Küstengold. Kurt Geisler
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»Etwas gebracht? Die Mitarbeit in einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe? Das kann nicht dein Ernst sein, Dreesen.«
»Doch, doch. Du weißt, wie knapp ich nach der Scheidung von meiner Frau bin. Reisen kann ich mir seitdem ausschließlich dienstlich leisten. Mit den Kollegen in der Arbeitsgruppe habe ich deswegen endlos viele Aktivitäten in ganz Europa geplant. Da kann man mit dem erhöhten Auslandstagegeld richtig gut Urlaub machen.«
Brodersen wiegelte ab. »Und das hätte deine Hausspitze mitgemacht?«
Dreesen war sich sicher. »Klar, für den Ministerpräsidenten wären schließlich ebenfalls schöne Reisen abgefallen, weltweit übrigens. Man muss als Regierungschef gelegentlich dem Mief vor der Haustür entfliehen, um globalere Sichten entwickeln zu können.«
Große Worte von Dreesen, und deswegen setzte Brodersen interessiert nach. »Wo wart ihr denn überall auf dem Globus?«
Die Frage behagte Dreesen nicht, und so antwortete er unwirsch. »Nirgends.«
Auf den erstaunten Blick von Brodersen legte er nach. »Sie haben mir den Hesselbein vor die Nase gesetzt. Einer dieser jungen Überflieger mit dem richtigen Parteibuch. Dabei zeigt der Name doch schon, dass er bei uns nichts zu suchen hat.«
Dreesen war die Verachtung für Hesselbein deutlich anzumerken.
Brodersen konnte nicht folgen. »Was hat der Hesselbein damit zu tun?«
»Hesselbein hat ungetrübt von jeglicher Fachkenntnis angeordnet, dass in allen länderübergreifenden Gremien zukünftig nur noch Vertreter des Höheren Dienstes teilnehmen sollen. Damit das Land angemessen repräsentiert wird, hat er gesagt. Da war ich natürlich außen vor.«
»Und das hast du dir von einem Traubenlutscher aus Hessen gefallen lassen?« Jetzt wollte Brodersen die ganze Geschichte hören.
»Natürlich nicht«, entgegnete Dreesen. »So geht man mit einem norddeutschen Oberamtsrat nicht um. Ich musste notgedrungen Abwehrmaßnahmen ergreifen. So bin ich auf meine Art in den Landtag gezogen.« Dreesen grinste mit einer Selbstzufriedenheit, die nur gestandene Oberamtsräte empfinden können.
Brodersen konnte seine Neugier kaum zügeln. »Du hast mit den Landespolitikern geredet? Das wird dir aber schaden. Nun lass mich nicht so zappeln.«
»Nein. Ich bin zum Essen in die Kantine vom Landtag gegangen und habe mich immer an Tische gesetzt, an denen Abgeordnete in der Nähe saßen. Dann habe ich vor meinen Kollegen mit lauter Stimme beklagt, dass ich in meiner Bund-Länder-Arbeitsgruppe verlässlich erfahren habe, dass der Bund den ganzen Kohlendioxid-Dreck im Meeresgrund der Nordsee in Schleswig-Holstein lagern will. Alles bei uns.«
Brodersen verstand das nicht. »Und?«
Jetzt triumphierte Dreesen. »Da haben alle lange Ohren bekommen. Schließlich haben sich inzwischen überall an der Nordsee Bürgerinitiativen gegen die Kohlendioxid-Verklappung gebildet, und überall im Watt wehen Protestflaggen.«
Brodersen klappte die Kinnlade herunter. Nachdenklich fragte er nach: »Aber wenn der Hesselbein jetzt zur Bund-Länder-Arbeitsgruppe gehört, bekommt der doch mit, was du angezettelt hast.«
Dreesen schüttelte den Kopf. »Nö. Der Bund-Länder-Arbeitsgruppe habe ich einfach ohne Begründung schriftlich abgesagt.«
Brodersen schaute ihn fassungslos an.
