Küstengold. Kurt Geisler

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Küstengold - Kurt Geisler

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begann, die Gläser beiseite zu schieben, aber Verena stellte sie seelenruhig zurück. »Stehenlassen, das Rot bringt doch erst richtig Farbe für die beiden Herren auf das Foto.«

      Schneider ermunterte Stuhr, gemeinsam mit ihm ein Wort in den Mund zu nehmen, das ein Lächeln auf das Foto zaubern sollte: »Ameisenscheiße.« Stuhr tat es ihm nach, aber als das Klicken des Handys zu vernehmen war, war er nicht sicher, ob es im richtigen Moment aufgenommen wurde. Man würde sehen.

      Die Stimmung auf der Arche Noah wurde immer ausgelassener. Ja, in St. Peter-Ording abzufeiern, das war schon etwas ganz Besonderes. An jedem Wochenende steppte im Sommer hier der Bär, und dieses Mal würde Schneider in Feierlaune sicherlich noch einen oben draufsetzen.

      Je tiefer sie anschließend in das Gespräch versanken und je ausgelassener die Feierlaune wurde, umso mehr wurde Stuhr klar, dass dieser schillernde Schneider ihn so schnell nicht mehr loslassen würde. Immer wieder zuckten Fotoblitze über die Sonnenterrasse bis in die späte Nacht. Irgendwie haben Typen wie Schneider ja auch etwas Besonderes an sich.

      Stuhr blickte verstohlen zur Bedienung. Sie sah wirklich klasse aus. Jetzt bemerkte auch Verena seinen interessierten Blick und hielt mit ihren stechenden blauen Augen dagegen, während ihr Lächeln immer diabolischer wurde.

      Bei Gott, in welche Mördergrube war er nur hineingeraten? Nein. Stuhr maßregelte sich. Er hatte im letzten Jahr schon genug Mist gebaut und ein unmittelbarer Nachfolger von Schneider bei dieser Verena wollte er nicht werden.

      Gesichert war nur, dass Stuhr heute nicht mehr nüchtern vom Sand kommen würde.

      Mit Pauken und Trompeten

      Todmüde jagte Stuhr viel zu schnell über die von den trüben Scheinwerfern seines alten Golfs kaum erleuchtete Landstraße. Ungläubig schaute er auf die Uhr. Es war noch keine sechs Uhr am frühen Morgen.

      Kommissar Hansen hatte ihn aus dem Schlaf gerissen. Stuhr fragte sich, warum er das eigentlich immer mit sich machen ließ. Der Kommissar hatte sicherlich ohnehin Bereitschaft und schob ruhestandsfähigen Dienst. Aber er selbst hätte noch schön in seinem Hotelbett in Sankt Peter liegen bleiben können, zumal sein Schädel von dem Gelage am Abend vorher mit Schneider noch heftig schmerzte.

      Er durchwühlte das Handschuhfach nach einem Kaugummi, aber er wurde nicht fündig. Als Stuhr vorzeitig pensioniert worden war, hatte er sich geschworen, nie mehr vor neun Uhr morgens aufzustehen. Und jetzt versuchte er mühselig, im Morgengrauen den Weg nach Rendsburg zu finden.

      Am besten den Ring um den alten Ortskern wählen und dann mit der Schwebefähre übersetzen, hatte ihm Kommissar Hansen mit auf den Weg gegeben. Sie hatten sich vor Jahren in der Staatskanzlei kennengelernt, als Hansen zum Personenschutz des Ministerpräsidenten abkommandiert war. Stuhr wäre früher auch gerne zur Polizei gegangen, aber Freunde hatten ihm wegen der schlechten Aufstiegsmöglichkeiten abgeraten. Kommissar Hansen war schon in Ordnung, und wenn er mit seinen dienstlichen Mitteln nicht weiterkam, rief er Stuhr gern einmal an. So konnte Stuhr jetzt als Frühpensionär ermitteln, ohne jemals bei der Polizei gewesen zu sein.

      Als ehemaliger Beamter der Staatskanzlei hatte Stuhr immer noch viele Kontakte in den verschiedenen Ministerien und konnte dienstprivat schon noch das eine oder andere herausbekommen. Sein alter Dienstausweis, der bis zu seinem 65. Lebensjahr gültig sein würde, wurde ihm nie abverlangt und leistete nach wie vor treue Dienste.

