Boccaccio reloaded. Centino Scrittori

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Boccaccio reloaded - Centino Scrittori

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vom Dritten Reich. 1939 folgte der Anschluss von Danzig durch eine völkerrechtswidrige Verfügung an Deutschland und wurde ab da zum Feind gezählt. Besonders prägende Erinnerungen aus der Kriegszeit sind für mich der ständige Bombenalarm und die immer schlimmer werdende Zerstörung der Stadt. Ein besonders prägendes Ereignis geschah eines Nachmittags, als ich mit meiner Mutter einkaufen ging, und auf einmal der Alarm ertönte. Wir gerieten in Panik und wussten nicht wohin, als man schon die Flieger hören konnte. Auf einmal schlugen die Bomben ein, meine Mutter und ich flohen in einen Laden, in dem sie mich in einer riesigen Schublade eines Regals versteckte, um mich in Sicherheit zu bringen. In dieser Schublade war es dunkel und stickig. Ich hatte riesige Angst, denn man konnte spüren und hören wie die Bomben einschlugen. Als es vorbei war, traute ich mich so lange nicht raus, bis meine Mutter die Schublade öffnete und mich rausholte. Bis heute hat sich dieses Erlebnis eingebrannt.

      Wen es dabei schwerer traf als mich, war meine Cousine, die während diesem Bombardement bei sich zu Hause war. Ein Bombensplitter, von einer Bombe, die gegenüber von ihrem Haus einschlug, traf sie und durchbohrte ihre rechte Brust. Da war ich noch ganz gut weggekommen. Solche Geschehnisse trugen sich des Öfteren während des Krieges zu. Gegen Ende des Kriegs wurde Danzig von der Roten Armee eingenommen und das Wenige, was noch stand, wurde von ihr zerstört. Da dann Danzig zu Polen gehörte, wurden die meisten Deutschen aus Danzig vertrieben. Wir hatten aber polnische Verwandte und konnten uns dadurch zwischen der polnischen Staatsbürgerschaft oder einer Flucht nach Deutschland entscheiden. Meine Mutter entschied sich gegen die polnische Staatsbürgerschaft, da sie sich immer noch als deutsche Staatsbürgerin sah, und so flohen wir zusammen mit meiner Cousine, die um acht Jahre älter war als ich, und ihrer Familie nach Deutschland. Jeder nahm gerade so viel mit, dass es in einen kleinen Rucksack passte, was nach dem Krieg nicht wirklich schwer war, da man sowieso nicht wirklich mehr besaß.

      Es war schrecklich, seine Heimat zu verlassen, aber fast alle deutschen Bürger in Danzig verließen sie, auch freiwillig, aber meist gezwungenermaßen. Wir hatten weder ein konkretes Ziel in Deutschland, noch irgendwelche Verwandte, zu denen wir hätten gehen können. Also machten wir uns gewissermaßen ziellos auf den Weg. Außerdem war es ungewiss, ob ich meinen Vater wiedersehen würde, der bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht zurückgekehrt oder in irgendeiner Weise mit uns in Kontakt getreten war.

      Wir legten die Strecke überwiegend zu Fuß zurück. Es war erschreckend, wie zerstört und verarmt Deutschland war. Viele Bürger litten unter Hunger und viele waren durch den Krieg obdachlos geworden. Dies führte oft dazu, dass wir, obwohl wir selber deutsche Bürger waren, in den meisten Ortschaften, an denen wir vorbeikamen, keinerlei Unterstützung erhielten. Dies war ja auch teilweise verständlich, da sie selber so gut wie nichts hatten, aber sie hatten eine sehr negative Einstellung uns gegenüber. Sie hassten uns regelrecht und es kam mir so vor, als würden sie uns die Schuld für alles geben, was ihnen widerfahren ist. Ich, weil ich so jung war, bekam das nicht so mit, wie meine Mutter und meine Cousine, litt aber genauso darunter. Man wollte uns nirgendwo unterbringen oder Obdach gewähren. Wir mussten so gezwungenermaßen eine Weile von Ortschaft zu Ortschaft weiterfliehen. Während dieser monatelangen Flucht litten wir unter Hunger und an sauberem Trinkwasser mangelte es auch. Am Ende gelangten wir in eine größere Ortschaft, wo man uns versprach, uns in eine Art neuerrichtetes Flüchtlingscamp, in einer Stadt namens Glöwen zu bringen.

      Da wir keine andere Möglichkeit hatten, stiegen wir am nächsten Tag in den Zug ein, der uns und hunderte von anderen Flüchtlingen in dieses Lager bringen sollte. Ich kann mich noch ganz genau daran erinnern, wie es einen kleinen Hoffnungsschimmer für uns gab, als wir davon hörten. Dieser Hoffnungsschimmer verschwand aber, als wir in das bis zum Rand gefüllte Abteil einstiegen. Dieser Zug hatte anscheinend schon an vielen anderen Stationen Leute mitgenommen. Der Gestank, als wir einstiegen, war bestialisch. Das lag daran, dass es keine Toiletten gab. Doch die Menschen, in diesem Abteil, die schon ein bisschen länger mit dem Zug mitgefahren waren, sagten uns, dass wir Glück hätten, da dies das Abteil für Familien und noch das beste von allen sei. Dadurch dass viele Zugstrecken durch den Krieg zerstört waren, dauerte die Fahrt mehrere Tage und deshalb waren wir gezwungen, schmutziges Wasser zu trinken, um zu überleben. Durch das verschmutze Wasser erkrankte meine Mutter an Typhus, einer Infektionskrankheit die durch Salmonellen hervorgerufen und besonders über Wasser verbreitet wird. Wir hatten erst die Hoffnung, dass im Flüchtlingslager die humanitäre Situation besser wäre als in diesem Zug, doch da hatten wir uns zu viel erhofft.

