Kontexte der Übersetzungsbewegung sowie auf die Ursprünge, die Entwicklung und die mannigfaltigen Facetten von falsafa (Philosophie) und tafalsuf (Philosophieren) im Islam bis zum Ende des 7./13. Jahrhunderts zu werfen vermögen.
Das sechste Kapitel mit dem Titel Al-Ghazālīs Esoterik gemäß Ibn Taymiyyas Bughyat al-Murtād ist ein Artikel von Yahya Michot, der mehrere von ihm aus dem Arabischen übersetzte Texte Ibn Taymiyyas samt Erläuterungen und Kommentaren vorstellt. Sie können, wie die Texte im fünften Kapitel, als Beiträge zur Philosophiegeschichtsschreibung betrachtet werden, und darüber hinaus als kritische Auseinandersetzung mit bestimmten Inhalten der Philosophie, die hier in der Gestalt der philosophischen Esoterik al-Ghazālīs behandelt wird. Ibn Taymiyya lässt dabei erkennen, dass er über ein erstaunlich breites Wissen über das Werk al-Ghazālīs verfügt. Seine Darstellung und Kritik des Denkens al-Ghazālīs ist daher sowohl von philologischem Interesse, da er lange Abschnitte aus al-Ghazālīs Werken anführt, als auch von philosophischem Interesse, da er es immer wieder versteht, ins – insbesondere esoterische – Herz dieses Denkens einzudringen und wichtige Erkenntnisse daraus zu gewinnen.
Die einzelnen Kapitel lassen sich unabhängig voneinander lesen. Einstieg und Abfolge der Lektüre mögen also Vorlieben und Interessen gemäß erfolgen. Das erste und das zweite Kapitel können gleichwohl als Einführungen und somit als Hinführungen zum dritten Kapitel gelesen werden, das die Thematik wesentlich ausführlicher und vertiefter behandelt. Die Texte für die verschiedenen Kapitel wurden im Laufe der letzten Jahre zu verschiedenen Anlässen und Zwecken verfasst. Die Spuren davon habe ich nicht zu beseitigen versucht, da es sonst nur darauf hätte hinauslaufen können, sie in erheblichem Maße umzuschreiben. Dieser Versuchung musste ich freilich im Interesse einer alsbaldigen Veröffentlichung widerstehen. Dadurch kommt es auch zu manchen Wiederholungen und Überschneidungen, die sich aufgrund der Unabhängigkeit der Texte nicht immer vermeiden ließen und sich hoffentlich als für das Verständnis eher zuträglich erweisen.
Mein Dank gilt all denen, die mich durch ihre anregenden und bereichernden Beiträge in Diskussionen und anderweitig bei der Arbeit an diesem Projekt, mitunter über viele Jahre, unterstützt haben und die viel zu zahlreich sind, um namentlich aufgeführt werden zu können. Besonders bedanken möchte ich mich bei den Mitgliedern des VDM17, die mir mit ihrer großmütigen Unterstützung in allerlei Gestalt stets tatkräftig zur Seite standen. Möge Allāh es ihnen allen reichlich lohnen und unser Projekt mit Seinem Beistand zum Gelingen führen!
April 2020 / Schaʿbān 1441
Yusuf Kuhn
1 https://alastu.net/ueber
2 https://alastu.net/node/29
3 https://alastu.net
4 Yusuf Kuhn, Über Vernunft und Offenbarung in al-Ghazālīs Denken. Studien zur Kritik der Philosophie im islamischen Denken – Band 1, Hamburg, 2018; https://alastu.net/node/109.
5 Yusuf Kuhn, Über Moral, Macht und Islam im unmöglichen Staat. Studien zur Kritik der Philosophie im islamischen Denken – Band 2, Hamburg 2019; https://alastu.net/node/113.
6 Ibn Taymiyya, Islam – Weg der Mitte. Texte von Ibn Taymiyya, Aus dem Arabischen übertragen, eingeführt und kommentiert von Yahya Michot. Aus dem Französischen und Englischen übertragen von Yusuf Kuhn, Zweite Auflage, Hamburg, 2019, S. 15-16.
7 Siehe Farid Suleiman, Ibn Taymiyya und die Attribute Gottes, Berlin/Boston: De Gruyter, 2019, Kap. 2, Ibn Taymiyyas Leben, S. 24-39.
8 Ibn Taymiyya, Islam – Weg der Mitte. Texte von Ibn Taymiyya, Aus dem Arabischen übertragen, eingeführt und kommentiert von Yahya Michot. Aus dem Französischen und Englischen übertragen von Yusuf Kuhn, Zweite Auflage, Hamburg, 2019, S. 18-20.
9 Lutz Berger, Islamische Theologie, Wien: facultas.wuv [= UTB 3303], 2010, 107.
10 Birgit Krawietz, Ibn Taymiyya - Vater des islamischen Fundamentalismus? Zur westlichen Rezeption eines mittelalterlichen Schariatsgelehrten, in: Manuel Atienza u. a. (Hrsg.), Theorie des Rechts in der Gesellschaft, Berlin: Duncker & Humblot, 2003, 39–62, hier 52f.
11 Siehe Yahya Michot, Muslims Under Non-Muslim Rule. Ibn Taymiyya, Oxford und London: Interface Publications, 2006; Jon Hoover, Ibn Taymiyya’s Theodicy of Perpetual Optimism, Leiden: Brill, 2007; sowie Ovamir Anjum, Politics, Law, and Community in Islamic Thought. The Taymiyyan Moment, New York: Cambridge University Press, 2012.
12 Farid Suleiman, Ibn Taymiyya und die Attribute Gottes, Berlin/Boston: De Gruyter, 2019, S. 1-2.
13 Siehe Farid Suleiman, Ibn Taymiyya und die Attribute Gottes, Berlin/Boston: De Gruyter, 2019, S. 4, Anm. 17.
14 Die wichtigste Sekundärliteratur bis 2011 verzeichnet und annotiert Jon Hoover, siehe Jon Hoover, Ibn Taymiyya, Oxford Bibliographies in Islamic Studies, 2012, url: http://www.oxfordbibliographies.com/view/document/obo-9780195390155/obo-9780195390155-0150.xml. Folgend eine Auswahl an Beiträgen, die nach 2011 veröffentlicht wurden: Anjum, Politics, Law, and Community; Yahya Michot, Ibn Taymiyya. Against Extremism, Paris: Albouraq, 2012; Birgit Krawietz/George Tamer (Hrsg.), Islamic Theology, Philosophy and Law. Debating Ibn Taymiyya and Ibn Qayyim al-Jawziyya, Berlin und Boston: De Gruyter,