Taunusschuld. Osvin Nöller
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Читать онлайн книгу Taunusschuld - Osvin Nöller страница 6
Sarah Schwenke schlug die Hand vor die Stirn. „Die beiden kennen sich! Und der Täter scheint zu hoffen, dass sie ihn nicht erkennt. Deshalb bleibt er stumm.“
„Bingo“, bestätigte Melanie zufrieden. Längst hatte sie ihr Jagdinstinkt im Griff.
Schubert riss die Augen auf. „Zeig das noch einmal!“
Am Ende der Filmsequenz schlug er auf den Tisch. „Sauber, ihr habt vermutlich recht!“
Sarah grinste. „Sie heißt Simone Dörling und sollte an dem Morgen nicht bei der Arbeit sein, da sie eigentlich krankgeschrieben war. Das passt hundertprozentig!“
Sandro startete den Film erneut. Sie schauten ihn weiter an, bis zu dem Punkt, an dem der Täter das Geschäft fluchtartig verließ.
„Ich wage eine weitere Behauptung“, begann Melanie. „Jühlich erwartet den Überfall. Aus diesem Grund holt er den Schlüssel ohne Aufforderung aus der Schublade. Ich wette, es handelt sich um einen geplanten Versicherungsbetrug. Alles ist aus dem Ruder gelaufen, weil die Tatsache, dass Dörling unerwartet anwesend war, den Typen aus der Bahn geworfen hat.“ Sie lehnte sich zurück und verschränkte die Arme. Ich hatte recht, dachte Melanie zufrieden.
Sandro sah Schubert an. „Auch das ergibt Sinn. Deswegen war der Juwelier morgens außer sich, als die Dörling erschien. Vermutlich befürchtete er, sie könnte den Täter erkennen.“
Schubert schaute nachdenklich zum Fenster. „Ein interessanter Ansatz. Dem gehen wir nach.“
Die Tür öffnete sich. Sebastian Wolrich, der Leiter der Polizeidirektion, betrat den Raum gemeinsam mit einem großgewachsenen Mann.
„Hallo zusammen“, grüßte er, als sein Blick auf Melanie fiel. Er ging direkt auf sie zu und reichte ihr die Hand. „Schön, Sie zu sehen. Ich hörte davon, dass Sie das Pech hatten, beim Überfall dabei zu sein.“
Sie stand, wie auch alle anderen, auf und erwiderte den Gruß.
„Ich möchte euch Heiko Pränger vorstellen.“ Wolrich schaute zum plötzlich verbissen wirkenden Schubert. „Du kennst ja Heiko noch aus seiner Zeit bei uns.“
Der Hauptkommissar nickte verkniffen.
„Er arbeitet heute im Bundeskriminalamt in Wiesbaden in der Abteilung Schwere und organisierte Kriminalität.“ Der Leiter wedelte mit einem Blatt Papier. „Er hat euch etwas mitzuteilen.“
Pränger zeigte auf Melanie und drehte sich zu Wolrich um. „Hier vor einer Zivilperson?“
Wenn der Typ mit den kurzen braunen Haaren und dem Dreitagebart nicht schon vorher unsympathisch rübergekommen wäre, hätte er es spätestens jetzt geschafft. Er strahlte Überheblichkeit aus, dass er aber unverblümt mit dem ausgestreckten Finger auf sie gezeigt hatte, war das i-Tüpfelchen für ihre Bewertung. Leider kannte sie solche Beamten aus ihrem früheren Berufsleben nur zu gut. Vielleicht besaß sie deshalb eine spezielle Schublade für sie, in der Pränger gerade verschwunden war.
Umso mehr freute sie Wolrichs Reaktion. „Du kannst offen vor Frau Gramberg sprechen. Sie ist eine ehemalige LKA-Kollegin aus Hamburg und war während des Überfalls zufällig am Tatort. Wir haben seit einem Fall, bei dem sie uns vor ein paar Monaten sehr geholfen hat, so was wie ein kollegiales Verhältnis zu ihr. Sie versteht es, mit vertraulichen Informationen umzugehen.“
Melanies Gesicht wurde bei so viel öffentlicher Wertschätzung warm.
