Die Weltenbummler in Indien. Gerhard Moser
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18.01.20, Samstag
Gegen neun wurde ich wach. Achim saß bereits am Laptop und bearbeitete Bilder. Im Pool tobte sich eine Horde Inder aus. Die Musik lief auch schon und im Frühstücksraum waren fast alle Plätze belegt. Auf der hinteren Terrasse hatte das Personal extra für uns einen Tisch und zwei Stühle reserviert, da am Abend zuvor alle Tische und Stühle an der Bar am Pool gebraucht worden waren.
Nach dem Frühstück, welches uns vom „Food and Beverage Manager“ mit einer langen Unterhaltung „versüßt“ wurde, machten wir uns für einen längeren Spaziergang am Strand fertig. Meinem Auge ging es dahingehend besser, dass die Rötung nachgelassen hatte. Auch die Schmerzen waren fast völlig weg.
Wir nahmen wieder die Abkürzung zum Meer und liefen dort bis zum dritten Strandabschnitt. Je weiter nach oben wir kamen, umso kleiner und ärmer wurden die Lokale und Resorts. Fast überall gab es nur noch „Natursonnenschirme“, aus Palmblättern auf Stelzen. Einfach, aber schön. Am Strand tauchten immer mehr Felsen auf, die vom Wasser umspült wurden. Die Ebbe hatte vermutlich ihren Höhepunkt erreicht, da das Meer sich recht weit zurückgezogen hatte. Bei einer Verkäuferin, welche ihre Kokosnüsse auf einem Tablett auf dem Kopf balancierte, kauften wir zwei Nüsse. Sie freute sich sehr, als sie zu den verlangten 100 INR noch 10 Trinkgeld bekam (ca. 1,40 €). In einem der „einfachen“ Lokale, dem „Ding Dong“, setzten wir uns und bestellten Mittagessen. Die einheimischen Bedienungen trugen tatsächlich dicke Jacken, bzw. einen dicken Wollpullover. Für sie schien es kühl zu sein. Zum ersten Mal in diesen Tagen vernahmen wir am Nebentisch die deutsche Sprache. Sechs Leute aus Ostdeutschland, wie man am Sächsischen Dialekt erkennen konnte, spielten Karten. Als Achim auf dem Weg zur Toilette war, stellte er sich im Vorbeigehen mit den Worten „Schön, mal Deutsch zu hören“, vor. „Wie, Deutsch zu hören? Dann seid ihr noch nicht lange hier. Es wimmelt hier nur so von Deutschen“, meinte der Älteste der Gruppe. Dann war es vielleicht nicht das Schlechteste, drei Strandabschnitte weiter südlich zu wohnen. In unserem Hotel gab es, wie uns der Manager heute Morgen erzählte, sehr selten Europäer, meistens nur Russen und Inder.
Nach unserer Rückkehr machten wir Siesta. Während ich recht schnell einschlief, stand Achim schon kurze Zeit später auf, weil die Nachbarn sich wieder im „Tür-Zuwerfen“ übten und gegenüber im Zimmer ein Baby ununterbrochen schrie. Nach einer Stunde gingen wir zum Pool. Achim drehte einige Runden, ich schrieb am Ta- gebuch weiter. Da heute auch wieder Junian im Dienst war, bekam ich mei- nen Cocktail an den Tisch geliefert, ohne Alkohol und ohne Zucker. Von Tag zu Tag wurde das Getränk le- ckerer, im Geschmack abge- rundeter und die Zuberei- tung schneller. Auch die Deko wurde täglich besser. Heute war bereits eine dünne Scheibe Limette und ein Minzblatt am Glasrand angebracht. Bis zu unserer Weiterreise konnte Junian ja noch üben.
Da heute Abend erneut Büfett für die über 50 Tagungsgäste anstand, beschlossen wir, lieber gleich ins Café Tanvi zu gehen.
Kaum waren wir gegen 19 Uhr dort, füllte sich das Lokal sehr schnell und die neun Tische waren im Nu belegt. Achim bestellte ein Pilzcurry mit Reis, ich ein Naan Brot mit Knoblauch und Fisch & Chips. Alles wieder köstlich. Mit der Flasche Wasser zahlten wir dann rund 7,50 €. Um 20 Uhr waren wir zurück im Hotel, kauften aber zuvor am Obststand noch unser Dessert. Für je ein Kilo Passionsfrüchte und Mandarinen und 1/2 Kg indische Trauben zahlten wir knapp 4 €. Nach einer ausgiebigen Dusche, um den Schweiß und den Schmutz des heutigen Tages, vor allem aber den allgegenwärtigen, feinen Sand abzuwaschen, lasen wir noch und machten gegen 22 Uhr das Licht aus. Die Tagungsgäste waren heute nicht ganz so laut. Anscheinend war auch für sie der Tag anstrengend.