Dreesen fuhr ungerührt fort. »Ich habe anschließend meine Kollegen in Berlin angerufen und Ihnen von den vielen Bürgerprotesten an der Westküste berichtet. Und dass unsere Politiker das Ziel haben, alle weiteren Aktivitäten der Arbeitsgruppe zu verhindern. Keine Reisen und so. Das haben die sofort begriffen. Schleswig-Holstein behält sich vor, selbst zu entscheiden, wann sie wieder an der Arbeitsgruppe teilnehmen wollen, haben sie vermerkt. Erstmal keine Einladungen mehr nach Schleswig-Holstein versenden, heißt das in der Verwaltungspraxis.«
Brodersen war die Sorge um Dreesen deutlich anzumerken. »Hesselbein wird vermutlich früher oder später über die Akten stolpern.«
Oberamtsrat Dreesen lächelte überlegen. »Nein, die Akten sind absolut sicher verwahrt. An einem Ort, wo sie niemand suchen oder finden wird. Rate mal.«
Brodersen fiel nichts ein.
Dreesen erlöste ihn. »In der Zentralregistratur, wo sie hingehören. Ein Labyrinth.«
Brodersen konnte seine Bewunderung nicht mehr zurückhalten. »Mensch, Dreesen. Du bist ein Ass. Du gehörst zu denen, die wirklich etwas im Land bewegen.«
»Wenn nicht ich, Brodersen, wer denn sonst?« Dreesen nickte selbstgefällig. Die Beerdigung der Bund-Länder-Arbeitsgruppe war ihm staubfrei gelungen. Es wäre ja auch noch schöner, wenn sich Hesselbein in sein gemachtes Nest gesetzt hätte.
Dreesens Gedanken schweiften wieder zu Jeanette ab. Gut, sie siezten sich noch. Seit fast einem Jahr. Stuhr hatte letzten Sommer einfach im falschen Moment dazwischengefunkt. Aber der war seit einiger Zeit glücklicherweise abgemeldet. Dreesen würde den nächsten Schritt zu einer engen Beziehung mit Jenny jetzt angehen. Ob es auf Dauer gut gehen würde?
Nachdenklich sah er seinen Kollegen an. »Sag mal, Brodersen. Bist du eigentlich glücklich?«
Sein Amtskollege war von dieser unerwarteten Anfrage überrascht, denn er wand sich wie ein Aal. »Mensch, Dreesen. Du kannst aber anspruchsvolle Fragen stellen. Kennst du einen einzigen Mann mit Frau und Kindern, der glücklich ist?«
»Nein, ich meine etwas anderes. Ich bin an einer faszinierenden Frau dran. Hamburger Geldadel, ausgesprochen gut aussehend. Sonntag geht es mit ihr gemeinsam an die Nordsee.«
Brodersen wiegelte ab, bevor er die Frage mit einer wegwerfenden Handbewegung abtat. »Na, erst einmal müsst ihr euch richtig kennen lernen. Nach zehn Jahren ist es dann egal, mit wem man zusammen ist. Das musst du doch noch von der Ehe mit deiner Olsch wissen.«
Dreesen hielt dagegen. »Du kannst Jeanette nicht einfach so mit meiner Alten vergleichen. Das ist eine ganz andere Preisklasse. Zudem verehre ich sie.«
»Deine Exfrau nicht?«
»Bist du verrückt, Brodersen? Meine Olsch hat mir nach der Scheidung finanziell dermaßen die Hosen ausgezogen, dass ich am Stock gehe. Nun kommt endlich wieder ein wenig Licht in mein Leben, und du machst mir das mies. Ein feiner Kumpel bist du. Hast du noch einen Pieper?«
Den hatte Brodersen. »Auf einem Bein kann man bekanntlich schlecht stehen, Dreesen.« Er griff in die Hosentasche, und dann wiederholte sich die Trinkzeremonie. Brodersen war neugierig. »Hast du ein Foto von dieser Jeanette?«
Tänzelnd holte Dreesen beschwingt den Fotoaufsteller von seinem Schreibtisch und übergab ihn seinem Kollegen. Das Foto zeigte Jeanette und ihn. Sie standen zwar noch getrennt auf beiden Seiten eines Dienstfahrzeugs, aber solche Beweise zählten in einer Behörde: Ehepartner, Geliebte, Scheidungen und Kinderglück, all dies ließ sich aus den Fotoaufstellern ablesen.
»Nicht schlecht«, brummelte Brodersen. »Die würde ich auch nicht von der Bettkante stoßen.«
Dreesen lachte laut auf. »Tut mir leid, aber bei Jeanette hättest du keine Chance.«
Brodersen ging darauf nicht ein. »Meine Frau ist schon in Ordnung. Sie kann gut kochen,