Clans von Cavallon (2). Der Fluch des Ozeans. Kim Forester

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Clans von Cavallon (2). Der Fluch des Ozeans - Kim Forester Clans von Cavallon

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seine Sorge war unbegründet – sie würdigten den Koffer keines Blickes. »Wir wissen nichts von einem Porträt«, erwiderte der Wächter, der Lysander mit dem Speer gepikt hatte. Schnell klappte Lysander den Koffer zu und wich zurück, für den Fall, dass der Wächter vorhatte, es noch mal zu tun.

      »Ohne Anordnung von oben darf niemand zum König«, ergänzte der andere.

      Bei diesen Worten kam Lysander eine weitere Idee. Anordnung von oben. Es gab nur wenige Zentauren, die die nötige Autorität besaßen.

      Glücklicherweise war Lysander mit einem von ihnen verwandt.

      Das ist eine ganz schlechte Idee, warnte Alexos in Lysanders Vorstellung. Was, wenn er es herausfindet?

      Wenn es funktioniert, war es das wert, erwiderte Lysander. Oder fällt dir etwas Besseres ein?

      Der Alexos in seinem Kopf blieb stumm.

      Also richtete sich Lysander zu seiner vollen Größe auf und verkündete: »Ich bin Lysander Diomedes, Sohn von Lord Diomedes. Es war seine Idee, dass ich ein Porträt des Königs anfertigen soll. Wenn Ihr so freundlich wärt, mir Eure Namen zu nennen, dann kehre ich gerne wieder um. Mein Vater wird bestimmt wissen wollen, wer die Wächter sind, die sich seinem Wunsch in den Weg stellen.«

      Er sah die beiden erwartungsvoll an, wobei er sich zwang, ihnen direkt in die Augen zu blicken, wie es sein Vater immer tat, wenn er Lysander etwas gefragt hatte.

      Der Wächter mit dem Speer stellte sich aufrecht hin. »Ich bitte vielmals um Verzeihung, junger Lord Diomedes. Wir hätten Euch gleich erkennen müssen.«

      Der andere hielt ihm die Tür auf. »Bitte hier entlang, der Herr.«

      Erhobenen Hauptes trat Lysander in den Schatten der Eingangshalle. Dort wurde er an einen weiteren Wächter verwiesen, dessen Uniform zusätzlich zu dem goldenen Helm über eine rote Schärpe verfügte, was bedeutete, dass er zur Leibgarde des Königs gehören musste.

      Auch dieser Wächter gab sich ausgesprochen dienstbeflissen, sobald er hörte, dass Lysander Lord Diomedes’ Sohn war, und führte ihn umgehend in den Palast. »Ich habe Euren Vater immer bewundert«, sagte er. »Wir können uns glücklich schätzen, ihn zu haben.« Obwohl die Flure kühl und die Böden mit weichem Gras bewachsen waren und der Wächter ihn darüber hinaus durch zwei offene, luftige Gärten führte, schwitzte Lysander genauso stark wie bei seinem Gang durch die Stadt.

      Der Leibgardist ging voran und führte ihn eine mit Gras bewachsene Rampe hinauf, die zu beiden Seiten von Blumen in verschiedenen Rot- und Rosatönen gesäumt wurde, dann folgten weitere Gärten und weitere Rampen, bis sie schließlich das oberste Stockwerk erreichten. Zu guter Letzt kamen sie an eine breite, zweiflügelige Tür aus dunklem Kirschholz. In das Holz war ein Bild von der Gründung Corlandias geschnitzt worden. Der Detailreichtum war atemberaubend. Lysander hätte Stunden damit verbringen können, die Schnitzerei zu betrachten.

      »Lord Diomedes’ Sohn«, sagte der Leibgardist zu zwei weiteren Wachen, die vor der Tür standen. »Er ist hier, um ein Porträt Seiner Majestät anzufertigen.« Die beiden reckten das Kinn und musterten Lysander voller Respekt. Er nickte ihnen zu und schloss seine schweißfeuchten Finger noch etwas fester um den Griff des Koffers. Sein Herz hämmerte von innen gegen seinen Brustkorb. Jeden Augenblick würde er dem König gegenüberstehen.

      Die beiden Wachen öffneten die Türflügel und bedeuteten Lysander einzutreten. Er schritt hindurch und sah sich mit einer Mischung aus Staunen und Verwirrung um.

