Walpurgisnacht: Niederbayern-Krimi (German Edition). Karoline Eisenschenk
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Читать онлайн книгу Walpurgisnacht: Niederbayern-Krimi (German Edition) - Karoline Eisenschenk страница 11
Aber das Aussehen und die Garderobe des Bauunternehmers interessierten Anna Leitner nicht. Er hätte ihretwegen auch im Bademantel oder im Clownskostüm vorfahren können. Letzteres hätte zu seiner Mission sogar noch besser gepasst. Mit verschränkten Armen stellte sie sich vor ihn hin und räusperte sich laut. Baumgartner blickte mit einem verheißungsvollen Lächeln auf, das beim Anblick von Anna Leitner jedoch sofort erstarb. Rasch beendete er das Telefonat und breitete die Arme aus. »Mein liebe Frau …«
»Was machen Sie hier? Hab ich Ihnen nicht gesagt, dass ich Sie hier nicht mehr sehen will.«
»Meine liebe Frau Leitner. Jetzt lassen Sie uns doch nicht schon wieder streiten. Wir …«
»Ich bin nicht Ihre liebe Frau Leitner und ich streite mich auch nicht mit Ihnen, weil Sie sich jetzt von meinem Grundstück entfernen werden. Andernfalls ruf ich die Polizei.«
Baumgartners Laune sank noch mehr in den Keller. »Frau Leitner«, wagte er einen neuen Versuch. »Jetzt lassen Sie uns doch vernünftig sein …« Aber weiter kam er auch dieses Mal nicht.
»Ich bin vernünftig, und zwar vernünftiger, als Sie es je sein werden. Denn sonst hätten Sie nicht versucht, hinter meinem Rücken mit meinem Mann Kontakt aufzunehmen.«
»›Hinter Ihrem Rücken‹, Frau Leitner, wie sich das anhört. Sie tun ja gerade so, als ob ich Sie hintergehen wollte.« Baumgartner wurde der Streit mit diesem sturen Frauenzimmer allmählich zu bunt. Das war das Letzte, was er nach einer anstrengenden Woche gebrauchen konnte.
»Das trifft es sehr genau«, schleuderte ihm Anna wütend entgegen. »Ein allerletztes Mal: Das Feld gehört mir und nicht meinem Mann. Und ich verkaufe nicht! Und ganz bestimmt nicht für Ihren albernen Golfplatz. Und jetzt verschwinden Sie oder ich ruf die Polizei.«
Baumgartner kostete es enorme Überwindung, ohne weiteren Kommentar in sein Auto zu steigen. Mit quietschenden Reifen schoss der Wagen rückwärts auf die Straße und fuhr mit Vollgas davon.
Baumgartner griff instinktiv nach seinem Hemdkragen und öffnete noch einen weiteren Knopf. Er hatte das Gefühl, jeden Augenblick einen Herzinfarkt zu bekommen. Am Ortsende von Neukirchen bog er nicht wie gewöhnlich nach rechts in die Bundesstraße ein, die nach Altenberg und damit auch in sein Büro führte, sondern bretterte mit Vollgas geradeaus auf der wenig befahrenen Nebenstraße weiter. Fünf Minuten später war er am Feld der Leitners angekommen. Der Wagen drohte für einen Moment auszubrechen, da er ihn zu einer waghalsigen Vollbremsung gezwungen hatte. Schwer atmend und mit rasendem Puls stand er schließlich direkt vor dem Acker.
Anna Leitner würde seine Pläne nicht zunichtemachen. Er würde sich gleich morgen nochmals ihren Ehemann vorknöpfen. Der musste sich endlich durchsetzen und sie zu einer Unterschrift bringen, so wie es ihm von diesem Brillenheini versprochen worden war. Es sollte doch alles seit Wochen nur noch Formsache sein, warum wurde es stattdessen immer schwieriger? Aber das hatte man davon, wenn man sich auf andere verließ und sich nicht um alles selbst kümmerte. Sein Blick wanderte vom Feld der Leitners zur nahe gelegenen Wiese der Eichingers und Baumgartner spürte, wie seine Wut neue Dimensionen erreichte.
Anna Leitner war ein Stein in seinem Weg, den er früher oder später entfernen würde. Aber Sascha Eichinger hatte sich zu einem fast unüberwindlichen Fels entwickelt.
