Schwerter gegen Bestien: Fantasy Sammelband 1026 Seiten Sword & Sorcery. Robert E. Howard
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Читать онлайн книгу Schwerter gegen Bestien: Fantasy Sammelband 1026 Seiten Sword & Sorcery - Robert E. Howard страница 10
„Wenn ich siege, ringelt sich wieder die Schlange, kreischt wieder die Wildkatze, und du bist auf ewig mein Sklave. Wenn du siegst, sind meine Künste dein, und ich werde dir dienen.“
Zauberer und Häuptling standen einander gegenüber. Die züngelnden Flammen erleuchteten ihre Gesichter. Ihre Blicke prallten aufeinander. Ja, der Kampf zwischen den Augen und den Seelen dahinter war so deutlich zu erkennen, als fochten sie mit Schwertern. Die Augen des Zauberers weiteten sich, die des Häuptlings wurden schmal. Gewaltige Kräfte schienen von beiden auszustrahlen, unsichtbare Mächte hüllten sie ein. Ich erahnte, daß es sich nur um einen Teil eines äonenalten Streits handelte, dem Kampf zwischen dem Alten und dem Neuen. Hinter dem Zauberer standen Tausende von Jahren voll dunkler Geheimnisse, unheilvoller Mysterien, erschreckende, nebulöse Gestalten, Monstren, halb verborgen in den Nebeln der Vergangenheit. Hinter dem Häuptling stand das klare, starke Licht des kommenden Tages, der erste Funke der Zivilisation, die reine Kraft eines Menschen mit einer neuen und mächtigen Botschaft. Der Zauberer war die personifizierte Steinzeit, der Häuptling die kommende Zivilisation. Vielleicht hing das Schicksal der Piktenrasse vom Ausgang des Kampfes ab.
Die Anstrengungen der beiden Männer waren ungeheuer. Auf der Stirn des Häuptlings traten die Adern hervor. Beider Augen funkelten und sprühten. Da drang ein Keuchen aus der Kehle des Zauberers. Kreischend griff er sich an die Augen und sank wie ein leerer Sack auf den Heideboden.
„Genug!“ keuchte er. „Du hast mich besiegt, Häuptling.“ Er erhob sich unterwürfig.
Die Spannung wich von den Reihen der Zuschauer, und sie richteten ihre Blicke auf den Anführer. Mak Morn machte eine Bewegung, als wolle er etwas Unangenehmes abschütteln. Er ging zum Felsblock, ließ sich darauf nieder, und das Mädchen schlang seine Arme um ihn und flüsterte ihm freudig erregt ins Ohr.
„Das Schwert der Pikten ist flink“, murmelte der Zauberer. „Der Arm der Pikten ist stark. Hai! Man sagt, ein Mächtiger hat sich unter den Männern des Westens erhoben.
Sieh in das uralte Feuer der Verschwundenen Rasse, o Wolf von der Heide! Hai, hau Man sagt, ein Häuptling sei uns entstanden, um die Rasse aufwärts zu führen.“
Der Zauberer beugte sich murmelnd über die Glut des Feuers, dessen Flammen verloschen waren. Er rührte in der Glut, während er einen seltsamen Gesang anstimmte, der sich kaum reimte und dessen Bedeutung schwer verständlich war, in dem jedoch ein wilder Rhythmus lag.
Hin und wieder stocherte er in der Glut oder warf merkwürdig geformte Gegenstände hinein, wobei seine Bewegungen auf den Gesang abgestimmt waren.
Über das verkohlte Holz begannen rote Flammen zu lecken. Einmal züngelten sie empor, dann verlöschten sie wieder, um gleich darauf wieder den Zunder zu entflammen, den der Zauberer darauf geworfen hatte. Es prasselte in der Stille, und Rauch begann emporzukräuseln und sich zu einer Wolke zu vereinigen.
Stärker wurde der Rauch und hüllte den Zauberer ein, bis nur noch seine gelben Augen durch den Nebel glühten. Seine Stimme kam wie aus weiter Ferne, als wäre sie körperlos, als wäre sie nicht die des Zauberers, sondern ein Ding für sich, als spräche nicht der Geist des Alten, sondern die vergangenen Jahrhunderte durch sie.
