Walpurgisnacht: Niederbayern-Krimi (German Edition). Karoline Eisenschenk

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Walpurgisnacht: Niederbayern-Krimi (German Edition) - Karoline Eisenschenk

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sie wollte er im Moment wirklich nicht sehen. Maria hatte sich regelrecht mit Tabea verbündet, kaum dass sie durch seinen entsetzten Nachwuchs von seinen Plänen erfahren hatte – fest davon überzeugt, dass er, auf sich alleine gestellt, innerhalb kürzester Zeit verhungern und verdursten würde.

      »Haben Sie mal nachgeschaut, was mein Mann alles eingepackt hat?«, wurde sie in diesem Moment auch gleich von seiner Frau begrüßt, als sie, mit einem überdimensionalen Staubwedel bewaffnet, in der Tür stand.

      »Natürlich, Frau Professor (Maria nannte Ramona schon immer »Frau Professor«, obwohl Cornelius derjenige in der Familie war, dem dieser akademische Titel offiziell verliehen worden war, aber das störte hier niemanden wirklich), ich habe schon darauf geachtet, dass er sich die richtigen Sachen einpackt. Obwohl mir ja schon wohler wäre, wenn ich mitfahren würde. Er kann sich alleine doch überhaupt nicht richtig versorgen.«

      »Meine Worte, liebe Maria, aber er ist nun einmal davon überzeugt, dass ein niederbayerisches Dorf seine wahre Bestimmung ist.«

      Cornelius fiel plötzlich auf, dass die beiden miteinander sprachen, als ob er gar nicht im Raum wäre. Jetzt fehlte eigentlich nur noch, dass Maria ihn »einen armen Mann« nannte und sein Rang in diesem Haushalt wäre endgültig klar.

      In diesem Moment hörte er Tabeas Stimme auf dem Treppenabsatz und er suchte schleunigst einen Fluchtweg aus dem Schlafzimmer – vorbei an sich türmenden Kofferbergen und einem protestierenden Fräulein Tochter.

      »Wir machen uns doch nur Sorgen um dich, Papa«, war das Letzte, das er hörte. Mit einem erleichterten Seufzen ließ er die Tür zu seinem Refugium, in anderen Haushalten auch Büro oder Arbeitszimmer genannt, zufallen.

       Kapitel 3

      Zwei Tage später war es so weit. Nachdem er allen haushälterischen und töchterlichen Einwänden widerstanden und es – nach dreimaligem Umpacken – auch geschafft hatte, den Kofferberg seiner Frau und seine eigenen zwei Reisetaschen im Auto zu verstauen, hieß es Abschied nehmen. Cornelius würde Ramona zum Flughafen und von dort weiter in sein eigenes Urlaubsdomizil fahren. Davor musste er Maria hoch und heilig versprechen, sofort anzurufen, wenn er sich »in diesem fremden Haushalt mit all den unbekannten Geräten« nicht zurechtfinden sollte. (Cornelius musste an dieser Stelle insgeheim zugeben, dass er sich auch in seinem eigenen Haushalt mit all den bekannten Geräten nicht besonders gut zurechtfand, aber dies laut zu äußern hätte eine sofortige Vernichtung seiner Pläne bedeutet.) Er konnte Maria auch so gerade noch davon abhalten, ihm einige Brote für die – knapp zweistündige (!) – Fahrt zu schmieren und Notfallkonserven in eine seiner Reisetaschen zu packen.

      »Ruf mich bitte sofort an, wenn du dort angekommen bist, Papa. Und am Wochenende besuche ich dich natürlich«, sagte Tabea.

      Cornelius wusste nicht recht, ob dies eine Drohung oder ein Versprechen sein sollte. »Ich komm schon zurecht. Kümmere du dich lieber um dein Studium.«

      Tabea grinste nur.

      Nachdem sie den Großstadtverkehr hinter sich gelassen hatten, ging es auf der Autobahn Richtung Flughafen zügig voran. Jetzt, Ende April, war noch keine Urlaubszeit und mit ein bisschen Wehmut musste er daran denken, dass in wenigen Tagen das Sommersemester an der Universität beginnen würde.

      »In Neukirchen wird am ersten Mai bestimmt ein Maibaum aufgestellt«, sagte Ramona. »Vielleicht wirst du ja die nächsten Tage zum Wachdienst abkommandiert, damit ihn niemand klauen kann. Das macht man doch auf dem Land so, nicht wahr?«

      »Ja, mein Schatz, das wird dort durchaus noch so gehandhabt. Ich erinnere mich sogar daran, dass Lukas etwas in der Art erwähnt hat. Allerdings glaube ich nicht, dass sie einem Ortsfremden gleich so eine heikle Aufgabe anvertrauen werden. Ein Maibaumdiebstahl ist schließlich eine ernste Sache.«

      »So ein Unsinn. Wie kann man nur wegen eines angemalten Holzstücks so ein Theater verursachen. Bin ich froh, dass ich das nicht mitmachen muss.«

      Cornelius fand die Aussicht auf eine feierliche Maibaumeinweihung mit einem richtig zünftigen Dorffest im Anschluss eigentlich sehr vielversprechend.

