DIE ZÜRCHER ACHSE. Eveline Keller
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„Wenn es so dasteht… Was soll dann die Frage?“
„Erklär mir bitte: Wer sind all die Unternehmer? Gibt es zusätzliche Investoren, und wie sind die Mehrheitsverhältnisse aufgeteilt?“
„Eigentlich ist das Geschäftsgeheimnis, aber ich gebe dir besser die richtigen Informationen. Bitte dich deshalb, die Angaben diskret zu behandeln.“ Amber nickte und er fuhr fort: „Das Konsortium besteht aus vier Hauptinvestoren, die Allgemeine Vereinsbank, Dumonts Import & Export, Rudolf Kunz und meine Wenigkeit. Wir halten je zwanzig Prozent der Anteile, den Rest halten Kleinanleger.“
„Wann ist die Eröffnung?“
„Das steht auch auf der Homepage“, knurrte er, „Im nächsten Frühling, Anfang April, wenn alles nach Plan läuft.“
„Wem könnte es zum Vorteil gereichen, wenn der Bau verzögert werden würde?“
„Da gibt es immer Interessengruppen, zum Beispiel einen Umweltverband, Politiker oder Anwohner, die alle Einsprachen erheben könnten, aber mir ist nichts bekannt. Das Ergebnis ausgewogener Öffentlichkeitsarbeit“, sagte er nicht ohne Stolz. „Von Unternehmerseite her verteuert sich der Bau um jeden Tag, den es länger dauert, bis eröffnet werden kann. Das hieße, verlangsamte Amortisation und fehlende Einnahmen, all das drückt auf die Rendite.“
„Besitzt du ein Auto?“
Er blinzelte: „Was hat das damit zu tun? Ja – einen Toyota Pickup.“
„Benutzt ihn außer dir sonst noch jemand?“, hakte sie nach.
„Was soll die Frage?“
„Wir haben am Anfang der Kriechspur des Opfers verdächtige Reifenabdrücke sichergestellt, die eindeutig von deinem Wagen stammen. Wie erklärst du das?“
Er sah sie an, als wäre sie nicht ganz bei Trost. „Ist dir schon aufgefallen, dass ich hier arbeite und täglich mit meinem Auto Spuren in den Matsch mache!“, brüllte er. Er musste seine Wut einmal herauslassen.
„Gerade deshalb, weil du viele Spuren machst, würde es am wenigsten auffallen. Die Gipsnegative zeigen vorne links den dünneren Reifen eines Reserverades. Nach Aussage deiner Autowerkstatt ließest du ihn erst am Montagmorgen flicken. Es war also dein Pick-up! Wenn niemand anderer ihn gefahren hat – warst du es?“
David ärgerte sich: Da schickten sie diese lächerliche, halbe Portion, und ehe er sich versah, zog sie die Schlinge um seinen Hals zu. Verdammt aber auch. „Ich habe die Schlüssel am Samstagabend Vero gegeben, aber nicht, dass du jetzt gleich losrennst und sie vernimmst. Sie hat nichts damit zu tun.“
Nervös sprang er auf und tigerte hin und her. Er hasste es, vor ihr sein Leben ausbreiten und sich rechtfertigen zu müssen. Aber er sah keine andere Lösung. „Es ist so: In der Ehe meines Freundes Emilio kriselte es. Nichts ist mehr, wie es war, romantisch und liebevoll, nein, nur noch Gehässigkeiten und Streit.“
Jedenfalls sorgte er sich um das befreundete Paar. Er hatte mit Emilio im H&M ein Geburtstagsgeschenk für den Sohn von Darios neuer Freundin gesucht. Ratlos war er mit seinem Freund von Regal zu Regal der Männerabteilung geschlendert und hatte ihm zugehört. „Da sagt sie zu mir: ‚Wenn du nicht kompromissbereit bist, sind wir geschiedene Leute!‘ Einfach so! Was sagst du dazu, eine glückliche Ehe von sieben Jahren will sie damit aufs Spiel setzen.“
Bis dahin hatte David mitbekommen, dass Emilios Frau die Joghurts im Kühlschrank unten einräumen wollte, und er dagegen findet, sie gehören oben hin, es wäre viel praktischer und man müsse sich nicht bücken.
David blieb stehen bei den Gürteln und entschied sich schließlich für einen mit gehämmerter Verzierung, während Emilio redete, als gäbe es kein Morgen mehr.