      Das Rendsburger Ortsschild flog an ihm vorbei, und schnell erreichte er über den Stadtring und die Kreisverwaltung die Alte Kieler Landstraße. Wenig später tauchten in den Nebelschwaden die filigranen Bögen der alten Eisenbahnbrücke auf, die sich über die Kreisstadt in luftige Höhen hochschraubt und den Nord-Ostsee-Kanal Richtung Kiel überquert. Jetzt entdeckte er auch den Wegweiser zur Schwebefähre, einer Hängebahn, die unterhalb der Stahlbrücke montiert war. Stuhr bremste seinen Wagen ab und bog zum Kreishafengelände ein. Wenig später hielt er unterhalb der Eisenbahnbrücke vor einer Schranke, hinter der sich im Wasser des Kanals die Lichter der Laternen auf der gegen­überliegenden Seite spiegelten.

      Aus dem Morgengrauen glitt die an vielen Seilen hängende Schwebefähre heran, deren tiefliegender Bug sich unter der Fahrbahn einklinkte. Die Schranke öffnete sich, und Stuhr konnte auffahren. Die Fähre bot Platz für vier Fahrzeuge, aber da er der einzige Fahrgast war, zeigte der Kapitän im Führerstand Gnade und schloss die Schranken wieder.

      Stuhr genoss den kühlen Morgenwind, als er in wenigen Metern Höhe mitsamt der Fähre durch die Nebelschwaden über den Kanal schwebte. Kurze Zeit später legte die Fähre auf der anderen Seite in Osterrönfeld an, und er konnte seine Fahrt fortsetzen.

      Keinen halben Kilometer weiter konnte Stuhr mehrere Scheinwerfer ausmachen, deren grelles Licht ihn zunehmend blendete. Die davor parkenden Fahrzeuge warfen ihm lange Schatten entgegen. Der Kommissar hatte recht gehabt, das war wirklich einfach zu finden.

      Stuhr fuhr auf einem kleinen Wirtschaftsweg direkt zum Licht hin. Die wenigen Personen, die bei den Polizeifahrzeugen hantierten, wirkten gespenstisch im aufsteigenden Nebel der Morgendämmerung.

      Stuhr stoppte und zwängte sich aus dem Golf.

      Kommissar Hansen eilte auf ihn zu. »Moin, Stuhr. Du hast dir ja schon wieder so eine alte Rostlaube zugelegt.«

      Stuhr reichte ihm die Hand. »Moin, Hansen. Golf II, da kenne ich jede Kerbe im Lenkrad.«

      Der Kommissar verzog die Nase. »Mein Gott, hast du eine Fahne.«

      Stuhr unternahm Anstalten, sich umzudrehen. »Tut mir leid, gestern einen Kleinen gehabt. Ich kann ja auch umkehren und nach Sankt Peter zurückfahren.«

      Hansen Stimme klang streng. »Dann muss ich dir leider von Amts wegen den Lappen abnehmen. Besser, du bleibst.«

      Stuhr wollte protestieren, aber im gleichen Augenblick nahm ihn Hansen am Arm und führte ihn fort. »Prima, Stuhr, dass du gleich herkommen konntest. Ich möchte dir etwas zeigen, komm mal mit.«

      Der Kommissar führte ihn zu einem im Dunkeln liegenden Windrad, dessen langsam laufende Rotoren gleichmäßige rhythmische Geräusche verursachten, die dem Fallen des Beiles einer Guillotine nicht unähnlich klangen. Er wies auf eine auf dem Boden liegende Plane, die einen Körper abdeckte.

      »Ich möchte dir den Anblick ersparen, denn einen Körper ohne Kopf vergisst man nicht so leicht.«

      Nun zeigte der Kommissar mit dem Zeigefinger auf einen Hubwagen direkt unter dem Windrad, der ungleichmäßig mit Blutspritzern überzogen war. »Wie mit einer Keule weggeschlagen. Irgendjemand muss das geknebelte Opfer an die Hubkanzel gebunden und langsam zu den Rotoren des Windrades hochgefahren haben. Der Kopf ist ein ganzes Stück durch die Luft gesegelt und dann den Hang zum Kanal heruntergerollt. Dort ist er von den Schafen sauber geleckt worden. Der Knebel steckt immer noch im Kiefer.«

      Unbestritten ein hässlicher Tod, aber es wird zumindest schnell gegangen sein. Stuhr musste würgen.

      Er wurde nachdenklich. Gab es einen schönen Tod? Stuhr beschloss, irgendwann einmal mehr über diese letzten Dinge des Lebens nachzudenken, wenn er dazu jemals Zeit finden sollte. »Habt ihr schon eine erste Vermutung?«

      »Deswegen habe ich dich aus dem Bett geholt, Stuhr. Der Kollege Fingerloos hat ganze Arbeit geleistet. Er konnte den Toten anhand des Ausweises identifizieren. Muss eine üble Fummelei in der Blutsuppe gewesen sein. Den Papieren nach handelt es sich um einen Sönke Sörensen, Abteilungsleiter von der Nordstrom AG in Rendsburg. Die versorgen Mittelholstein

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