      »Wer weiß, vielleicht versucht Neukirchen sogar, den Maibaum eines anderen Dorfs zu stehlen und ich werde zum Schmiere stehen eingeteilt.« Er lachte. »Das wäre ja was.«

      Ramonas sorgfältig geschminkten Brauen wanderten nach oben. »Gregor, ich hoffe doch sehr, du lässt dich dort nicht in irgendwelchen Unsinn mit hineinziehen. Auch wenn du jetzt im Ruhestand bist, denk bitte daran, dass ich auch einen Ruf zu verlieren habe.«

      Er wusste zwar nicht, ob der Diebstahl eines niederbayrischen Maibaums es bis in die Münchner Boulevardpresse schaffen würde, dennoch gelobte er an dieser Stelle feierlich, sich von allem fernzuhalten, das nach Ärger oder – wie sie es nannte – Unsinn aussah, um ihre gesellschaftliche Position, um die es ihm selbst noch nie besonders bange war, nicht zu gefährden.

      An der nach wie vor hochgezogenen Augenbraue erkannte Cornelius, dass seine Frau von seinen Beteuerungen alles andere als überzeugt war. Zum Glück hatten sie in diesem Moment den Flughafen erreicht und sie musste ihre Aufmerksamkeit notgedrungen den unzähligen Taschen und Koffern schenken, die es nun aus dem Auto zu bugsieren und auf einen Gepäckwagen zu hieven galt. Dies war natürlich seine Aufgabe, aber irgendjemand musste das Ganze ja auch dirigieren.

      Es dauerte eine Weile, bis sie der entgeisterten Angestellten am Schalter erklärt hatte, dass der voluminöse Kofferberg ihr Gepäck sei, das selbstverständlich abgefertigt werden müsse. Nachdem sie eine – in seinen Augen – horrende Summe für Übergepäck bezahlt hatte, wandte sie sich ihm lächelnd zu. »Jetzt heißt es Abschied nehmen.«

      Obwohl sie ihn mit dieser Kreuzfahrt hätte jagen können, verspürte er plötzlich eine Art Trennungsschmerz. Tabea hatte recht: Ramona und er waren, seit sie sich kennengelernt hatten, noch nie wirklich lange ohne den anderen gewesen – und schon gar keine vier Wochen. Er bemerkte, dass es ihr genauso ging. Umständlich nestelte sie an seiner – von ihr am Morgen ohnehin tadellos gebundenen – Krawatte herum.

      »Und wenn du es gar nicht aushältst, dann fahr nach Hause – oder komm hinterher, und wir gabeln dich in einem der Häfen auf«, sagte sie ungewohnt sanft.

      *

      Neukirchen war genau das, was man sich unter einem idyllischen Motiv für einen Postkartengruß aus Bayern vorstellte. Es lag knapp dreißig Kilometer von Landshut entfernt in einem ebenen Landschaftsabschnitt mit nur einigen sanften Hügeln im Hintergrund und gehörte auch unter den Dörfern zu den eher kleineren Vertretern dieser Spezies. Doch immerhin besaß es neben zahlreichen Bauernhöfen einen eigenen Gemischtwarenladen und – genau gegenüber der schmucken Kirche mit ihrem markanten gotischen Turm – ein stattliches Gasthaus. All das nahm Cornelius aufmerksam wahr, als er nach zwei Stunden Fahrt die dörfliche Hauptstraße entlangrollte, die sich gleichsam L-förmig an den Häusern vorbeizog. Von ihr gingen nur drei weitere Straßen ab – eine direkt neben dem Gasthaus, das sich in etwa der Ortsmitte befand, und zwei weitere am westlichen Dorfende. Diese Beobachtung hatte er jedoch nicht seinem aufmerksamen Auge zu verdanken, sondern Tabea, die alles, was sie über Neukirchen im Internet finden konnte, für ihn ausgedruckt hatte. Er musste zugeben, dass es nicht gerade viele Seiten waren – genau genommen zwei –, die sie ihm schließlich mit einem Da-siehst-du-mal-was-das-für-ein-kleines-Nest-ist-Blick präsentiert hatte.

      Die Tatsache, dass er momentan nur sehr langsam fuhr, lag daher nicht an dem undurchdringbaren Straßendschungel Neukirchens, in dem er sich nur mühsam zurechtfand, sondern an einem Traktor mit Anhänger, der seit etwa

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