„Was interessiert es die Joghurts, ob es ein Grad kühler ist. ‚Es macht keinen Sinn oben alles reinzustopfen und unten ist das Fach leer‘, hat sie gesagt. Kannst du mir sagen: Hat es einen Einfluss auf die Kühlung, ob man die Lebensmittel zusammenstellt oder über den Raum verteilt? Natürlich nicht! Aber dieses sture Weib lässt sich von vernünftigen Argumenten nicht überzeugen. Findet, I C H sei unsensibel und rechthaberisch, ein Teufel mit Engelszunge. ‚Und was bist dann du?‘ habe ich geantwortet, die Joghurts genommen und aus dem Fenster geschmissen. Weißt du, was sie…“
David lächelte die Kassiererin an, die sich an ihn wandte: „… macht zweiundzwanzig neunzig.“ Er zahlte. „Auf Wiedersehen.“
Emilio redete ohne Pause weiter: „Dann heulte sie los und schloss sich im Badezimmer ein. Ich meine, warum gerade dort? Gibt es keinen anderen Platz? Nein! Darum konnte ich mich heute Morgen weder duschen noch rasieren, also komm mir nicht zu nahe. Ich stinke!“
David hatte Verständnis für den Kummer seines Freundes, aber er mochte auch dessen Frau und war dazu verdammt, hilflos mit anzusehen, wie sich die beiden fertigmachten.
Er war auch nicht mit allem, was Jessica tat, einverstanden gewesen, aber das war etwas anderes. Oder nicht? Er hatte einfach alles ihr überlassen. Sie staffierte das Schlafzimmer aus, und er versank in Rüschen und Spitzen. Die Küche wurde wöchentlich mit einer weiteren unentbehrlichen Haushaltshilfe ergänzt, wie Eiswürfelmaschine, Zeituhr, elektrischer Dosenöffner, Milchschaumschlaggerät. Manchmal beschlich ihn das Gefühl, dass sie die innere Leere mit all dem Material füllen wollte. War es ein Zeichen, dass die Ehe der Bertolinis funktionierte, weil sie einander ernst nahmen, sich deshalb heftig stritten, oder war es der Anfang vom Ende?
David räusperte sich und sah Amber an: „Emilio war am Samstag auf einem Tiefpunkt, laberte und trank, bis er nicht mehr stehen konnte. In seinem Zustand konnte er unmöglich fahren, aber das Auto brauchte er am nächsten Morgen, weil er mit seiner Schwiegermutter spazieren fahren sollte, übrigens ein weiterer Grund für das Besäufnis. Also wo war ich? Ich brachte Emilio nach Hause, das ist ein ziemliches Stück bis nach Horgen, übergab ihn seiner Angetrauten und bin mit dem letzten Zug zurückgefahren.“ Er atmete durch.
„Die Schlüssel des Pick-ups hatte ich vorher Vero in die Hand gedrückt. Sie wollte seit langem ihr Lager an Ayurveda-Produkten, die sie nebenher verkauft, räumen. Alles lag immer noch in der Garage ihres Ex, und das war die Gelegenheit, darum lieh ich ihr den Wagen an dem Abend. Freund Jan würde ihr dabei helfen. So einfach war es dann doch nicht. Als sie die Kartons eingeladen hatten und wieder wegfahren wollten, versperrte ihnen so ein Idiot die Ausfahrt. Vero blieb nichts anderes übrig, als mitten in der Nacht die Nachbarschaft herauszuklingeln, bis sie den Besitzer des Autos gefunden hatte.“
Er seufzte tief: „Was glaubst du wer es war? Richtig! Ihr Exfreund, der mit viel Gedöns den Weg freimachte, aber beim Vorbeigehen noch schnell den Reifen vorne links aufschnitt. Vero und Jan machten das Reserverad drauf, dann brachten sie ihr Zeug nach Hause und parkten den Pick-up wie abgemacht vor dem Eingang der Bar. Die Schlüssel gaben sie Barkeeper Ronni. Von ihm holte ich sie mir am Sonntagmorgen.“
David hob die Augenbrauen: „Klärt es das?“
Sie wollte trotzdem wissen, ob er ein Alibi hatte: „Wo warst du am Samstagabend zwischen dreiundzwanzig Uhr und zwei Uhr früh?“
„Bin ich jetzt einer deiner Verdächtigen? Überleg mal: Würde ich einen Toten auf meine Baustelle legen? Bist du völlig bescheuert?“
Ihr Kiefer mahlte und sie strahlte Wut aus jeder Pore aus. „Ich könnte dich wegen