Boccaccio reloaded. Centino Scrittori

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Boccaccio reloaded - Centino Scrittori

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so beschloss er, dies zu unterbinden. Die Tochter, erstaunt von der plötzlichen Rückkehr ihres Vaters, stellte ihm Malum vor. Er war ihm durchaus bekannt, ein Schuft, ein Trunkenbold, der nur das Geld in den Augen seiner Tochter sah. So beschloss er, ohne weiteres Nachdenken, ihn töten zu lassen. Credula sträubte sich bei dem Gedanken, dass ihre neue Bekanntschaft dem Tod bald näher als sie selber sein konnte. Sie begehrte gegen sein Schicksal auf. Zu spät, er war bereits inhaftiert, und so stand die gesamte Königsfamilie, samt der Geliebten des Königs, am Tag der Hinrichtung vor seiner, einem Hundezwinger ähnelnden, Zelle, die zwar trist eingerichtet war, aber umso mehr seinem charmanten, gelangweilten, schon fast närrischen Gesicht Ausdruck verleihen zu schien.

      Credula, die den Plan ihres Vaters nach wie vor zu vereiteln versucht, sprach freudig zu ihm: „Sei nicht betrübt, ich werde uns retten.“ Malum, dem man nun ansah, dass er nur Augen für die Geliebte des Königs hatte, erwiderte gelangweilt: „Aber sicher.“ Credula vergaß sich und fing an, den König, ihren Vater, wüst zu beschimpfen, dass nur weil sie, einmal im Leben einen Mann getroffen habe, den sie wirklich liebe, dies heiße nicht, dass dieser sofort von ihrem eigenen Vater getötet werden könne. Nach abermaligem Diskutieren und Einwirken, sowohl seitens seiner Frau, als auch seiner Geliebten, ließ er sich überreden, den Kopf des Malums nicht rollen zu lassen.

      Folgend stand der Hochzeit der Tochter des Königs und dem fast geköpften Malum nichts mehr im Wege. Prunkvoll sollte sie sein, so prunkvoll, dass selbst der Adel vor Neid erblassen würde, und so war es letztendlich auch. Im Palast war prächtige Stimmung, während auf den Straßen die Menschen wie Fliegen starben. Die Tochter, der es Tag für Tag schlechter ging, war noch nie glücklicher als mit dem Mann ihrer Träume. Die Festzelte waren noch nicht abgebaut und schon begann der nächste Morgen. Credula und der König schliefen noch, sie war in den Armen von Malum eingeschlafen, er in den von Meretrix. Jedoch als sie erwachten, gab es von beiden keine Spur. Die arglose Tochter suchte noch, als der König bereits wusste, was geschehen war. Meretrix und Malum waren nicht verschwunden, sie waren geflohen, den Augen des sonst so strengen Königs entkommen, mit dem Geld des Königshauses. Vermutlich trieben sie nun auf ihrem Schiff in Richtung Westen. Credula, die gesundheitlich ihren tiefsten Punkt erreichte, glaubte es nicht. Sie wollte nicht wahrhaben, dass ihr erster und letzter Mann sie mit der Hure ihres Vaters hintergangen hatte.

      Der König, der nun in die Gemächer seiner Ehefrau zurückkam, die ihn, so sehr sie ihn auch hasste, mit einem gezwungenem Lächeln auf den Lippen empfing, war die Erkrankung seiner Familie und seiner Bürger gleichgültig, die ihn, der glanzvoll herumalberte und feierte, als ihre letzte Hoffnung an sahen. Er hatte einst ein weltbekanntes Buch gelesen, aus diesem wusste er: „Du brauchst dich nicht zu fürchten, vor nächtlichem Schrecken, vor dem Pfeil, der bei Tage daherfliegt, nicht vor der Pest, die im Finstern schleicht, vor der Seuche, die mittags wütet. Ob tausend dir zur Seite fallen, zehntausend zu deiner Rechten: an dich kommt’s nicht heran; nein, lediglich mit eignen Augen wirst du’s schauen und zusehen, wie den Frevlern vergolten wird.“ Falsch verstanden hatte er diese Worte und am Ende lebte nur noch er, der König, der zusehen musste, wie ihm vergolten ward.

      (Maximilian Noack)

       Achte Geschichte

       Nach dieser Geschichte meldet sich eine Frau um die 25 Jahre zu Wort: „Mir fällt noch eine Geschichte ein, die ich in den sozialen Medien zum Thema Corona-Virus gelesen habe.“

      21. März 2030: Vieles hat sich verändert und obwohl es niemand geglaubt hatte, hat sich Vieles zum Guten gewendet. Das Jahr 2020 wird in den Geschichtsbüchern zwar immer für schlimme Ereignisse stehen, aber auch für Hoffnung, neue Möglichkeiten und Zukunft.

