Führen als Beruf. Boris Kaehler
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Führen als Beruf - Boris Kaehler страница 13
Führen ist mitunter anstrengend.
Führung in verschiedene Richtungen
Führung findet nicht nur in Richtung der eigenen Mitarbeiter statt, sondern „in alle Richtungen“35. Es geht beim Beruf der Führungskraft also nicht nur darum, unterstellte Mitarbeiter zu führen, sondern ähnlichen Einfluss auch auf Kollegen, externe Kräfte und den eigenen Chef zu nehmen. Dies freilich erwartet man auch von jedem Mitarbeiter. Er soll schließlich nicht nur die Führungsaufgabe der Beziehungspflege und Konfliktlösung (Kapitel 10) weitgehend selbst übernehmen, sondern ganz generell als Selbstführender am Führungsgeschehen mitwirken. Diesem Prinzip folgend muss natürlich auch die Führungskraft – hier in ihrer Rolle als Selbstmanagerin oder Selbstmanager – alle Schnittstellen und Einzelbeziehungen, die die Tätigkeit nun einmal mit sich bringt, systematisch pflegen. Auch sie ist ja der Einflussnahme von allen Seiten ausgesetzt und soll diese nicht passiv erdulden, sondern sich proaktiv einbringen. Insofern ist das Führen in verschiedene Richtungen (Abbildung 8) ein wichtiges, aber keineswegs auf die Führungskraft beschränktes Prinzip. Entsprechend unserer Führungsdefinition (Kapitel 1) lässt sich vielleicht auch nicht bei allen von Führung im engeren Sinne sprechen. In jedem Falle wird man den Kreis hier auf diejenigen beschränken, die Mitglieder oder jedenfalls Mitwirkende der Organisationseinheit sind. Mit externen Stakeholdern wie Kunden, Wettbewerbern, Zulieferern, Investoren, Öffentlichkeit, Gesetzgebern oder Gerichten muss man zwar ebenfalls zielgerichtet interagieren. Diese Form der Einflussnahme ist aber unspezifischer und deshalb keine Führung. Wo auch immer man die Grenze zieht, entscheidend ist die Erkenntnis, dass das Führungsmandat mehr umfasst als nur die Steuerung direkt unterstellter Mitarbeiter.
Führungskraft werden und bleiben
Wer Führungskraft sein will, muss eine Organisation dazu bringen, ihm eine Führungsposition anzuvertrauen. Wenn Sie eine solche Führungsposition bekleiden, führen Sie arbeitende Menschen und sind eine FührungskraftXV. Das ist ein völlig anderer Job als der eines Fachspezialisten. Dennoch werden in vielen Organisationen immer noch bevorzugt solche Leute in Führungsverantwortung gebracht, die sich zuvor durch exzellente fachliche Arbeit und besonders professionelles Auftreten hervorgetan haben. Als Führungsaspirant sind Sie also im Allgemeinen gut beraten, sich durch solches zu empfehlen. Im Kontext professioneller Personalmanagementstrukturen von Großunternehmen sollte es aber eigentlich auch spezielle Instrumente zur Identifikation und Entwicklung von Führungstalenten geben. Sofern diese keine Selbstnominierungen vorsehen, ist es an Ihnen, Ihre Chefin oder Ihren Chef von der Sinnhaftigkeit einer solchen Maßnahme zu überzeugen. Alternativ kann man sich natürlich auch gezielt auf dem internen oder externen Arbeitsmarkt um entsprechende Stellen bewerben. In diesem Fall tun Sie gut daran, Ihre Führungsausbildung gleich mit zu verhandeln oder diese bereits im Vorfeld zu absolvieren. Für Berufseinsteiger werden oft auch Traineeprogramme und ähnliche Fördermaßnahmen angeboten, die von vornherein als Vorbereitung für eine Führungslaufbahn gedacht sind. Wenn es gut läuft, ist Ihnen Ihre Führungsposition damit schon fast sicher.
