Plädoyer für eine realistische Erkenntnistheorie. Jürgen Daviter

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Plädoyer für eine realistische Erkenntnistheorie - Jürgen Daviter

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Existenz könnten wir - auch nach den Überlegungen von Descartes selbst - nicht sicher wissen‚ wann Gottes wohlwollende Unterstützung unserer Erkenntnisbemühungen in jeweils konkreten Einzelfällen hinreichend wäre. David Hume hat später den cartesianischen Zweifel denn auch als „völlig unheilbar“53 bezeichnet.

      38 René Descartes‚ Abhandlung über die Methode des richtigen Vernunftgebrauchs‚ (Reclam Universal -Bibliothek) Stuttgart 1988 (im Folgenden unter Abh. und Seitenangabe im Fließtext zitiert).

      39 Edmund Husserl‚ Die Krisis der europäischen Wissenschaften und die transzendentale Phänomenologie‚ (Felix Meiner) 2. verbesserte Auflage Hamburg 1982‚ nennt Descartes gar den „urstiftenden Genius der gesamten neuzeitlichen Philosophie“ (S. 80) und sieht bei ihm den „Ausgang der beiden Entwicklungslinien des Rationalismus und Empirismus“ (S. 91).

      40 Wolfgang Röd‚ Der Gott der reinen Vernunft. Ontologischer Gottesbeweis und rationalistische Philosophie‚ (Beck’sche Reihe) München 2009‚ S. 12.

      41 In diesem Vorgehen ist unschwer Aristoteles wiederzuerkennen‚ nämlich mit seinen von ihm so genannten unvermittelten Prinzipien‚ also solchen‚ die keines Beweises mehr bedürfen (vgl. oben unter I.1.).

      42 René Descartes‚ Meditationen über die Grundlagen der Philosophie‚ (Phaidon) Essen o. J.‚ (im Folgenden unter Med. und Seitenangabe im Fließtext zitiert).

      43 Wolfgang Röd‚ Der Gott der reinen Vernunft‚ a. a. O.‚ S. 62 f.‚ beschreibt‚ wie der Gottesbeweis als notwendige Voraussetzung für die objektive Gültigkeit von Wirklichkeitsaussagen bei Descartes letztlich darauf beruht‚ auch für das cogito‚ ergo sum noch einen sicheren Grund finden zu müssen; denn daraus hatte er ja das Kriterium des klar und deutlich sehen gewonnen.

      44 Zu einer kurzen systematischen Darstellung und Kritik des Gottesbeweises siehe Wolfgang Röd‚ Der Gott der reinen Vernunft‚ a. a. O.‚ S. 158 f..

      45 Immanuel Kant‚ Kritik der reinen Vernunft‚ a. a. O.‚ B 611 ff.. Die Art und Weise‚ wie Descartes den Gottesbeweis zu führen versucht‚ wird ausführlich dargestellt und kritisch bewertet von Wolfgang Röd‚ Der Gott der reinen Vernunft‚ a. a. O.‚ insbesondere S. 58-79. - Die im Text zitierte Ausgabe der „Meditationen“ ist eine Wiederauflage einer frühen Ausgabe von Johann Heinrich von Kirchmann‚ der in einem ausführlichen Kommentaranhang ebenfalls immer wieder auf die Unmöglichkeit hinweist‚ aus dem‚ was man gedanklich konstruiert‚ reales Sein ableiten zu können. Zu der Vorstellung der Vollkommenheit‚ zu der Descartes auch die reale Existenz zählt‚ schreibt von Kirchmann z. B.: „Auch hier kehrt die Verwechslung des bloß vorgestellten Seins mit dem wirklichen wieder. Wenn ich ein vollkommenes Wesen vorstelle‚ muß ich mir auch das Sein desselben vorstellen‚ oder das Merkmal: Sein bildet einen wesentlichen Teil dieser Vorstellung; es ist dann im Denken das Sein mit dem Vollkommenen untrennbar verbunden‚ und es ist daher auch richtig‚ dass‚ wenn das eine‚ die Vollkommenheit ‚ wi rkl ich ist‚ auch das andere‚ das Dasein‚ es ist. Allein aus der bloßen Vorstellung von der Untrennbarkeit beider Bestimmungen folgt nicht‚ dass beide auch im Sein bestehen.“ (S. 134.)

      46 Immanuel Kant‚ Kritik der reinen Vernunft‚ a. a. O.‚ B 157. Kants These‚ dass aus erfahrungsunabhängigem Denken keine Erkenntnis über die Wirklichkeit gewonnen werden kann‚ ist die Grundidee seiner Kritik der reinen Vernunft‚ s. dazu das IV. Kapitel.