19.01.20, Sonntag
Was für eine laute Nacht. Türenschlagen war in dieser Nacht das kleinere Übel. Es war schon nach Mitternacht, als das Personal anfing, leere Gasflaschen aus dem Küchenbereich ins Nachbargebäude zu rollen. Zwischen den Hotelgebäuden ergab das ein vielfältiges Echo und der Krach wollte nicht enden. Wieder bestätigte sich, dass Indien ein lautes Land war. Mit dem überall vorherrschenden Vogeldreck konnte man sich arrangieren, mit Krach in der Nacht allerdings weniger. Gegen halb neun am Morgen war das Knallen der Türen dann so laut, dass ein Weiterschlafen unmöglich war. Die Tagungsgesellschaft war bereits im Restaurant zugange und irgendwo klingelte seit einer viertel Stunde ein Wecker. Also, nichts wie raus aus den Betten. Mein Auge tat weh, sobald wir Licht einschalteten. Es war knallrot und dick geschwollen. Vielleicht waren der Wind und die Sonne am Meer gestern doch zu viel. Wir machten uns fertig und gingen zum Frühstück. Es war voll im Restaurant, aber unser Tisch auf der Terrasse war frei. Ich stellte meinen Saft ab und legte das Besteck auf den Tisch, drehte mich um und stellte den vollen Aschenbecher an dem, zwei Meter entfernt stehenden Blumenkübel ab. Als ich mich zurückdrehte, saß schon eine Krähe auf dem Tisch. Keinen Schritt durfte man machen. Diese Biester musste man immer im Auge behalten. Ich bat einen Kellner, den Tisch nass abzuwischen. So holte er einen Lappen von der Theke, der bestimmt mal nass und sauber war, aber mittlerweile bereits über mehrere Tische gehuscht war. Er verteilte den Dreck gleichmäßig über die Fläche. Nun denn, wir würden es überleben. Kaum saßen wir, kam die dürre Hauskatze, wie jeden Tag angerannt und miaute, als wäre sie am Verhungern. Das Frühstück war wieder ausgiebig und lecker. Wir beschlossen, heute nicht zum Strand zu gehen, da das Auge schmerzte und tiefrot war. Trotzdem liefen wir nach dem Frühstück die Hauptstraße in Richtung Fluss, um zu sehen, wo wir vielleicht am Abend essen gehen könnten. „Sams Bistro“ sah ganz nett aus. Wir besahen uns die Karte. Das Angebot war ganz gut und die Preise waren auch in Ordnung. Wir versprachen, zum Dinner wiederzukommen. So schlenderten wir zurück zum Hotel und machten Tropfen ins Auge. Danach legten wir uns an den Pool, wo wir den Rest des Tages verbrachten.
Mal lasen wir unsere mitgebrachten Bücher, mal dösten wir vor uns hin. Zum Mittag gab es das Obst, welches wir vormittags an einem der Stände gekauft hatten. Die Passionsfrüchte schmeckten in der Tat süß und kräftig. Die Zeit der Mandarinen ging wohl langsam zu Ende. Dafür waren alle Sorten Bananen fantastisch im Geschmack. Da wir das Mittagessen mehr oder weniger ausfallen ließen, gingen wir gegen 18 Uhr zu „Sams Bistro“. Sie freuten sich sehr, dass wir Wort hielten. Außer dem Wasser bestellte ich einen Mango Saft. Zum Essen orderten wir ein Gemüse Biryani, Paneer Butter Masala und Garlic Naan. Alles war mehr als enttäuschend, sehr fad im Geschmack und das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmte in keiner Weise. Nun denn, es war ein Versuch. Wir würden hier bestimmt nicht wieder zum Essen herkommen. Mit Taschenlampe gingen wir entlang der Hauptstraße zurück in Richtung Hotel. Wir mussten sehr vorsichtig sein, da Mopeds und Fahrräder zum Teil ohne Licht angerauscht kamen. Ein Moped kam aus der Einfahrt gebraust und hielt zehn cm vor Achim an. Wären wir keine Touristen gewesen, hätte der Fahrer bestimmt nicht gebremst und ein fürchterliches Spektakel gemacht. Am Obststand wollte die Verkäuferin für die Früchte wieder einen kräftigen „Touri-Zuschlag“. So gingen wir zum nächsten