Die Breitseite des Lebens. Ingo Irka

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Die Breitseite des Lebens - Ingo Irka

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Betrieb fühlte er sich auch wohl und seine Arbeitskollegen waren ihm über die Jahre hinweg direkt an das Herz gewachsen.

      Allen voran Tristan, ein anderer Angestellter dieser Firma. Er hatte seine Sympathie damals im Handumdrehen gewonnen, als er erfuhr, dass auch ihn das Schicksal nicht gerade mit glückseligen Momenten überhäuft hatte. Auch er hatte eine unliebsame Trennung hinter sich. Und auch bei ihm spielte ein Mitglied der Familie dabei eine entscheidende Rolle. Nur, dass es in seinem Falle nicht der Bruder, sondern vielmehr sein Vater war. Sein eigener Vater war es, der ihm seine damalige Partnerin abspenstig machte und sie letzten Endes sogar vor den Traualtar führte. Ja, solch kühne und abstruse Späße mochte das Leben zeitweilig spielen. Im Gegensatz zu ihm hatte Tristan sich von diesem Spaß jedoch nie wieder erholt und schwor der Frauenwelt seitdem zur Gänze ab. „Lieber ohne Frau und nur halbwegs glücklich, als mit Frau und todunglücklich“, so seine Maxime.

      Edgar bog rechts ab und fuhr auf das Firmengelände. „Sie haben Ihr Ziel erreicht“, tönte ihm die Stimme aus dem Navi entgegen. Wie automatisch steuerte er seinen Parkplatz an. Dann ging er über das halbleere Areal hin zum Hauptgebäude. Die Schotterkörner dort pressten sich in die Rillen seines Schuhabsatzes. Jeder Schritt wurde von einem Knacken begleitet. Doch plötzlich hörte es auf zu knacken. Edgar blieb stehen und sah auf seinen Absatz. Er war in Hundekacke getreten. „Na, das passt ja zum heutigen Tag wie die Faust aufs Auge“, murrte er angewidert. Dann putzte er in der Wiese notdürftig seinen Schuh ab und ging weiter zum Eingang, wo schon Tristan beim Kaffeeautomaten auf ihn wartete. Er hatte sich auch bereit erklärt für die nächsten paar Tage den Journaldienst zu übernehmen. Warum auch nicht? Er hatte Zeit im Übermaß und niemand wartete auf ihn zuhause. Da sah er den Zusatzdienst sogar eher als Aufbesserung seines Kontostandes, denn als Belastung an.

      „Salve, du Sack“, überfiel er Edgar gleich mit einem verschmitzten Lächeln. „Und, hast du deine Urlaubsvorbereitungen schon abgeschlossen? Oder wisst ihr immer noch nicht wohin die Reise gehen soll?“

      Er reichte ihm einen Pappbecher mit Cappuccino, als er plötzlich die Nase rümpfte.

      „Sag mal, hier riecht es, als hätte sich jemand angekackt. Das ist ja ekelhaft. Riechst du das auch?“, sah er ihn fragend an.

      Edgar schüttelte nur verschämt den Kopf, obgleich der Gestank auch ihm bereits aufgefallen war. Er griff nach dem Becher, bedankte sich und nippte kurz.

      „Das Einzige, das ich rieche, ist der Ärger bei uns zuhause“, überging er seine Frage einfach. „Du weißt ja, dass wir vorgehabt hätten, nach Griechenland zu fliegen. Alle vier. Aber du kennst ja auch Lydia und ihre utopischen Forderungen. Alles muss inkludiert sein. Vom Essen bis zum Trinken. Von den Liegen bis zu den Schirmen.“

      Er rollte verständnislos seine Augen.

      „Kreta, Heraklion oder Mykonos fallen vorneweg schon flach. Da wimmelt es ihr von zu vielen Touristen. Ein Pool und Meeresblick vom Hotelzimmer aus sind für sie Grundvoraussetzungen. Und außerdem dürfe es kein billiger Standardurlaub sein. Die Kosten könnten sich heuer ruhig einmal im oberen Segment bewegen. Für zwei Wochen, versteht sich.“

      Seine Finger formten sich zu einer Pistole, die er sich an die Schläfe hielt und abdrückte.