      21. März 2020: Ich schalte den Fernseher ein. In den Nachrichten gibt es nur noch Berichte über das Corona-Virus und stündlich werden die Zahlen der Infizierten und Toten aktualisiert. Ich zappe durch mehrere Sender, alle reden sie über die Corona-Pandemie. Ich hätte nie gedacht, dass ich das mal sage, aber jetzt sehne ich mich nach einer dieser kitschigen Rosamunde-Pilcher-Verfilmungen, die ich sonst jeden Sonntagabend mit meiner Oma geschaut habe. Zwar habe ich das bisher immer als ziemlich schrecklich empfunden, aber jetzt käme mir eine derartige Ablenkung, die mich auf andere Gedanken bringt, ganz gelegen. Aber weder läuft gerade eine Schmonzette im Fernsehen, noch kann ich momentan bei meiner Oma sein. Schon vor einer Woche haben meine Eltern mit meiner Oma beschlossen, dass wir uns vorerst nicht mehr gegenseitig besuchen werden. Meine Oma ist zwar noch super fit, aber sie gehört zu der Risikogruppe der älteren Menschen und wir möchten sie daher schützen. Für meine kleine Schwester Ruby und mich war das eine ganz schöne Umstellung, immerhin war sie drei Mal in der Woche bei uns, hat für uns gekocht, mit uns gespielt und Hausaufgaben gemacht. Naja, zumindest hat sie es probiert. Oma denkt immer noch, dass ich ihr kleines Mädchen bin. Die Tatsache, dass ich schon 17 Jahre alt bin und nächstes Jahr mein Abitur mache, übersieht sie gekonnt.

      Meine Eltern arbeiten beide in Vollzeit. Meine Mutter arbeitet als Ärztin in der Charité und mein Vater ist Inhaber eines kleinen Cafés, keine 500 Meter von unserem Zuhause entfernt. Während diese ganze Krise dazu geführt hat, dass wir Mama eigentlich gar nicht mehr zu Gesicht bekommen, da sie den ganzen Tag von früh bis spät, fast ohne Pausen, ununterbrochen arbeitet, ist Papa jetzt den ganzen Tag zu Hause. Schweren Herzens musste er sein Café schließen. Das ist für uns ein großes Problem, denn mein Vater weiß nun nicht so recht, wie es weitergehen wird. Möglich, dass er seine Angestellten entlassen muss, denn keiner weiß, wie lange diese Pandemie und damit die Beschränkungen noch andauern werden. So müssen wir jetzt auch besonders auf unser Geld achten, denn ohne den Verdienst von Papa haben wir im Moment ja nur das Gehalt von Mama.

      Mein Vater kommt ins Wohnzimmer und reißt mich aus meinen Gedanken. In der Hand hält er triumphierend eine Packung Klopapier, wie ein Sportler einen Pokal. Er grinst über das ganze Gesicht und ist stolz wie Bolle, als er mir erzählt, wie er heute Morgen schon vor Ladenöffnung mit ca. 100 anderen Leuten vor dem Supermarkt gewartet hat, um dann schließlich die vorletzte Packung Klopapier zu ergattern. Er hat wohl eine begeisterte Reaktion von mir erwartet. Als diese nicht kommt, zeigt er mir stolz den blauen Fleck am Arm, den eine ältere Dame ihm verpasst hat. Damit hat es ihn noch mild getroffen, hinter ihm hatten sich dann schließlich sieben Leute um die letzte Klopapierpackung gekloppt. Ich schaue ihn entgeistert an. Was ist nur mit unserer Gesellschaft falsch gelaufen? Aber derartige Erzählungen habe ich schon von mehreren Leuten gehört. Heute Morgen habe ich sogar gelesen, dass ein Auto aufgebrochen wurde, nur um das auf der Rückbank liegende Klopapier zu entwenden. Also, dass die Leute Nudeln und Mehl hamstern, ist zwar schon fragwürdig, jedoch kann ich das noch einigermaßen nachvollziehen, aber Klopapier, ernsthaft!?

      Meine Schwester kommt ins Zimmer und verkündet ganz laut: „Papa, ich habe Huunnngerrr!“ Mein Vater lacht, sagt dann, dass Mama heute erst sehr spät zurückkommt, und geht dann in die Küche, um das Abendessen vorzubereiten. Ruby kuschelt sich zu mir auf unser altes, gemütliches Sofa und wir schauen gemeinsam, wie der Moderator im Fernsehen gerade verkündigt, dass heute in Italien zum zweiten Mal über 600 Menschen an einem Tag an dem Corona-Virus gestorben sind. Die Krankenhäuser seien seit Tagen total überfüllt und die Regierung komplett überfordert. Es sind schreckliche Bilder, von Krankenhäusern im Ausnahmezustand, Leichensäcken, leergefegten Straßen und verzweifelnden Menschen. Der Moderator spricht von einer besorgniserregenden Bedrohung in immer mehr Staaten auf der ganzen Welt.

      Hätte mir jemand vor nur wenigen Wochen erzählt, dass wegen eines grippeähnlichen Virus fast alle Länder Einreiseverbote für Ausländer verhängen, die Wirtschaft in den betroffenen Ländern zu einem großen Teil zum Erliegen kommt und durch Ausgangsbeschränkungen das öffentliche Leben in den Städten und Gemeinden stillgelegt wird, hätte ich demjenigen den Vogel gezeigt. Ich hätte es wahrscheinlicher gefunden, dass wir alle wegen des Klimawandels sterben, aber eine derartige Bedrohung durch eine Virusinfektion hätte ich mir aufgrund unseres fortschrittlichen Gesundheitswesens kaum vorstellen können. So etwas kenne ich nur aus Geschichtsbüchern, wie zum Beispiel die Pest, die jedoch im 14. Jahrhundert war. Aber

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