Der Hebräerbrief - Ein heilsgeschichtlicher Kommentar. Roman Nies
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Hat man Beispiele für so einen verschwenderischen Einsatz von Material nicht auch sonst in der Schöpfung? Wie viele Kaulquappen, die ein Frosch laicht, werden erwachsen? Ist es nicht bei den meisten Lebewesen so, dass die meisten Kinder der grausamen Natur zum Opfer fallen? Warum soll das nicht auch bei den Menschen so sein? Ist also doch der gnadenlose Darwinismus, das Naturgesetz, das Gott der Schöpfung vermachte? Nein, ist es nicht! Mord und Totschlag gibt es ebenso wie den Tod erst mit dem Sündenfall. So sagt es die Bibel!
Um dies alles richtig bedenken zu können, ist es unbedingt erforderlich, dass man den Gesamtüberblick behält. Unter Wasser sollte man die Luft anhalten, über Wasser sollte man atmen und nicht umgekehrt! Gleicher Ort, verschiedene Verhaltensweisen! Grausam ist die Natur erst nach dem Sündenfall geworden! Der Irrtum der Darwinisten gehört zu der Verirrung des Menschen, die ihn außerhalb der Obhut Gottes befallen musste! Zu dieser gefallenen Welt passen Menschen, die sich ausdenken, dass Gott nichts gegen die Evolution des Bösen tun kann und die Schöpfung immer mehr zerfallen lässt und das, was einmal zerfallen ist, unwiederbringlich verloren sei. Das glauben die Kirchenleute, denn auch sie sind von der Welt. Man soll aber nicht von der Welt, sondern nur in der Welt sein und sein Denken von Gott beziehen.
Muss nicht jede Logik, die darauf aufbaut, dass Gott mit Seiner Schöpfung nicht zum Ziel kommt, degenerativ sein und ihr hässliches Gesicht nur zu deutlich offenbaren? Wie und was ist also das Erbe Jesu? Das was die Evolution übrig lässt? Das was der Mensch daraus macht? Oder ist es doch eher das, was dasteht, wenn Sünde und Tod, der letzte Feind, überwunden sind und zwar auch faktisch, nicht nur theoretisch oder juristisch? Wo könnte das geschehen sein, wenn nicht am Kreuz von Golgatha?
Wie hängen Erbe und Schöpfung zusammen? So, dass Christus der Schöpfer ist, der sich Sein Erbe so zubereitet, dass es vollständig und vollkommen wird, damit Er es verherrlicht dem Vater übergeben kann. Die Vervollkommnung der Schöpfung bedeutet aber, dass es nichts gibt, was unvollkommen geblieben wäre. Da gibt es nichts mehr, was zum Himmel schreit oder auch nur seufzt.
Es ist daher auch nicht verwunderlich, wenn der Verfasser des Hebräerbriefs auf das Zentrum des neuen Glaubens zu sprechen kommt, nämlich Jesus Christus. Was soll das heißen, dass Gott Jesus Christus „zum Erben über alles eingesetzt hat“, wenn es zugleich heißt, dass Gott durch den Sohn auch alle Welten erschaffen hat? Gibt er Seinem Sohn nur ein kümmerliches Erbe? Gehört die ewige Hölle auch zur Erbmasse? Was wäre das für eine herrliche Ehrung, wenn die Hölle ein Ort des endlosen Grauens wäre! Unwürdigkeit und Schändlichkeit für alle Zeiten! Es ist sonderbar, dass die Menschen bereitwillig andere im Verderben wissen wollen, solange nur sie gerettet sind. Diese Bereitwilligkeit ist Folge ihres persönlichen Gefallenseins und muss bereut werden. Der Mensch ist rachsüchtig und missgünstig. Gott ist es nicht. Er „sucht“ die Rache nicht, er handelt wie einer, der sich rächt. Doch am Ende versteht der Mensch, dass die Vergeltung Seinem Heilsziel diente. Zum Erben über alles eingesetzt, bedeutet, dass einst alles Christus untergeordnet und verherrlicht ist. Das krasse Missverhältnis zwischen dem, was an Herrlichkeit jetzt vorhanden ist und dem, was sein wird, kann man mit einem kleinen Vergleich verdeutlichen. Die Erde ist im Vergleich zum Mond ein herrlicher Planet. In neuerer Zeit meint man, in der nächsten astronomischen Umgebung der Erde, d.h. in einem Umkreis von wenigen hundert Lichtjahren, den Nachweis von Planeten in anderen Sonnensystemen gefunden zu haben. Angenommen, es hätte jeder Stern im Weltall ein Planetensystem (oder wahlweise nur jeder tausendste) und jeder dieser sicherlich wüsten und lebensleeren Planeten, sollte eine Bearbeitung erfahren, welche die Erde zwischen 1 Mos 1,2 und 1 Mos 1,26 erfahren hat, mit Ausnahme der Erschaffung des Menschen. Das waren die Ereignisse zwischen dem zweiten und dem sechsten Schöpfungstag. Dann hätte man eine Vorstellung, was Verherrlichung der Schöpfung bedeutet. Aber diese Herrlichkeit könnte man verständlicherweise noch mehr zur Verherrlichung Gottes steigern.