      47 André Glucksman‚ Die cartesianische Revolution‚ (Rowohlt) Reinbek bei Hamburg 1989.

      48 J. H. von Kirchmann in seinem Kommentar zu den hier zitierten Meditationen‚ a. a. O.‚ S. 144 f.

      49 Zum sogenannten Münchhausen-Trilemma s. Hans Albert‚ Traktat über kritische Vernunft‚ (Mohr) Tübingen 1968‚ S. 13 ff.; Karl R. Popper‚ Logik der Forschung‚ (Mohr) Tübingen 1966‚ S. 60 f.‚ bringt eine etwas abweichende Version.

      50 Alan Musgrave‚ Alltagswissen‚ Wissenschaft und Skeptizismus‚ (Mohr) Tübingen 1993‚ S. 205.

      51 Wolfgang Röd‚ Der Gott der reinen Vernunft‚ a. a. O.‚ S. 13.

      52 Ebd.‚ S. 82.

      53 David Hume‚ An Enquiry Concerning Human Understanding. Eine Untersuchung über den menschlichen Verstand. Englisch/Deutsch‚ (Reclams Universalbibliothek) Stuttgart 2016‚ S. 385.

       III. Humes Erkenntnistheorie:

       Die Entzauberung kausaler Gewissheiten

       Die Grenzen des menschlichen Verstandes sind so eng‚ dass man weder hinsichtlich der Ausdehnung noch der Sicherheit seiner Errungenschaften viel Befriedigendes erhoffen kann.

       David Hume

       So ist die Enthüllung menschlicher Blindheit und Schwäche das Ergebnis aller Philosophie‚ und sie begegnet uns auf Schritt und Tritt‚ trotz unserer Bemühungen‚ ihr auszuweichen oder zu entrinnen.

       David Hume

       Seit dem Entstehen der Metaphysik ‚ so weit die Geschichte derselben reicht‚ hat sich keine Begebenheit zugetragen‚ die in Ansehung des Schicksals dieser Wissenschaft hätte entscheidender werden können‚ als der Angriff‚ den David Hume auf dieselbe machte.

       Immanuel Kant

       1. Vorbemerkung zu den Originalquellen

      Hume hat seine Erkenntnistheorie hauptsächlich in zwei Schriften niedergelegt.54 Die erste veröffentlichte er 1739 und 1740 im Alter von unter 30 Jahren‚ und zwar anonym unter dem Titel Treatise of Human Nature (Traktat über die menschliche Natur).55 Darin ist Buch I mit dem Titel „Of the Understanding“ („Über den Verstand“) der Erkenntnistheorie gewidmet. Die zweite Schrift erschien 1748 und erhielt nach mehreren Neuauflagen den Titel An Enquiry concerning Human Understanding (Eine Untersuchung über den menschlichen Verstand). Hume sah sich aus mehreren Gründen zu dieser neuen Darstellung seiner philosophischen Ansichten veranlasst. Die erste Schrift war zunächst kaum beachtet worden; er glaubte‚ er habe sie zu früh veröffentlicht‚ und wollte einige „Nachlässigkeiten seines früheren Gedankengangs und noch mehr des Ausdrucks“ beseitigen. Die Enquiry war erheblich kürzer als der Treatise und in einem eleganten und eingängigen Stil geschrieben; anders als der Treatise fand sie sehr bald große Resonanz.

      Humes Erkenntnistheorie wurde von seinen Zeitgenossen zum Teil scharf kritisiert‚ nach Auffassung Humes und auch aus heutiger Sicht oft unqualifiziert. Was für Hume jedoch am wichtigsten war: Die Kritik richtete sich regelmäßig gegen sein Jugendwerk‚ und die spätere Enquiry wurde dabei kaum beachtet. Deswegen stellte er einer ihrer letzten Auflagen eine Bekanntmachung voran‚ in der er den Wunsch äußerte‚ ausschließlich die Ausführungen dieses Buches als Darstellung seiner philosophischen Ansichten und Grundsätze zu betrachten. Dem entspricht die folgende Beschäftigung mit Humes Erkenntnistheorie; sie bezieht sich fast ausschließlich auf die Enquiry. In ihr sind die letztgültigen Ansichten Humes über das erkenntnistheoretisch wohl wichtigste Problem‚ das der kausalen Erkennbarkeit der Welt‚ für alle philosophisch Interessierten allgemein verständlich formuliert.56

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