Boccaccio reloaded. Centino Scrittori

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Boccaccio reloaded - Centino Scrittori

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Meine Mutter versucht mich zwar zu beruhigen, aber ich merke, dass sie auch Angst hat. Langsam fangen alle an, wild herumzukreischen und zu drängen. Mein Vater hat die Idee, extra früher rauszuspringen, um nicht im wilden Durcheinander unterzugehen. Und das tun wir auch. Wir ziehen unsere Hosen aus, blasen sie auf und binden sie zu, um sie als „Rettungsringe“ zu nutzen. Nun paddeln wir auf ihnen geradeaus. Nach ca. einer halben Stunde erreichen wir eine kleine Insel. Es fängt an zu regnen und wir fangen damit an, eine Art Zelt zu bauen. Wir sind völlig übermüdet und kaputt. Also legen wir uns endlich schlafen.

      Am nächsten Morgen begeben wir uns auf Essenssuche. Wir finden ein paar Beeren und Früchte, viel mehr aber auch nicht. Gegen Mittag beginnen wir für unsere Flucht zu sorgen. Wir sammeln Baumstämme und Lianen und probieren ein Floß zu bauen. Plötzlich schreit mein Vater auf. In seiner Schulter steckt ein Pfeil! Wir rennen tiefer in den Wald. Hinter uns hören wir wilde Schreie und hastige Schritte. Es hagelt Pfeile und Speere. Erstaunlicher und glücklicherweise trifft uns aber kein weiterer. Fürs Erste. Mein verletzter Vater ist zu langsam und unsere Verfolger zu trainiert. Wir brauchen einen Plan! Schnell! Wir schlagen Haken. Ohne großen Erfolg. Plötzlich sehen wir eine riesige Steinplatte vor uns liegen, unter ihr ist ein kleiner Spalt. Hastig zwängen wir uns darunter. Wenige Sekunden später sehen wir sie. Mindestens 20 Paar Füße. Die eine Hälfte rennt weiter, der Rest zweifelt und scheint zu suchen. Plötzlich bückt sich einer von ihnen ruckartig und guckt mir genau in die Augen. Ich schreie. Er schreit. Alle kommen auf uns zugerannt. Jetzt sehe ich sie. Es müssen Ureinwohner sein. Sie haben Kriegsbemalung im Gesicht und tragen Federn auf dem Kopf. Sie haben keine Klamotten, wie wir sie kennen. Sie sind sich mit Leder, Federn und Blättern gekleidet. Mit spitzen Speeren ziehen sie uns hervor. Dann schmeißen sie uns wieder auf den Boden und fesseln uns.

      Wir werden lange durch den Wald geführt, bis wir schließlich an einer kleinen Siedlung ankommen. Die Hütten und Zelte bestehen aus Baumstämmen, Ästen und Schilf. Wir werden in das größte Haus gebracht. Dort wartet ein alter, verzierter Mann auf uns und inspiziert uns ewig lange. Dann erzählt er irgendetwas für uns Unverständliches. Die Männer scheinen es zu verstehen. Sie nehmen uns und bringen uns in eine Art Gefängnis. Draußen entfachen sie ein riesiges Feuer. Langsam bekomme ich Angst, dass wir hier auf Kannibalen gestoßen sind! Wir müssen fliehen! Das Tor ist mit einem Seil zugebunden. In der Schulter meines Vaters steckt zu unserem Glück aber immer noch der Pfeil. Meine Mutter reißt ihn heraus und fängt an mit ihm die Seile zu zerschneiden. Nun warten wir bis zur Dunkelheit, um zu fliehen. Als es so weit ist, schleichen wir uns heraus und in den Wald. Die Ureinwohner sind währenddessen damit beschäftigt, singend um das Feuer zu tanzen.

      Im Wald angekommen, rennen wir los. Immer geradeaus. Am Strand angekommen, sehen wir unser halbfertiges Floß. Wir schieben es ins Wasser und paddeln mit den Händen davon. Am nächsten Morgen wache ich mit einem riesigen Hunger und Durst auf. Wir schwimmen im Wasser, können aber nichts trinken. Geschwächt paddeln wir weiter. Auf einmal sehe ich ein Schiff in der Ferne. Es kommt auf uns zu! Es muss ein Rettungsschiff der Seenotrettung sein! Bei uns angekommen, nehmen sie uns auf und wir bekommen Essen und Trinken. Mein Vater wird sofort verarztet. Jetzt schlafen wir aber erstmal. Am nächsten Morgen wachen wir in einem Hafen auf. Es ist warm, die Sonne scheint und alles scheint gut zu sein. Zur Abwechslung ist das dieses Mal aber auch so. Wir werden vom Schiff begleitet und in einen Bus gebracht. Dieser fährt uns in ein Auffanglager, in dem wir fürs Erste leben sollen. Die Fahrt haben wir aber geschafft! Wir sind angekommen!

      (Mobina Nazari)

       Sechste Geschichte

       „Ich finde es echt cool, dass ihr alle Geschichten zu erzählen habt, das ist wirklich interessant!“, sage ich. Mein Blick wandert durch den Raum und bleibt an einem eher unauffälligen Mädchen, so um die 13 Jahre hängen. „Magst du nicht auch mal was erzählen“, frage ich neugierig und sie nickt nur schüchtern und fängt an.

