Walpurgisnacht: Niederbayern-Krimi (German Edition). Karoline Eisenschenk
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Читать онлайн книгу Walpurgisnacht: Niederbayern-Krimi (German Edition) - Karoline Eisenschenk страница 8
»Reg dich wieder ab, ich fahr ja schon weg«, brummte Hartmann. »Das ist übrigens der Leitner Wirt. Aber zum Glück kümmert sich hauptsächlich seine Frau um den Gasthof«, sagte er dann zu Cornelius.
Der Leitner Wirt hatte mittlerweile den Motor abgeschaltet und beugte sich neugierig aus dem Fenster. Das Objekt seiner Begierde war ganz eindeutig Cornelius, und dieser erlöste ihn von seinen Höllenqualen, indem er sich – zum dritten Mal an diesem Tag – vorstellte. Doch jetzt genügte bereits die Erwähnung seines Namens und Leitner wusste – zweifellos durch seine Frau – sofort, um wen es sich handelte. Dies tat er auch lauthals kund.
»Dann sind Sie der Professor aus München, der bei den Albrechts im Haus wohnt!«, rief er triumphierend. »Meine Anna hat mir schon von Ihnen erzählt.«
»Professor?«, fragte Wolfgang Hartmann verwundert. »Sind Sie etwa Arzt?« Aus seiner Stimme war plötzlich Interesse zu hören.
»Nein, nein«, wiegelte Cornelius schnell ab. »Ich hatte bis vor Kurzem einen Lehrstuhl für Mittelalterliche Geschichte an der Universität in München, aber jetzt bin ich emeritiert … also im Ruhestand«, fügte er hinzu, bereute diese oberlehrerhafte Erklärung aber sofort.
»Aha.« Hartmanns Begeisterung hielt sich denn auch sichtbar in Grenzen. Cornelius konnte seine Gedanken förmlich lesen. Sein Einstand bei ihm war wahrlich nicht besonders gelungen. Zuerst zwang er ihn beinahe zu einem Zusammenstoß mit einem Toilettenhäuschen und jetzt gab er auch noch den neunmalklugen Wissenschaftler vor ihm ab.
»Waren Sie schon bei meiner Anna, Herr Professor, um sich den Schlüssel zu holen?«, rief der Leitner Wirt. »Unser Gasthaus ist rund um die Uhr geöffnet, müssen Sie wissen. Dort können Sie jederzeit vorbeikommen.«
»Ja, weil deine Anna rund um die Uhr am Arbeiten und Schuften ist«, brummte Wolfgang Hartmann. »Danke für die Einladung, Herr Professor. Vielleicht ein anderes Mal, aber jetzt muss ich noch was erledigen. Auf Wiedersehn«, sagte er dann und ging, ohne den Wirt noch weiter zu beachten, zu seinem Wagen.
Leitner hatte den Motor seines Traktors mittlerweile wieder angelassen. »Wollen Sie mit mir mitfahren, Herr Professor?«
Cornelius lehnte dankend ab. Bis er in das Führerhaus dieses Traktors geklettert wäre, würde er zu Fuß zehnmal am Gasthaus angekommen sein.
»Ich sag dann meiner Anna Bescheid, dass Sie unterwegs sind. Unser Gasthaus ist gleich da vorn auf der rechten Seite, gegenüber der Kirche. Ich bin übrigens Johann Leitner, Landwirt und Eigentümer des Gasthauses Leitner.«
Ich weiß, dachte Cornelius. »Vielen Dank für die detaillierte Wegbeschreibung, Herr Leitner. Ich denke, ich werde Ihr Gasthaus jetzt nicht mehr verfehlen.« Dieses Mal bereute er seinen oberlehrerhaften Ton nicht.
Johann Leitner sah ihn irritiert an. Dann nickte er Cornelius kurz zu und setzte seinen schweren Traktor wieder in Bewegung. Als er langsam die Hauptstraße Richtung Gasthaus entlangfuhr, hinterließen die Räder eine deutliche Dreckspur auf dem Asphalt.
Kapitel 4
Schon beim Betreten des Gasthauses wusste Cornelius, warum Wolfgang Hartmann von Glück gesprochen hatte, als er Anna Leitner erwähnte. Die Gaststube war gemütlich und mit viel Liebe zum Detail eingerichtet. Auf jedem Tisch stand eine kleine Vase mit selbst gepflückten Blumen, die rot-weiß karierten Vorhänge passten genau zu den Lampenschirmen und die alten Werkzeuge an den holzvertäfelten Wänden waren so sorgfältig poliert, dass sich die Nachmittagssonne darin spiegelte. Für einen kurzen Augenblick sah er sich und Tabea im Gasthof Leitner zu Mittag essen, doch er verwarf diesen Plan sofort wieder. Er konnte sich den deplatzierten Kommentar seines verwöhnten und naserümpfenden Nachwuchses beim Anblick der Gaststube lebhaft vorstellen und wollte diesen sowohl sich selbst als auch der ihm bisher noch unbekannten Anna Leitner gerne ersparen.
