Clans von Cavallon (2). Der Fluch des Ozeans. Kim Forester
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Читать онлайн книгу Clans von Cavallon (2). Der Fluch des Ozeans - Kim Forester страница 7
»Ich helfe dir bei der Suche«, meldete sich Selela plötzlich zu Wort. Ihre Miene war traurig, aber entschlossen. Sie kannte das Gefühl, ein Familienmitglied zu verlieren, nur allzu gut. Auf ihren kastanienbraunen Flanken prangten immer noch die Streifen aus getrocknetem Schlamm, als Zeichen der Trauer um ihr kleines Fohlen, das vor nicht allzu langer Zeit von einem Adler gerissen worden war.
Durch Selelas Worte angespornt, boten weitere Pegasus ihre Unterstützung an. »Ich werde ebenfalls nach ihm Ausschau halten«, sagte Baros. »Du hast recht, Aquilla. Wir können ein Mitglied unserer Herde nicht einfach im Stich lassen.«
Aquilla wurde ganz warm ums Herz. »Danke«, antwortete sie mit belegter Stimme. »Ich denke … es wäre am besten, wenn ihr hier in den Bergen nach ihm sucht. Ich fliege nach Coropolis.«
Odelia schlug mit dem Schweif. »Das ist viel zu gefährlich!«, warnte sie. »Du kannst nicht dorthin zurück.«
»Als ich versucht habe, Jaren aus dem Gefängnis zu befreien, bin ich einem Mann begegnet, der mich für Aquoro gehalten hat«, erklärte Aquilla. »Er hat ihn eindeutig gesehen, denn er hat mir erzählt, dass Aquoro verschleppt worden ist. Und zwar von einem … Minotaurus.«
Ein überraschtes Raunen ging durch die Herde. Kein Wunder: Die Minotauren waren vor Hunderten von Jahren ausgestorben.
»Kann sein, dass der Mann den Verstand verloren hat«, räumte Aquilla ein, »und ich weiß, dass es ziemlich unwahrscheinlich klingt. Der Mann … ist inzwischen tot.« Sie blinzelte, als die Erinnerung, wie sein ausgemergelter Körper, von Zentaurenpfeilen durchbohrt, von ihrem Rücken fiel, wieder in ihr hochkam. »Aber vielleicht steckte in seinen Worten ja ein Körnchen Wahrheit.«
»Ich finde, dem sollten wir auf jeden Fall nachgehen«, meinte Jaren.
Aquilla sah ihn ungläubig an. »Du kommst mit?«
Er nickte. »Na klar. Was dachtest du denn?«
»Aber Jaren, du wurdest dort ins Gefängnis gesteckt. Was, wenn sie dich wiedererkennen?«
»Und ein riesiger Pegasus, der über ihren Köpfen herumflattert, wird ihnen nicht weiter auffallen, oder was?«, entgegnete er. Er schauderte. »Bei diesem Wind kriege ich fast schon Heimweh nach meiner Zelle. Da war es wenigstens warm.«
Aquilla prustete ihm zärtlich ins Haar. Mit Jaren an ihrer Seite erschien ihr Vorhaben mit einem Mal nicht mehr ganz so beängstigend.
»Mögen die Sterne über eure Reise wachen«, ertönte eine tiefe Stimme. Rostro war dazugekommen. Er nickte erst Aquilla und dann Jaren zu.
»Ihr solltet besser gleich aufbrechen«, riet Odelia nüchtern. »Nachts seid ihr schwerer zu entdecken.«
»Danke«, sagte Aquilla zu ihrer Herde. Mehr brachte sie nicht heraus, denn in ihrem Hals steckte plötzlich ein dicker Kloß. Aber bestimmt wussten die anderen, dass sie es aus ganzem Herzen meinte.
Jaren hielt sich an ihrer Mähne fest und schwang sich wieder auf ihren Rücken. Inzwischen fühlte sich das vollkommen natürlich an, als müsste es einfach so sein. Sie waren ein Team. Aquilla breitete die Flügel aus und stieg über die zerklüfteten Gipfel auf. Unter ihr wurden die Pegasus kleiner und kleiner.
Sie umkreiste den Berg einmal, um sich zu orientieren, und wandte sich dann Richtung Süden. Ich werde dich finden, Aquoro. Wo auch immer du bist.
Kapitel 4
Nixi hatte geglaubt, sie wüsste inzwischen, wozu ihr Meermenschenkörper imstande war, doch die Geschwindigkeit, mit der sie nun durchs Wasser schoss, übertraf alles, was sie bisher erlebt hatte. An ihrer Seite pflügten die anderen Meermenschen durch das von den Hufen der Kelpies aufgewühlte Wasser – den Ungeheuern hinterher, die der Festungsinsel immer näher kamen.