Mit einer Führungsposition geht Positionsmacht einher. Sie als Positionsinhaber bestimmen maßgeblich mit über die Gehälter, Arbeitsaufgaben, Ressourcen und Arbeitsverhältnisse Ihrer Mitarbeitenden. Grundlage dafür, dass es all dies überhaupt gibt, ist das arbeitsvertragliche Austauschverhältnis, das beide Seiten freiwillig eingegangen sind. Manche Führungstheorien und Trainer wollen uns erzählen, wir müssten all dies ausblenden und im luftleeren Raum dafür kämpfen, als Führende anerkannt zu werden. In Wirklichkeit aber wird die Interaktion in der Organisation sehr maßgeblich durch diese aufbaustrukturellen Faktoren bestimmt. Profis – egal ob auf Mitarbeiter- oder Führungsebene – akzeptieren in der Regel die ihnen zugewiesenen Rollen. Im Alltag trägt das über weite Strecken ganz gut. Nur paranoide und sehr schwache Manager sorgen sich ständig um ihren Stand im sozialen Gefüge. Hilfreich ist es freilich, wenn sowohl die Führungskraft als auch die Mitarbeiter ein klares Verständnis von ihren jeweiligen Tätigkeiten und Verantwortlichkeiten haben. Man weiß dann, was man voneinander zu erwarten hat und muss dies nicht laufend neu aushandeln.
Positionsmacht ist wichtig…
Auch organisatorisch verankerte Führungspositionen können aber kippen! Wer zu viel Unmut der Mitarbeiter, Chefs oder Kollegen auf sich zieht, wird früher oder später in Frage gestellt. Liegt dies an Mängeln im Bereich der personen- oder sachbezogenen Führung und lassen sich diese klar aufzeigen, handelt es sich eigentlich um einen ganz normalen Fall von Minderleistung. Man erfährt, was im Argen liegt, und hat die Chance, sein Verhalten entsprechend anzupassen. Fühlen sich z. B. Mitarbeiter überhaupt nicht angesprochen und abgeholt, so geht dies in aller Regel auch mit vernachlässigten Führungsaufgaben einher. Da aber vielerorts gar nicht klar definiert ist, was gute Führungsleistung und angemessenes Führungsverhalten genau beinhalten, ist dies eher die Ausnahme. In den allermeisten Fällen, in denen es Führungskräften an den Kragen geht, liegt die Ursache anderswo. Zu denken ist hier z. B. an betriebliche Umstrukturierungen, die mit einer Reduktion der Führungspositionen einhergehen, oft begleitet durch mehr oder weniger überzeugende neue Kompetenzmodelle. In anderen Fällen entwickeln Vorgesetzte einen diffusen Unmut gegen eine Führungskraft, der sich bei irgendeinem Anlass in einen Austauschwunsch steigert. Gefährlich sind auch Intrigen seitens der Mitarbeitenden oder Kollegen, die Mobbingcharakter annehmen und auf einen Führungswechsel abzielen. All dies ist im Vorhinein nur schwer zu abzusehen und wird oft erst erkannt, wenn es zu spät ist. Aus diesem Grunde sind Machtsicherung und Mikropolitik untrennbar mit jeder Führungsposition verbunden.
…, sie trägt aber nicht unbegrenzt.
Mikropolitik und Machtsicherung
Mikropolitik bezeichnet das Arsenal alltäglicher Techniken, mit denen Macht auf gebaut und eingesetzt wird, um den eigenen Handlungsspielraum zu erweitern und sich fremder Kontrolle zu entziehen36. Sie erzeugt Reibung und kann die Organisationseinheit vom eigentlichen Unternehmenszweck wegführen. Zugleich erfüllt sie aber eine wichtige dynamisierende und flexibilisierende Funktion, da sie Formalregelungen ergänzen, die weder jedes Detail abdecken noch ewig Bestand haben können37. Mikropolitik ganz aus Organisationen zu verbannen, ist daher nicht nur unrealistisch, sondern auch gar nicht wünschenswert. Tabelle 4 gibt einen Überblick über einschlägige Taktiken.
Für