Man stelle sich vor, diese vielen Milliarden Planeten wären mit Menschen besiedelt, die alle Gott loben und preisen würden! Nicht nur von einer kleinen Schar, vergleichbar mit den Zeugen Jehovas, die irgendwann im 19. Jahrhundert aufgetaucht sind. Nicht nur die etwas größere Schar, die der Zahl der sehr frommen Katholiken entsprechen würde, die in den letzten 1.700 Jahren gelebt haben. Das würde das Weltall noch herrlicher machen und Gott noch mehr verherrlichen. Doch immer noch wäre eine Steigerung möglich: Wenn nicht nur eine begrenzte Schar von Menschen ihr Paradies bewohnen würde, sondern alle 100 Milliarden Menschen, die jemals gelebt haben! Warum also sollte Gott etwas herrlich nennen, was noch gar nicht die höchste Ehrung verdient hätte?
So wird es nicht kommen, weil kein Mensch je gesehen oder erdacht hat, wie die Verherrlichung Gottes letzten Endes sein wird. Auch ist das jetzige Weltall nur ein äonisch limitiertes Anhängsel an die Erde, denn beide werden nicht nur neu gemacht werden, sondern abgelöst (Of 21,1). Gott kann es sich leisten, das Tohu wa Bohu, d.h. die vorläufige Leere und Unordnung scheinbar grenzenlos und unausmessbar auszudehnen, weil Er es nicht so belassen wird. Es genügte Ihm ein Tag, um das Licht zu schaffen und es genügte Ihm ein Tag, um die Sterne in den Himmel zu setzen. Der forschende Blick in die Weiten des Weltraums sollte den Menschen eigentlich demütig machen, stattdessen fährt er fort, Gott zu spotten, indem er sagt: „Wir haben überall nach Gott geschaut, ihn aber nirgendwo entdeckt!“ Dabei könnten sie Seinen Anblick nicht ertragen, sie würden vergehen, vor lauter Scham- und Schandbewusstsein. Sie sollen sich in Erwartung üben, wie eine schwangere Frau! Wenn Jesus kommt, dann fällt auch dieser Spott, dass doch alles so bliebe wie es unvollkommen ist, auf sie zurück.
Wie armselig doch die Vorstellungen der Religionen und so mancher theologischer Systeme der Kirchen sind. Sie stellen sich ein Paradies vor, in dem sich ein kleiner Überrest besonders frommer Menschen hineingerettet hat. Es wäre ein Paradies von überschaubarer Ausdehnung, denn viele Fromme hat die Menschheit nicht hervorgebracht. Und wie armselig die Phantasieregungen der Astrophysiker, dass das, was auf der Erde unmöglich geschehen sein kann, nämlich die Entwicklung des Menschen über zufällige Zwischenstufen aus Materie plus Zufall plus Zeit, sich in ähnlicher Weise mit anderen Lebensformen millionenfach im Universum, allerdings isoliert und unerreichbar voneinander, ereignet haben könnte.
Die Bibel erteilt dieser Vorstellung eine Absage. In der Bibel ist Gott der Schöpfer aller Welten. Er bestimmt, was geschieht. Er spricht und es geschieht. Und es geschieht auch, wenn der Mensch beständig weghört. Gott kann machen, dass der Mensch das Hören lernt!
Das Erbe beinhaltet alles. Das griechische „ta panta“ kann sowohl „alles“ als auch „das Alles“ oder „das All“ bedeuten. Es steht nicht, wenn Gott spricht, für den Inhalt einer Schnupftabakdose! Christus macht aus diesem Allem etwas Wunderbares. Und dann legt Er es dem Vater vor. Es geht nicht um Planeten und Sterne. Es geht um den Menschen, denn nur der Mensch ist im Ebenbild Gottes gemacht und nur der Mensch hatte bereits vor Grundlegung der Welt Existenz und sei es nur in den Gedanken Gottes (Eph 1,4). Die Hauptsache des Erbes Jesu Christi ist also die Menschheit. Die Schöpfung wird nur verherrlicht, wenn die Menschheit verherrlicht ist. Die Erforschung des Weltraums durch den Menschen ist eine Forschung ins Nichts hinaus. Sie ist eine teure Sackgassenforschung, denn hier auf Terra spielt die Musik.
Der Verfasser des Hebräerbriefes weiß, dass der Gottessohn bereits als Mensch in einer Hinsicht Seine Göttlichkeit nicht verborgen hat. „Er ist der Abglanz der Herrlichkeit und hat das Ebenbild seines Wesens.“ (Heb 1,3) Ob die Menschen, die Augen haben, das zu erkennen, ist eine andere Sache. Man benötigt dazu die richtige Herzensbildung, um die göttliche Wesensart erkennen zu können.
Jesus hatte also die Wesen- und Charakterart Seines Vaters. Es ist das Ziel der Heiligungsprozesse an den Gliedern Seines Leibes, diese Ebenbildlichkeit, die der Sohn vom Vater geerbt hat, an die Glieder weiter