Lucy fällt. Gaby Mrosek
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Sehr wichtig zu erwähnen ist wohl noch, dass du auch deine spirituelle Schublade gründlich auszumisten hast. Oft bekommst du gar nicht mit, wieviel Unsinn du gerade dort gelagert hast, von Verleugnung über Verdrängung und Vernebelung oder ein schlichtes Sichbetäubenwollen. Denn wenn du nun alles, was je in der Kommode war, einfach leugnest und es dir nicht ganz genau anschaust, bevor du es entlässt, dann hast du lediglich den Inhalt der Schubladen in einen großen Müllsack gesteckt und ihn neben deine Kommode gestellt. Der Sack ist weiterhin ein Teil von dir. Bleibe praktisch in dieser, in deiner Welt. Ja, es ist deine Welt, die um dich herum. Kümmere dich um sie in Liebe und entbinde dich. Du kannst sehr wohl alles dir gegebene nutzen ohne einen Hauch von Bindung daran.
So, und nun wünsche ich dir viel Spaß beim Entrümpeln deiner Kommode. Vergiss nicht, es ist deine ureigene Aufgabe, und nur du kannst sie erfüllen.“
Dann ist es still im großen Salon. Wieder hört man nur das Pendel der Uhr. Schließlich bricht Lucy ihr Schweigen: „Ich will sie erfüllen. Meine Aufgabe. Aber wie entrümpele ich diese Kommode?“
„Indem du mir folgst, Liebes“, antwortet Josua und steht beschwingt auf. Sie verlässt das Zimmer, biegt nach rechts und geht zügig die steile Treppe hinauf. Lucy folgt aufgeregt.
Oben angelangt gehen sie hintereinander durch einen schmalen Flur, dessen Wände weiße Stofftapeten mit Liliendruck zieren. Kerzen brennen in Haltern am Ende des Ganges. Josua öffnet die letzte Tür vor Kopf und beide treten ein.
Der Raum ist groß und leer. Es gibt ein riesiges Fenster und darunter ein einziges Möbelstück: eine alte zerschlissene Kommode mit unzähligen kleinen Schubladen. Jede dieser Schubladen hat eine andere blasse Naturfarbe – falls noch Farbe vorhanden ist, denn einige sind so verkratzt, dass man den Ton höchstens noch erahnen kann. Von weitem wirkt sie insgesamt rötlich.
Josua bleibt mitten im Zimmer stehen und macht mit dem untersetzten Kinn eine Bewegung Richtung Schrank. Lucy zögert zunächst. Dann geht sie vorsichtig, als würde sie sich einem Raubtier nähern, auf die Kommode zu.
„Und die soll ich aufräumen? Ist das meine Aufgabe in Etage 19?“, fragt sie zögerlich. Gleichzeitig denkt sie an die Metapher von gerade. Da hat Josua gesagt, der Geist sei die Kommode.
„Ja Liebes“, nickt sie, „dein Geist ist sozusagen diese Kommode. Aber vergiss nicht, dass du in Bildern denkst. Auch deine Zwischenstationen, beim freien Fall von einem Hochhaus, sind lediglich Bilder. Wir nutzen jetzt einfach deine Träume, um zu heilen. Ist das für dich in Ordnung?“
„Ja ja…klaro“, entgegnet sie, „ich vertraue dir und will mich auf die Dinge einlassen, die von dir kommen. Ich denke, du bist der beste Führer, den ich je hatte. Und….“
„Und dir bleibt auch gar nichts anderes übrig, wenn du dich für das Leben entscheidest“, zwinkert Josua ihr aufmunternd zu, „allerdings ist auch das nur eine Scheinwahl. Letztendlich steht der Tod nicht wirklich zur Wahl – nur in einem Spiel. Du räumst deine Beziehungsschubladen auf. Und wir zwei treffen uns in diesem Zimmer zwischendurch, ab und zu, mal wieder. Hier, in dem alten Haus, ist dein Basislager.“
Lucy ist verunsichert, weil sie gar nicht genau weiß, was sie nun zu tun hat. Josua bemerkt das natürlich und fordert sie auf, sich die Kommode genauer anzuschauen.
„Zieh die erste Schublade einfach auf, sagt sie aufmunternd, „einfach irgendeine. Es wird die richtige sein…“
Lucy zögert dennoch. Vorsichtig greift sie einen der messingfarbenen Griffe in der oberen Reihe und zieht sie ganz langsam auf. Es ist gar nicht so einfach, das alte Holzding zu bewegen, weil es verzogen ist und dadurch klemmt. Lucy spürt, wie ihr Atem schneller geht und ihr Herz pulsiert als hätte sie einen Marathon hinter sich. Mit einer rappelnden Bewegung zieht sie die Schublade auf und schaut hinein. Ein einziges Foto liegt darin – es ist ein Bild von Raffael. Lucy erschrickt und will protestieren. Doch bevor ein Laut aus ihrer Kehle tritt, verschwimmt der Raum vor ihren Augen. Sie nimmt einen Hauch des sanften Lächelns Josuas wahr. Dann beginnt das Fallen erneut – dieses schreckliche Fallen vom Hochhaus.
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