      Ich möchte euch von einer Familie erzählen, die sich auf der Flucht vor einem grauenvollen Bürgerkrieg befand. Die Familie lebte schon eine Weile in jenem Land, als sich die politische Lage immer mehr zuspitzte. Die Regierung begann, diejenigen, die sich widersetzten, gefangenzunehmen, und keiner sah diese Menschen jemals wieder, die sich nichts anders als Meinungsäußerungen zu Schulden hatten kommen lassen. Sie fing auch an, die Mitglieder der gegnerischen Partei systematisch verschwinden zulassen, zu denen auch der Vater der Familie gehörte. Er hatte sich damals, als sie wegen einem Jobangebot für die Stelle als Chefarzt an einem der besten Krankenhäuser des Kontinents, hergezogen waren, nicht wirklich viel dabei gedacht, als er der Partei beitrat. Allerdings hatte er sich mit der Zeit zu einem wichtigen Mitglied entwickelt, auf dessen Spenden die Partei ein Stück weit angewiesen war. Da er viel Einfluss besaß, ließ man ihn vorerst in Ruhe.

      Aber dabei würde es nicht bleiben und das wusste er. So begann er damit, ihre Flucht ins Heimatland vorzubereiten. Dort würden sie sicher sein. Bei einzelnen Festnahmen blieb es allerdings nicht. Allein schon wegen bloßem Verdacht wurden ganze Gruppen verhaftet. Ohne ausreichende Beweise wurden zahllose Menschen hinter Gittern gebracht und diese hatten noch Glück. Viele wurden nämlich gar nicht mehr gesehen. Niemand bekam mehr eine faire Gerichtsverhandlung, wenn man überhaupt eine bekam. Aber bald ließen sich dies die Bürger nicht mehr gefallen. Es kam zu Überfällen auf das Parlament, unzählige Attentate wurden auf Politiker verübt und man fing an, sich gegenseitig auf offener Straße zu beschießen und zu belagern. Ein totales Chaos brach aus, das seinen Ursprung in den paranoiden Wahnvorstellungen des derzeitigen Staatschefs genommen hatte, der sich durch alles und jeden bedroht fühlte und seine Macht um keinen Preis wieder abgeben wollte. Wer nicht für ihn war, war gegen ihn und verdiente den Tod. Er hatte leider viele Anhänger, die seine Ansichten teilten, was das Land anging. So stand die gesamte Landesbevölkerung in einem Zwiespalt. Er und seine Leute gegen den Rest. Und die restliche Welt hielt sich aus allem raus, außer mit Waffenlieferungen an beide Seiten. Es sah also nicht danach aus, als würde sich die Lage beruhigen. Es wurde nur immer schlimmer.

      Eines Tages befand sich eine Mail auf dem Computer des Vaters. Sie war von einem seiner Freunde im Parlament. Dieser schrieb, dass sie angefangen hätten, darüber zu beraten, wie sie ihn verschwinden lassen könnten, und dass er auf sich aufpassen solle, da jederzeit die Polizei vor seiner Tür stehen könnte. Nun wusste auch der Vater, dass ihnen die Zeit davonlief und sie so schnell wie möglich aus dem Land verschwinden mussten. Er zerbrach sich stundenlang den Kopf, wie er seine Familie in Sicherheit bringen konnte. Allerdings wusste er nur, dass er alles dafür tun musste, koste es, was es wolle. Er hatte zwei Töchter: Lilliana, sie war 17, sehr gutmütig, lustig, vernünftig und sehr, sehr schlau und Annalisa, sie war 14, ein Sturkopf, wild, unabhängig, und sah immer etwas Positives in Allem. Und dann war da noch seine wunderschöne Frau, Marisa, die liebevollste Person, der er jemals begegnet war. Niemals würde er es zulassen, dass einer von ihnen etwas passierte.

      Als die Mail kam, war er allein Zuhause, seine Töchter waren in der Schule und seine Frau in der Kita, sie arbeitete als Erzieherin. Heute hatte sie eine Krisenberatung mit dem gesamten Erzieherteam. Als sie alle nacheinander Zuhause ankamen, erzählte er ihnen von der Mail und was das jetzt für sie bedeutete. Annalisa fing an zu weinen und Lilliana nahm sie in den Arm, aber auch in ihren Augen glitzerten Tränen. Marisa ging auf ihn zu und umarmte ihn. Sie hatten alle mitbekommen, was im Land vor sich ging, sie hatten auch gewusst, dass sie irgendwann von hier fortmussten, aber dass alles so schnell gehen würde, damit hatte keiner gerechnet. Nachdem sie alles ein wenig verdaut hatten, wies er sie an, alles Nötige einzupacken und ins Wohnzimmer zu stellen. Sie brauchten etwa zwei Stunden, um die wichtigsten Sachen einzupacken, die Hälfte ihrer Sachen mussten sie zurücklassen, was vor allem die beiden Mädchen schmerzte. Während Marisa gerade in der Küche noch etwas Proviant zusammenstellte, klingelte es an der vorderen Haustür, und als Lilliana gerade die Tür öffnen wollte, hielt ihr Vater sie zurück und sagte flüsternd, dass sie keinen mehr hereinlassen durften, weil es jeder sein konnte. Und er gab ihnen allen zu verstehen, leise zu sein. Dann hörte man von draußen eine laute Männerstimme. Sie sagte, dass sie von der Polizei waren, ihnen bloß ein paar Fragen stellen wollten und dass sie

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