»Das ist die Wiesn von meiner Oma, die sie mir vermacht hat. Und die verkauf ich nicht, auch wenn du Schlipsträger dich auf den Kopf stellst. Die Wiesn kriegst du nicht. Und jetzt schleich dich.«
Baumgartner spürte, wie ihm beim Gedanken an den arroganten Jungbauern die Galle hochkam. Dem waren Geld und Wohlstand schon in die Wiege gelegt worden, ohne dass er auch nur einen Finger dafür krumm machen musste. Aber Sascha Eichinger ahnte noch nicht einmal annähernd, mit wem er es jetzt zu tun hatte. Baumgartner würde diese Wiese bekommen und den Golfplatz bauen, da mochte sich dieser Dorfschönling noch so querstellen. Er wollte Krieg – den konnte er haben. Dann würden jetzt eben härtere Geschütze aufgefahren werden.
*
Von den Geschehnissen im Dorf bekam Cornelius nichts mit. Sein Nachmittag verlief weitaus ruhiger, als es nach seinen ersten Stunden in Neukirchen zu erwarten war. Nach Tabea hatte sich auch noch Lukas telefonisch nach dem Wohlbefinden seines Patenonkels erkundigt. Cornelius spielte kurz mit dem Gedanken, Lukas über das angespannte Verhältnis seiner beiden Nachbarn auszufragen, verwarf diesen jedoch rasch wieder, da er direkt von der Ausgrabungsstelle in Griechenland mit ihm telefonierte und zahlreiche Nebengeräusche und Netzausfälle das Gespräch begleiteten.
»Viel Erfolg und viele Grüße an Sandra«, brüllte Cornelius in das Telefon, war sich aber nicht sicher, ob Lukas es noch hörte.
Am Ende seines kleinen Hausrundgangs stand er schließlich im Arbeitszimmer, in dem sich auch Lukas’ Bibliothek befand, die sein Herz natürlich sofort höher schlagen ließ. Cornelius’ Blick wanderte die Regalreihen entlang und blieb schließlich an einem Buch über Keltenschanzen in Bayern hängen. Soweit er sich erinnern konnte, hatte Lukas einmal erwähnt, dass sich nur etwa einen halben Kilometer von Neukirchen entfernt einer dieser rechteckigen Plätze mit Schutzwall und Graben befand.
Begeistert begann er die Ausführungen über die Anlagen zu lesen und war schon bald so in Theorien über mögliche Verteidigungsanlagen, Einfriedungen und Kultstätten vertieft, dass ihn erst das erneute Klingeln seines Mobiltelefons aufschrecken ließ.
Ramona …
Sie war auf dem Weg zur Einschiffung im Hafen von Lissabon, von wo aus die dreiwöchige Kreuzfahrt in Kürze beginnen würde. Cornelius überlegte, ob er ihr vom morgigen Fußballspiel zwischen den verfeindeten Dörfern und dem Freibier erzählen sollte, besann sich aber eines Besseren. Irgendetwas sagte ihm, dass dies keine gute Idee war. Er versicherte Ramona stattdessen, dass er ausgezeichnet mit allen Geräten und Vorrichtungen im Haus zurechtkäme, was nicht unbedingt gelogen war, da er bisher weder ein Chaos in der Küche noch einen Kurzschluss oder Ähnliches verursacht hatte.
Genau zwei Stunden später sollte es allerdings so weit sein. Er hatte sich von Ramona verabschiedet, um dann mit hochgekrempelten Hemdsärmeln und voller Optimismus den Herd genauer zu inspizieren. Nachdem er einen Topf mit Wasser auf der eingezeichneten Platte abgestellt und folgsam auf das kleine Feld gedrückt hatte, passierte die ersten Minuten überhaupt nichts. Erst als er sich neugierig über den Herd beugte, spürte Cornelius die abgegebene Wärme. Allerdings wurde diese, aus welchen Gründen auch immer, von der genau gegenüberliegenden Platte verströmt. Er drückte nochmals auf das kleine Eingabefeld. Schließlich schien der Topf an der richtigen Stelle zu stehen und das Wasser begann schon bald munter vor sich hin zu kochen. Er schüttete die Nudeln hinein, rührte sie einmal sorgfältig um und legte den Deckel auf den Topf.
Während er in der angrenzenden Vorratskammer nach der Fertigsauce suchte, auf die er, gemäß Sandras Anweisungen, jederzeit zugreifen sollte, hörte er plötzlich ein verdächtiges Zischen aus der Küche. Schnell rannte er an den Ort des Geschehens, nur um festzustellen, dass der Nudeltopf am Übergehen war. Hektisch suchte er nach einem Geschirrtuch, schmiss dabei den Salzstreuer auf den Boden, der sofort aufging und etwa ein halbes Kilo Salz auf den cremefarbenen Fliesen verteilte, bis es ihm schließlich gelang, den Topf von der Platte zu ziehen. Das war definitiv kein guter Anfang! Doch er würde nicht so schnell aufgeben.
Erst einmal musste das Salz entfernt werden. Cornelius ging wieder in die kleine Vorratskammer,