Verfluchtes Taunusblut. Osvin Nöller
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Читать онлайн книгу Verfluchtes Taunusblut - Osvin Nöller страница 13
Der Hauptkommissar räusperte sich. „Frau Dr. Fiedler, kennen Sie eine Renate Hubert?“
Sie hatte vermutet, dass der Besuch der beiden mit dem Mord zusammenhängen musste. Sie schob sich zurück bis zur Rückenlehne und saß kerzengerade.
„Ja, ich habe sie letzte Woche in Celle kennengelernt. Sie hat mich besucht.“ Ein Schauer überlief sie, als sie an die Tote dachte.
„Aha, weshalb war sie bei Ihnen? Sie wissen, dass sie vorgestern ermordet wurde?“
Sie nickte. „Ja, meine Zwillingsschwester hat es mir gesagt.“ Sie überlegte einen Augenblick, und erzählte dann die wesentlichen Einzelheiten ihrer Begegnung mit Renate. Die Augen der Polizisten wurden immer größer und Schubert schrieb hastig in sein Notizbuch.
„Deswegen bin ich hier in Bad Homburg. Gestern traf ich erstmals Julia und heute Abend lerne ich meine leibliche Mutter kennen.“ Sie beobachtete die Beamten. Berger wirkte gemütlich, obwohl er vermutlich unbequem sein konnte, wenn ihm etwas nicht passte. Schubert verkörperte eher den Typ eines Künstlers, der ein bisschen in einer eigenen Welt lebte. Sie bekam den Verdacht, dass er diesen Eindruck pflegte, um unterschätzt zu werden.
Harald Berger räusperte sich und schüttelte den Kopf. „Sachen gibt's! Haben Sie die Verstorbene noch einmal gesehen?“
„Nein.“
Er schien nachzudenken. „Sagen Sie, finden Sie es nicht merkwürdig, dass Frau Hubert Sie in Celle aufsucht, Ihnen Ihre tatsächliche Abstammung offenlegt und, kaum, dass Sie hier ankommen, ermordet wird?“ Die bisherige Freundlichkeit war einem provozierenden Unterton gewichen.
„Was denken Sie, worüber ich mir die ganze Zeit das Hirn zermartere? Der zeitliche Zusammenhang ist wirklich auffallend.“
„Wo haben Sie sich vorgestern Abend zwischen 18 und 20 Uhr aufgehalten?“
Sie erschrak, als Schubert sich zum ersten Mal mit schnarrender Stimme meldete. Sie rutschte im Sessel nach vorne. „Warum? Glauben Sie, ich hätte etwas mit dem Tod von Frau Hubert zu tun?“
Bergers Ton klang sofort versöhnlicher. „Wir wollen uns ein Gesamtbild machen. Beantworten Sie bitte die Frage meines Kollegen.“
Diana schluckte. „Hier im Hotel. Ich habe im Restaurant gegessen.“
„Kann das jemand bestätigen?“
„Ja, der Geschäftsführer. Er hat mich mit Julia verwechselt.“
Der Hauptkommissar ergriff erneut das Wort. „Gibt es irgendetwas, was Ihnen, außer dieser unglaublichen Geschichte, bei Frau Hubert eigenartig vorkam?“
Sie überlegte. Dann gab sie sich einen Ruck und erzählte den Polizisten von dem Zeitungsartikel mit dem handschriftlichen Vermerk.
Sie schauten sich einen Augenblick an, bevor sich Berger ihr wieder zuwandte. „Haben Sie die Seite hier?“
Sie nickte. „Oben in meinem Zimmer.“
***
Diana blickte den beiden Kommissaren hinterher. Ihre nackten Arme kribbelten, als ob Ameisen über sie wuselten.
Sie hatte an der Hotelrezeption eine Kopie des Artikels erstellen lassen und den Beamten übergeben.
Warum geschah der Mord just an dem Tag, als sie hier angekommen war? War das wirklich ein Zufall? Andererseits wusste bis auf Kai und Biggi niemand, dass sie hierher fahren würde. Welches Geheimnis verbarg sich hinter all dem? Die ganze Sache begann ihr unheimlich zu werden.
Schließlich stand sie auf, ging zum Lift und fuhr hinauf in ihr Zimmer. Dort zog sie eine Jogginghose, ein Sportshirt sowie ihre Laufschuhe an. Sie verließ den Raum, nahm dieses Mal die Treppe nach unten und durchquerte den Eingangsbereich. Mit eiligem Schritt erreichte sie die Kaiser-Friedrich-Promenade, überquerte die Straße und betrat den Kurpark. Sie sah kurz auf ihre Uhr und rannte los.