      „Da kann ich mir gleich die Kugel geben. Mit diesen Kriterien werde ich sicher nichts Entsprechendes finden. Also werden wir auch heuer unter dem Strich nicht umhin kommen, wieder einmal nach Kroatien zu fahren. Mir graut jetzt bereits davor, wenn ich nur an die Autofahrt und ihre Launen denke.“

      „Tolle Voraussetzungen für harmonische vierzehn Tage also“, entgegnete ihm Tristan sarkastisch. „Warum bleibt ihr nicht einfach daheim und du verbringst deine freien Tage am Donausteig? Ist doch auch ganz in Ordnung. Es stimmt schon, hier hast du zwar keine Schönwettergarantie wie in Griechenland oder Kroatien. Dafür hast du eine Schönweibergarantie. Ein paar Brüste und knackige Ärsche für das Auge. Ein paar Bierchen in der Kantine. Und statt dem Meeresblick, eine nicht zu verachtende Aussicht auf unsere schöne Donau. Das kann sich doch auch alles sehen lassen, oder?“

      „Wenn es nach mir gehen würde“, antwortete er, „dann würde ich die zwei Wochen sogar auf einem heruntergewirtschafteten Bauernhof mit dreiäugigen Kühen und Albinoschweinen im ukrainischen Hinterland verbringen. Hauptsache ich bin dabei alleine und höre und sehe nichts von Lydia.“

      Edgar schnaufte angestrengt durch. Man konnte an seiner Miene regelrecht ablesen, dass die Situation zuhause ihn mehr als nur belastete. Die ewigen Sticheleien und der permanente Kleinkrieg mit Lydia nagten an ihm.

      „Es ist einfach nur mühsam. Erst letzte Woche hat sie mir wieder vorgeworfen, ich würde ihr und den Kindern viel zu wenig Beachtung mehr schenken und mich auch nicht genug in den Haushalt einbringen. Ich würde mich mehr und mehr zu einem Egoisten entwickeln und das Hauptaugenmerk nur auf mein persönliches Wohlempfinden richten.“

      In seiner Stimme schwang pure Resignation mit.

      „Dabei bin ich es wohlgemerkt, der fast täglich den Chauffeur für Clara und Sophia spielt. Ich bin es, der das Abendessen macht. Und ich bin es auch, der wohl bald ein dickes Minus am Konto haben wird, weil alle Anschaffungen von meiner Karte abgebucht werden. Ich kann dir nur sagen, wenn das so weitergeht, dann…“ Er stoppte an dieser Stelle.

      „Was ist dann?“, fragte Tristan neugierig nach, während er ein paar Schritte am Gang auf und ab ging und wie ein Hund den Boden beschnüffelte.

      Immer noch roch es untrüglich nach Fäkalien.

      „Willst du dich dann etwa scheiden lassen von deinem Hausdrachen? Du wärst doch der Letzte, der seine goldenen Handschellen gegen ein Singledasein eintauschen würde. Außerdem liegt der Sachverhalt in deinem Falle etwas anders als bei mir. Du hast nämlich Kinder, mein Freund. Ich kann am Abend meine Wohnungstüre mit ruhigem Gewissen aufsperren und bin froh darüber, dass mich lediglich das Echo der leeren Räume begrüßt. Du hingegen“, er stellte sich wieder neben ihn und schwenkte den Kaffeebecher in Edgars Richtung, „du würdest wahrscheinlich nicht einmal den Schlüssel im Schloss umdrehen, wenn du nicht wüsstest, dass deine zwei Töchter warten.“

      „Na, da täusch dich mal nicht“, konterte Edgar, während er andächtig seinen Ehering auf dem Finger hin und her schob. „Vielleicht steuert mein Leben in der nächsten Zeit schon in eine andere Richtung.“

      „Wie meinst du das? Hast du etwa ein neues Leben vererbt gekommen?“, lachte Tristan laut auf und verschüttete beinahe seinen Kaffee.

      Dabei streckte er seine Hände in die Höhe, als wolle er ein Stoßgebet für seinen Kollegen in den Himmel schicken.

      „Deine neue Richtung heißt höchstens Hinrichtung. Im Gefangenenlager, das sich Ehehafen nennt“, grinste er ihn an, „und das war es dann auch schon für dich.“

      Edgar überlegte einen Moment lang. Sollte er es ihm erzählen? Sollte er ihm anvertrauen, was sich heute Morgen bei ihm zugetragen hatte? Dass er ganz offensichtlich vorhatte, seiner Frau die Treue zu brechen? Oder sollte er seinen Freund unbehelligt lassen und das kleine Geheimnis für sich behalten? Schließlich kannte er seine Lydia ja auch. Etwa von dem einen oder anderen Besuch bei ihnen zuhause oder von diversen Firmenfeiern. Ein unachtsames Wort von ihm und schon hätte sie ihn bei den sprichwörtlichen Eiern und würde so schnell nicht loslassen. Sie würde ihm drohen, vorerst mit den Kindern zu ihren Eltern nach Traun zu ziehen. Dann stünde unweigerlich die Auflösung des extra eingerichteten Familienkontos im Raum. Als nächsten Schritt würde sie ihre Verwandtschaft und den Freundeskreis gegen ihn mobilisieren. Und dann, wenn die Wellen von ihr hochgepeitscht waren, dann würde sie darauf reiten und ihn langsam unter sich

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