      Das Flüchtlingslager war vollkommen überfüllt und wir mussten trotz niedriger Temperaturen in halb zerstörten Baracken schlafen, was nicht zur Genesung meiner Mutter beitrug. Es gab keine richtigen Betten, also mussten wir auf dem eiskalten Boden schlafen. Sie litt wochenlang am hohen Fieber und durch die derzeitige Situation, in der wir uns befanden, schwebte sie wochenlang zwischen Leben und Tod. Doch nach Wochen langen Bangens um ihr Leben begann sich ihr Zustand zum Glück zu verbessern. Diese Erkrankung fesselte uns ganze zwei Monate an den schrecklichen Ort. Wegen der Überfüllung dieses Lagers gab es auch dort weder genügend Essen, noch sauberes Trinkwasser. Man durfte das Lager ohne spezielle Papiere nicht so einfach verlassen, wir hätten aber sowieso nicht gewusst, wohin wir hätten gehen können. Also waren wir fast über ein halbes Jahr an diesem Ort gefangen.

      Da es dort in der Nähe riesige Spargelfelder gab, wurden wir Flüchtlinge dort als Erntehelfer eingesetzt. Das hatte aber auch einen kleinen Vorteil, da man ab und zu den Spargel, der nicht gut genug war, um ihn zu verkaufen, mit nach Hause nehmen durfte. Dies war damals etwas Neues für uns, da es keinen Spargel in Danzig gab, und es war jedes Mal wie ein Sonntagsessen, wenn meine Mutter mit Spargel zurückkam. Dies ging wie gesagt ein halbes Jahr so, bis auf einmal mein Vater vor uns stand. Er hatte den Krieg überlebt, das hatte er den Amerikanern zu verdanken. Denn er war während des Krieges in amerikanische Gefangenschaft geraten und hatte deshalb überlebt. Nach dem Krieg glaubten sie, es sei nicht mehr nötig, die Soldaten, die meistens gezwungen wurden zu kämpfen, weiterhin festzuhalten. So kam mein Vater frei und machte sich auf die Suche nach uns. Als er über das Rote Kreuz erfuhr, wo wir uns befanden, machte er sich direkt auf den Weg.

      Um uns aus diesem Lager holen zu können, brauchte er spezielle Zulassungspapiere, die er natürlich nicht hatte. Er schaffte es aber trotzdem, dem Zuständigen so überzeugend zu vermitteln, dass er die Papiere hätte, dass er ihm glaubte. So nahm er uns mit nach Frankfurt, da dort die Besatzungszone der Amerikaner war. Mein Vater war nach dem Krieg kaum wiederzuerkennen. All seine Haare waren ihm ausgefallen, aber das waren nicht die einzigen Spuren, die der Krieg hinterlassen hatte. Doch er wollte nicht mehr zeigen und reden tat er auch nicht darüber. Er bekam von den Amerikanern einen Job am Flughafen von Frankfurt, wo er die nächsten dreißig Jahre arbeitete. Ich konnte endlich eine Schule besuchen, das war etwas ganz Besonderes für mich. Besonders, als ich mit meiner eigenen Schultüte vor der Schule stand. Das Foto von diesem Moment habe ich bis heute in meiner Wohnung an der Wand hängen. Ab dem Zeitpunkt konnte es nur noch Berg auf gehen. Nun lebe ich schon 73 Jahre in Frankfurt und erzähle meine Geschichte mit Freude meinen Enkeln. Doch diese Geschichte rührt mich immer wieder, weil ich mir jetzt bewusst sein kann, wie gut es uns geht und dies auch ihnen vermitteln kann.

      (Jón Seckin)

       Vierte Geschichte

       Diese Geschichte hat uns alle unglaublich berührt, eine Kriegsgeschichte aus eigener Erfahrung zu hören, ist ein unglaubliches Gefühl. Ich denke, eine solche Geschichte prägt einen auf eine ganz besondere Art. Ein Kommentar von einer Person mit mittellangem blondem Haar reißt mich aus meinen Gedanken. „Dankeschön, dass Sie Ihre Geschichte auch mit uns geteilt haben!“ Als Nächster möchte ein Junge eine Geschichte über seine ganz persönliche Flucht erzählen. Er nennt seine Geschichte „Alleingänge“.

      Der Tag begann wie jeder andere Tag von Mike. Doch dieser Tag sollte nicht wie jeder andere enden…

      Mike ist 18 Jahre alt. Er lebt bei seiner Familie in New Orleans. Seine Familie Randall ist sehr wohlhabend und besteht aus vielen Familienmitgliedern, darunter auch Mike Randall. Mike

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