Joggen war für sie ein wichtiger Ausgleich zu ihrem Arbeitsalltag. Wenn sie einen Tag nicht laufen konnte, fühlte sie sich unzufrieden.
Sie bemerkte, dass ihr Tempo zu schnell war, ließ es dennoch zu. Es begann zu nieseln und bald darauf stärker zu regnen, ohne, dass es sie störte.
Ihre Gedanken umkreisten Renate und ihre leibliche Familie. Primär den mysteriösen Tod des Vaters. Zwischendurch drifteten sie zu Kai ab, auch ihre Adoptiveltern und Großeltern erschienen vor ihrem geistigen Auge. Ein schlechtes Gewissen stellte sich bei ihr ein, als sie an Biggi dachte, die sie derzeit in ihrer Praxis vertrat. Diana hatte sich, seit sie in Bad Homburg war, nicht bei ihr gemeldet. Das musste sie unbedingt nachholen.
Nach neunzig Minuten kehrte sie völlig erschöpft zurück und blieb eine Weile in der Hoteleinfahrt stehen, um den Puls zu beruhigen und normal atmen zu können. Sie hatte von der Laufstrecke kaum etwas wahrgenommen und war quasi wie in einem Tunnel gerannt.
Unter der Dusche war ihr, als ob sie die Vorkommnisse gerade abzuwaschen versuchte.
Nachdem sie sich abgetrocknet und die Haare geföhnt hatte, zog sie eine frische Bluse sowie ihren Sommerrock an. Dazu flache Schuhe, mit denen sie längere Strecken laufen konnte. Das Zimmer erschien ihr mit einem Mal eng und beklemmend.
Als sie das Hotel am frühen Nachmittag verließ, hatte es aufgehört zu regnen, immer größer werdende blaue Flecken am Himmel ließen sie auf einen Schirm verzichten. Das flaue Gefühl im Magen sagte ihr, dass sie etwas essen sollte. Sie ging die wenigen Meter bis zur Fußgängerzone und steuerte dort eine Metzgerei an, in der sie eine köstlich schmeckende Rindswurst mit Brot aß. Sie kannte diese Wurstsorte nicht, nahm sich deshalb vor, daheim beim Fleischer danach zu fragen.
Jetzt hatte sie Energie getankt und schlenderte durch die Ludwigstraße hinunter zum Kurpark zurück. Die Sonne sorgte für eine angenehme Wärme. Diana spürte eine beginnende Vorfreude auf den Besuch bei ihrer Mutter, gepaart mit einer vagen Unsicherheit. Was erwartete sie?
Mitten im Park entdeckte sie ein fremdländisch wirkendes Gebäude. Es handelte sich um vier Eckpfeiler, auf denen ein zweistöckiges Dach auflag. Figuren verzierten die Enden. Glöckchen bimmelten leise im Wind. Am beeindruckendsten fand sie die golden dekorierten Dachziegel, die von roten Punkten durchsetzt waren. Eine niedrige Mauer, die an zwei Seiten unterbrochen war, umgab das Gebilde. Sie glaubte, einen fernöstlichen Tempel vor sich zu haben. Interessiert las sie die Informationstafel und suchte mit ihrem Smartphone im Internet nach Erklärungen.
Im Jahr 1907 weilte der damalige thailändische König Chulalongkorn mit Herz- und Nierenproblemen in der Stadt, wo ihm mit einer Kur geholfen wurde. Zum Dank schenkte er Bad Homburg diesen Sala Thai, ein Gotteshaus. Diana faszinierte der im Sonnenlicht glänzende Pavillon, der eine unsagbare Ruhe ausstrahlte. Genau das, was sie jetzt brauchte. Sie blieb nahezu eine halbe Stunde dort. Schließlich gelang es ihr, abschalten.
Endlich raffte sie sich auf und spazierte durch den Jubiläumspark zur Altstadt und zum Kurfürstenschloss. Sie war froh, dass sie die flachen Schuhe angezogen hatte, denn das letzte Stück Weg zum Schlosshof war mit Kopfsteinpflaster bedeckt. Trotzdem spürte sie ihre Füße und Muskeln, die sich zunehmend beschwerten. Mental fühlte sie sich so frisch wie lange nicht mehr.
Vom Innenhof aus ließ sie den Blick über die Stadt bis hin zum Taunuskamm schweifen. Unweit von ihr entfernt arbeitete