In dem Chaos verlor sie Sorshas blassgrüne Mähne bald aus den Augen. Sie fand sich neben Jenera wieder, einer Meerfrau, die ein paar Jahre älter war als sie. Jenera war ertrunken, als sie versucht hatte, von der Festungsinsel wegzukommen, daher war Nixi überrascht, dass sie jetzt so schnell auf die Oberfläche zuschwamm, wie sie nur konnte. Ihr offenes, seegrasartiges Haar trieb wie ein Schweif hinter ihr her. Vielleicht lebt auf der Insel jemand, der ihr immer noch wichtig ist.
Neben ihnen kämpfte sich auch Gryce nach oben, ein Meermann, den Nixi in der Speiselagune kennengelernt hatte, wo Meervolk und Kelpies ihre Mahlzeiten einnahmen. Er hatte einen kurzen, zerzausten Bart und einen entschlossenen Ausdruck im Gesicht. Nixi schätzte, dass er Anfang zwanzig gewesen sein musste, als er ertrunken war. Hat er auch jemanden auf der Insel? Eine Frau vielleicht oder ein Kind?
Nixi selbst wollte natürlich ihre Gang verteidigen: die pfiffige und gewitzte Sylvie, Rye, der gerne wie der Boss auftrat, es aber eigentlich nur gut meinte, Granit, Karah, Dewey, Linus und der kleine Tamin. Und Floss, die Nixi so sehr an ihre verstorbene Schwester Mari erinnerte. Wenn diese Monster ihnen irgendetwas antun …
Als Nixi bei den Docks der Festungsinsel an die Oberfläche schoss, hatten die Kreaturen bereits das Ufer erreicht. Ihre Tentakel schleiften über den sandigen Untergrund, doch das knirschende Geräusch wurde schon bald von ihrem markerschütternden Kreischen übertönt. Den Menschen auf den Docks stand das Entsetzen ins Gesicht geschrieben. Zwei Seemänner ließen die Obstkisten fallen, die sie gerade in ihr Boot laden wollten, und hielten sich die Ohren zu. Das Obst rollte über die Planken und brachte diejenigen, die zu fliehen versuchten, zu Fall. Die größte der Kreaturen ließ ihre riesigen Vorderhufe auf den Anleger krachen und zog sich mit einer geschmeidigen Bewegung hinauf. Sie stieß ein furchterregendes Heulen aus. Ihre Rückenflosse ragte bedrohlich in die Höhe.
»Die Kelpies greifen an!«, schrie ein Seemann. »Lauft!«
Nixi hielt auf den Steg zu. Hastig kletterte sie hinauf, während das Wasser von ihren Schuppen strömte und tropfte. Oben angekommen, beugte sie sich vor, um Jenera an Land zu helfen. Einige Kelpies sprangen leichtfüßig aus dem Meer und gingen auf eines der Ungeheuer los, das einen Seemann zu Boden gerissen hatte und gerade seine spitzen Zähne in dessen Schulter schlug. Nun erst erkannte Nixi, wie groß diese Monster waren: Es brauchte die vereinten Kräfte von sechs Kelpies, um die Kreatur von ihrer menschlichen Beute wegzuzerren.
Nixi, Jenera und Gryce stürzten sich ins Gefecht. Nixi stach mit ihrem Speer auf die Monster ein. Jedes Mal, wenn sie eines von ihnen traf, stieß es sein schauderhaftes Kreischen aus und schon bald waren die Planken mit schlammigem braunem Blut überzogen. Eines der Ungeheuer schlug mit seinen Tentakeln nach ihr und erwischte ihr Bein.
Nixi geriet ins Taumeln, doch Gryce eilte ihr zu Hilfe und trennte den Fangarm des Monsters mit einem gezielten Schlag vom Rumpf. Mit weit aufgerissenem Maul ging das Ungeheuer auf ihn los. Nixi und Jenera nutzten diesen Moment, um es mit einem kräftigen Stoß aus dem Gleichgewicht zu bringen. Das Monster fiel seitlich vom Steg und schlug mit einem heftigen Platschen auf dem Wasser auf.
Zum Durchschnaufen blieb jedoch keine Zeit. Ganz in der Nähe versuchte ein stämmiger Seemann, eine der Kreaturen mit einem Bootshaken abzuwehren, was diese allerdings nicht sonderlich zu beeindrucken schien. Zähnefletschend kroch sie immer weiter auf ihn zu.
»Kapitän Dobber!«, rief Nixi und rannte