Selten habe ich mich in solch gespenstischer Umgebung befunden: Über uns herrschte die Dunkelheit, kaum ein Stern blinkte, und nur die wabernden Finger des Nordlichts malten bizarre Banner auf den toten Himmel. Die Hänge des Hügels verloren sich im Meer des wogenden Heidekrauts, und auf der unbewachsenen Spitze hockte die halb menschliche Horde wie Gestalten aus einer anderen Welt, deren Gesichter sich einmal mit den Schatten vermengten und dann wieder im Schein des Feuers blutrot hervortraten. Und Bran Mak Morn saß wie eine Bronzestatue, und die Flammen meißelten sein Profil aus der Dunkelheit, während von dem Alten kaum mehr als die sprühenden, gelben Augen und der lange, schneeweiße Bart zu sehen waren.
„Eine mächtige Rasse, das Volk vom Mittelmeer.“
In den Augen der Umsitzenden leuchtete es auf. Sie beugten sich vor. Kein Mensch vermochte diese urzeitlichen Wilden zu zivilisieren. Niemand vermochte sie zu zähmen, zu überwinden. Der ungestüme Geist der Steinzeit war in ihnen.
„Älter als die schneeigen Gipfel von Kaledonien.“
Die Krieger lehnten sich erwartungsvoll und begierig noch weiter vor. Ich merkte, daß die Erzählung sie stets fesselte, auch wenn sie sie zweifellos bereits Hunderte Male von Hunderten Anführern und alten Männern gehört hatten.
„Nordmann“, riß mich der Zauberer aus meinen Gedanken, „was kommt hinter dem Kanal im Westen?“
„Die Insel Hibernia.“
„Und danach?“
„Die Inseln, die von den Kelten Aran genannt werden.“
„Und danach?“
„Das weiß ich wahrlich nicht. Das Wissen der Menschen nimmt dort sein Ende. Kein Schiff hat je diese Wasser befahren. Die Weisen nennen es Thule. Das Unbekannte, das Land der Illusion, den Rand der Welt.“
„Hai, hau Jener mächtige Ozean bespült die Ufer unbekannter Kontinente und Inseln. Weit, weit jenseits der ungeheuren Wasserwüste liegen zwei große Kontinente, von denen selbst der kleinere ganz Europa bei weitem in den Schatten stellt. Es sind Erdteile von unglaublichem Alter, in deren Länder die Stämme von Menschen umherzogen, die die Geheimnisse jeden Handwerks kannten, während dieses Land, das du Europa nennst, nichts anderes war als ein von Reptilen bewohnter Sumpf, ein feuchter Urwald, in dem Affen hausten.
So gewaltig sind jene Erdteile, daß sie die Welt vom Eis des Nordens bis zum Eis des Südens umspannen. Und jenseits von ihnen liegt ein riesiger Ozean. In ihm befinden sich unzählige Inseln, und diese Inseln stellten einst die Gipfel der Berge eines großen Landes dar – das versunkene Land Lemuria.
Und die beiden Kontinente sind Zwillinge, verbunden durch einen schmalen Streifen Land. Die Westküste des nördlichen Kontinents ist rauh und zerrissen. Mächtige Gebirge türmen sich gegen den Himmel. Aber diese Gipfel waren einmal Inseln, und auf diese Inseln gelangte einst der namenlose Stamm von Norden her. Das war vor so vielen tausend Jahren, daß man müde wird, sie zu zählen. Tausend Meilen entfernt im Nordwesten war der Stamm in den fruchtbaren Ebenen entstanden, die in der Nähe der Meeresstraße liegen, die den nördlichen Kontinent von Asien trennt.“
„Asien!“ rief ich verwirrt.
Der Alte warf mir einen zornigen Blick zu und fuhr nach einem Augenblick wieder fort:
„Dort, im fernsten Nebel der Vergangenheit, hatte sich ein kriechendes Meereswesen zum Affen, vom Affen zum Affenmenschen und vom Affenmenschen zum Wilden entwickelt.
Und Wilde waren sie noch, als sie grausam und kriegslustig die Küste herabkamen. Sie waren geschickte Jäger, denn Jahrhunderte lang hatten sie sich von der Jagd ernährt. Sie waren kräftig gebaut, nicht besonders groß, jedoch zäh und muskulös wie der Leopard. Kein Volk könnte ihnen widerstehen. Und sie waren die ersten Menschen.
Sie kleideten sich in Tierfelle, und ihre Steinwerkzeuge waren grob behauen. Sie nahmen die westlichen Inseln in Besitz, über denen stets die Sonne lachte. Und da lebten sie Tausende von Jahren. Und die westlichen Inseln waren reich und fruchtbar und das Meer friedlich. Da legte der Stamm die Waffen beiseite und begann, die Künste des Friedens zu pflegen. Sie lernten, ihre Steingeräte zu polieren, Getreide und Früchte