Deutschland 1936 - Ein Jahr im braunen Dunst. Adolf, Dr. Küster

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Deutschland 1936 - Ein Jahr im braunen Dunst - Adolf, Dr. Küster

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nie gesehen. Viele Schmuckelemente bilden eine geschlossene Einheit.

      Zwei Ebenen mit je zwei Türen und jede erscheint wie ein Eingangsportal mit wunderschönen gedrechselten Säulen.

      “1603, zweistöckiger Fassadenschrank aus Ulm, Renaissance”, unterbricht der Herr Landgerichtsdirektor die Stille. Er hat wohl geahnt, was mir durch den Kopf geht.

      “Unbezahlbar?”, sage ich. Er schmunzelt.

      Nun halte ich die Zeit für gekommen, uns dem eigentlichen Thema zu widmen. ‘Villa mit großem Park abzugeben’, so hatte es in der Rottlinger Tageszeitung gestanden. Ich kenne von der ’Rottlinger’ einige Buchhalterinnen und so weiß ich, dass es mehrere Kaufinteressenten gibt.

      “Weshalb wollen sie diese Villa ausgerechnet mir verkaufen? Ihnen wird doch wohl nicht entgangen sein, dass ich die hiesige Reiter SA führe“. Der Landgerichtsdirektor schaut mich fragend an und schüttelt den Kopf.

      “Da muss ich gleich einen Irrtum ausräumen. Das Haus will ich nicht verkaufen, abgeben will ich es, so stand es auch in der Zeitung”.

      “Stimmt, aber was wollen sie? Abgeben, nicht verkaufen, was verstehen sie darunter?“

      “Ich hätte gern, dass dieses Haus in ihre Hände käme, weil ich sie für einen charaktervollen Menschen halte.”

      Aha, denke ich, was versteht er unter “Charakter”?

      “Sie haben 4 Kinder, ihre Ehe ist intakt, soweit ich weiß und sie gehen einem sehr angesehenen Beruf nach, da weiß ich mein Haus – das Haus meiner Eltern und Großeltern – in guten Händen.

      Sie müssen folgendes wissen: ich werde vorübergehend nach Amerika auswandern.

      Im hohen Alter möchte ich aber meine letzten Jahre nicht in Amerika verbringen, sondern hier in Rottlingen, wo die Weißens seit über 300 Jahren ansässig sind.

      Falls wir uns einig werden, übergebe ich ihnen dieses Haus für 2 x 10 Jahre gratis und franco mit der alleinigen Auflage, es instand zu halten.

      Sollte ich spätestens 1956 nicht wiederauftauchen, so geht diese Villa mit allem Inventar, samt Park am 31.12.1956 in ihren Besitz über.”

      Vorsicht! Vorsicht!

      Mahnt es machtvoll im Hirn vom Dr. Rübnitz. Wie kann man so etwas annehmen, da ist doch der Wurm drin.

      “Ich bin perplex. Wo hat es so etwas je gegeben. Einerseits…?“

      “Was ist, wollen sie das Haus nicht?“

      “Doch, doch, doch! Aber sie machen mich sprachlos. Ich verstehe sie nicht. Weshalb wollen sie nach Amerika?”

      “Da fragen sie noch?”

      “Ich will ihnen mal was sagen, und was ich jetzt sage, dafür können sie mich eher heute als morgen, in ein Konzentrationslager bringen lassen. Hitler ist ein Demagoge, darüber sind wir uns beide wohl noch einig. Aber, was kein Mensch hier in Deutschland wahrhaben will, Hitler ist nicht das Genie, für das er sich hält.

      Hitler ist ein Psychopath, der Deutschland nur ins Verderben führen kann.

      Ich hoffe, es geht schnell. Aber diese Hoffnung werde ich wohl begraben müssen. Dennoch, 2 x 10 Jahre dürften wohl ausreichen.”

      Oh, oh, oh, oh! Starker Tobak!

      Woher nimmt dieser Mensch, diese Gewissheit?