Pränger grinste sie breit an. „Eine Ehemalige also. Ihr arbeitet auch mit allen Tricks.“
Am liebsten hätte sie ihm spätestens jetzt eine gelangt. „Also Leute, wie Basti bereits ausgeführt hat, kümmere ich mich um die großen und vor allem internationalen Fälle. Dabei haben wir einen Diamantenschmugglerring in der Beobachtung, der von Antwerpen aus quasi in ganz Europa aktiv ist. Eine Person, die wir in diesem Zusammenhang auf dem Radar haben, ist Dirk Jühlich. Genau der Jühlich, der gestern überfallen und angeschossen wurde. Ich darf das eigentlich gar nicht verraten, halte es aber für wichtig, damit ihr unsere Entscheidung versteht und gehe davon aus, dass es hier im Raum bleibt.“
Melanie ahnte, was jetzt kommen würde, und glaubte neben sich die geflüsterten Worte „Du Arsch“ zu hören. Sie schielte zu Schubert, der aussah, als wäre er kurz vor dem Platzen.
„Wir glauben nicht, dass der versuchte Raubüberfall etwas mit dem Schmuggel zu tun hat. Deshalb habe ich die Verfügung mitgebracht.“ Er zeigte auf Wolrichs Zettel. „Dass ihr ab sofort ausschließlich nach eurem Täter sucht und euch aus allem, was nach Diamanten aussieht, heraushaltet. Ich werde die Diamantenlieferung, die vorgestern angekommen ist, beschlagnahmen. Falls ihr den Eindruck haben solltet, doch an unseren Zuständigkeitsbereich zu stoßen, meldet ihr euch sofort und ausschließlich bei mir persönlich, um das weitere Vorgehen abzustimmen. Die Betonung liegt auf sofort!“ Er legte eine Visitenkarte auf den Tisch. „Ich hoffe, wir arbeiten reibungslos zusammen.“
Schubert holte hörbar Luft. „Darf ich etwas dazu sagen?“
„Jetzt nicht“, entgegnete Wolrich. „Komm nachher in mein Büro. Ich glaube, die Anweisung aus Wiesbaden ist eindeutig. Frohes Schaffen noch.“ Er rauschte mit dem Gast aus dem Raum.
***
„Der Typ hatte einen Beschluss der Staatsanwaltschaft, mit dem das BKA die Ermittlungen einschränkt?“ Siggi fuhr sich durchs Haar und lehnte sich auf dem Besucherstuhl vor Melanies Schreibtisch in der Detektei zurück.
Melanie zuckte mit den Schultern. „Wolrich hat das Papier zumindest akzeptiert.“ Sie grinste. „Du hättest Schubert sehen sollen. Der stand kurz vor der Explosion. Ich hatte ohnehin den Eindruck, dass er und dieser Pränger damals nicht die besten Freunde waren.“
Er verschränkte die Arme. „Ist etwas ungewöhnlich. Der Diamantenschmuggel liegt zunächst einmal nicht im natürlichen Zuständigkeitsbereich des Bundeskriminalamtes, wenn dann eher beim LKA. Also muss etwas Besonderes an dem Fall sein, wenn ein Staatsanwalt die Ermittlungen nach Wiesbaden verlagert. Zudem müssen die Herrschaften sehr schnell von dem Überfall erfahren und dann blitzartig einen Staatsanwalt gefunden haben, der ihnen die Beschlüsse zur Verlagerung und der Beschlagnahmung der Diamanten unterschrieben hat. Das alles in den paar Stunden. Sehr, sehr ungewöhnlich! Zumal die Beschlagnahme unter dem richterlichen Vorbehalt steht. Ich wüsste zu gern, was da dahintersteckt.“
Melanie überlegte. „Glaubst du, da ist was faul?“
„So weit will ich im Moment nicht gehen. Wolrich wird das geprüft haben. Ich bin aufgrund meiner eigenen Erfahrungen halt nur überrascht. Ich habe solche Anordnungen zu meiner Zeit nur in absoluten Ausnahmefällen getroffen. Da mussten die Ermittler mit sehr überzeugenden Argumenten kommen. Muss aber zugeben, dass das mehr als fünfzehn Jahre zurückliegt. Was haben sie zu deiner anonymen Nachricht gesagt?“
Melanie verzog das Gesicht. Sie erzählte, dass Sandro mit ihr bei einem Kripobeamten war, der die Anzeige mit kaum erkennbarem Elan aufgenommen habe. „Ich glaube nicht, dass der sich ein Bein ausreißen wird“, schloss sie den Bericht ab und stand auf. „Sei mir nicht böse, aber ich will mich in der Wohnung noch kurz frisch machen