Alles war so sauber und ordentlich, er konnte sich nicht vorstellen, dass die Wirtin dieses Hauses tatsächlich mit Johann Leitner verheiratet war. Im Moment saßen keine Gäste an den Tischen, aber wer hatte schon an einem Freitagnachmittag Zeit für ein gemütliches Bier im Gasthaus? Cornelius trat an den blitzblanken Tresen und schlug auf die dort abgestellte Klingel. Wenig später hörte er eilige Schritte und eine Tür, die die Aufschrift »privat« trug, wurde schwungvoll geöffnet.
Eine attraktive Frau Ende vierzig kam ihm entgegen. Sie trug ein imposantes Dirndlkleid und streckte lächelnd ihre Hand aus. »Grüß Gott. Sie sind bestimmt Professor Cornelius. Mein Mann hat mir schon gesagt, dass er Sie auf dem Weg hierher getroffen hat. Ich bin Anna Leitner.«
»Ja, das stimmt. Gregor Cornelius. Grüß Gott«, entgegnete er in der Hoffnung, nicht immer und überall mit seinem Titel angesprochen zu werden. Doch diese wurde sogleich zunichte gemacht.
»Möchten Sie vielleicht eine Tasse Kaffee und ein Stück Kuchen, Herr Professor? Die Fahrt war doch bestimmt anstrengend.« Anna Leitner sah ihn prüfend an.
Wenn er ehrlich war, war die Fahrt nicht halb so anstrengend gewesen wie die erste halbe Stunde, die er zu Fuß in Neukirchen verbracht hatte, aber das musste er ihr ja nicht sagen. Cornelius dachte kurz daran, dass er ab sofort alleine für seine Verpflegung zuständig war und jede Menge unbekannte Geräte in einer noch unbekannteren Küche auf ihn warteten. »Kaffee und Kuchen wären wunderbar«, sagte er deshalb.
»Hier ist der Schlüssel. Und wenn Sie irgendetwas brauchen sollten, Herr Professor, dann sagen Sie einfach Bescheid. Carola Schäfer, meine Schwester, kommt zweimal in der Woche zum Putzen vorbei.« Anna Leitner reichte ihm einen Schlüsselbund und nickte ihm aufmunternd zu.
Das Tablett mit der Kaffeetasse und einem überdimensionalen Stück Schwarzwälder Kirschtorte wurde von einer hübschen, aber sehr schüchternen jungen Frau serviert, die ihm von Anna Leitner als Amelie Hartmann vorgestellt wurde.
»Hartmann? Sind Sie etwa die Tochter von Wolfgang Hartmann?«, fragte er mit einem aufmunternden Lächeln. Sie nickte zaghaft, und Cornelius erzählte den beiden Frauen von seiner nachmittäglichen Begegnung. Amelies ohnehin schon verschlossenes Gesicht verdüsterte sich bei der Erwähnung von Sascha Eichingers Namen noch mehr, und auch Anna Leitner sah plötzlich verlegen zwischen Amelie und ihm hin und her.
»Ich geh dann mal wieder in die Küche, Anna. Auf Wiedersehen, Herr Cornelius«, sagte Amelie am Ende seiner Ausführungen, und ehe Anna noch etwas erwidern konnte, war sie auch schon verschwunden.
Erstaunt blickte Cornelius dem Mädchen hinterher. »Was hat sie denn auf einmal? Habe ich etwas Falsches gesagt?«
»Nein, nein«, wiegelte Anna Leitner schnell ab und wischte mit einem Geschirrtuch den ohnehin schon blitzblanken Tresen ab. »Es ist nur … also der Hartmann und der Sascha Eichinger, die …« Doch leider sollte er nicht mehr erfahren, was genau zwischen den Hartmanns und Sascha Eichinger eigentlich los war, denn in diesem Augenblick wurde die Tür zum Gasthaus geöffnet und ein Mädchen und ein Junge, beide kaum älter als fünf Jahre, stürmten herein, dicht gefolgt von einem jungen Mann.
»Der Daniel hat mit uns ganz lustige Sachen gemacht«, plapperte der Junge sofort munter drauflos.
»Kriegen wir ein Eis, Tante Anna?«, fragte das Mädchen und musterte dann Cornelius von oben bis unten. »Wer bist denn du?« Sie hatte ihre Stirn dabei in Falten gelegt. Offensichtlich passierte es in Neukirchen nicht jeden Tag, dass ein Ortsfremder im Gasthaus saß.
Die zwei waren ihm auf Anhieb sympathisch. Er beugte