      Hat Hitler nicht schon eine Menge geschafft?

      Geht es uns nicht von Tag zu Tag besser?

      Uns ja, meldet sich wieder mein “alter Ego”. Aber was ist mit den anderen? Mit ihm hier, dem Schulkameraden!

      Oh könnte ich doch auftauchen aus diesem ‘Meer des Irrtums’.

      „Lass nur Fritz, da kann der alte Goethe auch nicht helfen.”

      “Sind wir uns einig?”

      „Ja, und nochmals ja!“

      Ab jetzt denke ich nur noch an Hildegard, Andi, Marie-Luise, Kurtchen und Bienchen, was werden die für Augen machen.

      “Lesen sie und wenn sie können, leisten sie bitte ihre Unterschrift. “

      Einen dreiseitigen Vertrag schiebt mir der Landgerichtsdirektor unter die Nase. Genauso, wie wir es gerade besprochen haben, lautet der Inhalt. Meine Augen bleiben hängen an dem verhängnisvollen Satz: ‘…am 31.12.1956 in seinen Besitz über’.

      Um Himmelswillen, das möge Gott verhindern. Unsere Familie will sich doch nicht bereichern an der Not der anderen. Ich unterschreibe: Dr. Fritz Rübnitz. Mir ist nicht wohl dabei.

      Christian Wilhelm Weiß wirkt erfreut, er lächelt. Eigentlich ein hübscher Kerl, denke ich, aber da fällt mir etwas Wichtiges ein.

      “Wo ist denn ihre Frau? Die erwähnen sie im Vertrag ja gar nicht.”

      C. W. Weiß lässt sich zurück in seinen Clubsessel fallen, nachdem er noch einmal Cognac eingeschenkt hat.

      “Wissen sie, meine Frau – wir haben Gütertrennung – lässt sich hier nur noch höchst selten sehen und unser Sohn Peter kommt so gut wie nie. Er versucht seine Mutter zu managen. Sie wissen, dass ‘Fritzi Morgen’ meine Frau ist?”

      “Nein, woher denn? Die ‘Fritzi’ kennt jeder in Deutschland, aber die ist doch aus Hannover, das weiß man doch.”

      “Stimmt, aber 20 Jahre hat sie in Rottlingen gelebt. Das verrät sie nicht. Sie hasst dieses provinzielle Nest wie die Pest. Reporter dürfen Rottlingen nicht mal erwähnen.”

      “Fritzi Morgen hat gerade in letzter Zeit in vielen Filmen gespielt. Immer die Hauptrolle.

      Eine schöne Frau, die auch gut tanzen und sogar recht passabel singen kann. Ihr ‘Flieg mit mir zum roten Mond’ trällern alle! Das ist ihre Frau, die “Fritzi Morgen”? Kaum zu glauben.”

      “Ja, sie will sich scheiden lassen. Mit einem Juden verheiratet zu sein, schadet heutzutage einer UFA-Karriere. Mein Sohn Jakob will, dass wir uns offiziell trennen. Aber bitte, lassen wir das unerfreuliche Thema beiseite.“

      Wie einsam würde ich mich fühlen, wenn ich in seiner Haut steckte.

      “Wenn es ihnen recht ist, dann zeige ich ihnen jetzt das ganze Haus. Übrigens, den Übergabetermin können sie bestimmen. Von mir aus, so bald wie möglich; dann habe ich es hinter mir.”

      Dass wir in Kürze in dieser tollen Villa wohnen werden will mir nicht in den Kopf.

      Am liebsten würde ich jetzt zu Hildegard rennen und sie hierherholen. Aber ich traue mich nicht, und so stolpere ich hinter dem Herrn C. W. Weiß her, aber bin mit den Gedanken oft ganz woanders.

      Dieses große Haus, erbaut um 1850, das hat bestimmt 12 Zimmer. Das eine noch schöner als das andere.

      Und dann dieser riesige Park mit Stallungen und Kutscherhaus, alles sehr gepflegt. Ich schätze den Park auf 3.000

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