      Die Fensterläden waren geschlossen, sodass nur wenig Licht hereinfiel. Es war gerade hell genug, dass Lysander die Umrisse der Möbel erkennen konnte, die zwar altmodisch, aber von allerfeinster Qualität waren. Zwei große, mit filigranen Schnitzereien verzierte Schränke nahmen eine der Wände vollständig ein und vor dem Fenster stand ein ausladender runder Tisch. Ein weiteres hohes, schmales Möbelstück war unter einem Tuch verborgen, als sei es schon lange nicht mehr benutzt worden. Eine Standuhr?, überlegte Lysander. Oder eine Vitrine? Bei genauerer Betrachtung stellte er fest, dass die Fenster keine Fenster waren, sondern faltbare Türen, die sich nach außen öffnen ließen. Was im Grunde auch praktisch war – dieser Raum lag auf der Rückseite des Palastes, mit Blick auf den Ozean. Wenn die Türen offen waren, würde sich das Zimmer in eine luftige, sonnendurchflutete Dachterrasse verwandeln. Warum waren sie dann alle geschlossen?

      Und wo war König Orsino?

      Ein beißender Geruch hing in der Luft, der Lysander an den Essig erinnerte, mit dem die Bediensteten zu Hause die Fenster in der Eingangshalle putzten.

      Ein unheilvolles Gefühl stieg plötzlich in ihm auf und sandte ein Kribbeln durch Lysanders Rückgrat und über seine Flanken. »Äh, Verzeihung.« Er wandte sich zu den Wachen um. »Ich dachte, der König wäre hier?«

      Einer der Wächter lachte. »Aber das ist er doch. Zieh das Laken beiseite, dann siehst du ihn.«

      Es dauerte eine Weile, bis Lysander das volle Ausmaß dieser Worte begriff. Schließlich trat er langsam auf das große, mit einem Tuch bedeckte Möbelstück zu. Es hatte eine seltsame Form – nicht glatt und eckig, wie man es von einem normalen Möbelstück erwarten würde, sondern voller kleiner und großer Rundungen. Der beißende Geruch war hier noch stärker.

      Mit zittrigen Fingern griff Lysander nach dem Laken. Er hielt die Luft an, um sich gegen den Gestank zu wappnen, und zog das Tuch beiseite.

      Er blickte in König Orsinos graue, leblose Augen.

      Kapitel 6

      Nixi wich mit einem Satz zurück. Der Steg stand in Flammen und das Feuer ging bereits auf die ersten Schiffe über! Gleich darauf wurde sie von einem der Monster beiseitegestoßen, das mit fliegenden Tentakeln an ihr vorbeipreschte. Sie sah das Weiße in seinen aufgerissenen Augen, dann sprang es über die Feuerwand und stürzte sich winselnd ins Wasser. Auch die Kelpies flohen schreiend zurück ins Meer, um sich vor den Flammen in Sicherheit zu bringen.

      »Nixi!«, rief eine Stimme.

      Es war Gryce. Neben ihm stand Jenera. Ihre Haarspitzen waren versengt und auf ihrer Wange glitzerte silbrig grünes Blut. Mit vereinten Kräften halfen sie Nixi zwischen den brennenden Schiffen und Kisten hindurch zurück auf die gepflasterte Gasse. Dort waren sie zwar vor den Flammen geschützt, doch die Hitze, die ihnen entgegenschlug, brannte entsetzlich auf Nixis schuppiger Haut. Der Schmerz war kaum auszuhalten, viel schlimmer, als sie ihn früher als Mensch wahrgenommen hätte. Sie fühlte sich, als wäre sie im Inneren einer Petroleumlampe gefangen.

      Es soll so höllisch lodern, dachte sie benommen. Dieses Feuer musste der Abwehrmechanismus sein, von dem Kapitän Dobber gesprochen hatte. Wie hatten sie das gemacht? Hatten sie Ölfässer in Brand gesetzt? Mit petroleumgetränkten Seilen, die sie an einem Ende angezündet hatten? Die Bewohner der Festungsinsel hatten schon immer auf Feuer gesetzt, um das Meervolk fernzuhalten, das sie fälschlicherweise für Geister hielten. Aber bisher hatten sie bloß draußen vor ihren Geschäften Laternen brennen lassen oder waren nachts nur mit einer Fackel in der Hand auf die Straße gegangen. Nixi hätte nie gedacht, dass sie bereitwillig in Kauf nehmen würden, die ganze Insel abzufackeln, um ihr Zuhause zu retten.

      Na ja, dachte Nixi weiter, während sie Jeneras und Gryce’ Hände abschüttelte. Manchmal

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