Eisaugen. Margit Kruse

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Eisaugen - Margit Kruse

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bläst du ihm nicht mal den Marsch?«, fragte Margareta ihre Mutter wenig später in der Küche, als sie sich traurig an den Abwasch machte.

      »Ach, Kind, du weißt doch, wie er ist. Er meint es nicht so«, verteidigte sie ihren Vater zu allem Überfluss.

      »Aber es stört dich doch! Ich finde es widerlich, wie er sich aufführt!« Margareta konnte und wollte ihre Mutter nicht verstehen. Auch als Nur-Hausfrau muss man sich nicht alles gefallen lassen. Bevor sie gleich wieder mit Sprüchen kam wie: ›Ich hatte es bei ihm immer gut und brauchte nie arbeiten zu gehen‹, wechselte Margareta das Thema und kam auf den Leichenfund zu sprechen. Sofort hellte sich das Gesicht ihrer Mutter auf und die Worte sprudelten nur so aus ihrem Mund. Margareta bekam die neueste Zusammenfassung aller Ereignisse und Berichterstattungen der Nachbarn in Kurzform geliefert.

      5.

      Margareta saß auf dem wackeligen Barhocker in dem dunklen Reiterstübchen und nippte an ihrer Cola, die ihr die Frau mit den langen Haaren soeben hingestellt hatte. Für ihr Alter, Margareta schätzte sie auf Ende 40, war ihre Walla-Walla-Frisur eher untypisch. Ihr Gesicht war sonnengebräunt und hatte feine Züge. Ihre Augen blickten traurig, aber dennoch wachsam. An der gegenüberliegenden Wand hing ein gerahmtes Foto, welches eine strahlende junge Frau in Reitermontur an der Seite eines Pferdes zeigte. Die gleiche Ausgabe Frau in jung. Das musste ihre Tochter Sabine sein, die man ermordet auf dem Friedhof gefunden hatte. Morgen wird sie beerdigt und ihre Mutter bediente hier seelenruhig Gäste. Oder war sie vielleicht gar nicht so ruhig, wie sie schien? Brauchte sie ganz einfach Ablenkung? Und ich? Was habe ich hier eigentlich verloren?, fragte sich Margareta. Mit ihrem frisch gewaschenen Haar, welches ihr locker auf die Schultern fiel, kam sie sich vor wie die Tatort-Kommissarin Lindholm, alias

      Maria Furtwängler, die gerade einer heißen Spur nachging. Und diese führte in das kleine, altertümliche Reiterstübchen eines Resser Reiterhofes.

      Die dauerwellgelockten Freundinnen ihrer Mutter hatten herausgefunden, dass Sabine Pöschl keine Angestellte des Reiterhofes war, sondern die Tochter des Hauses. Die Pferdenärrin hatte verzogenen Mädchen mit Liebe und Ausdauer Reitunterricht erteilt. Sie war ebenfalls eine leidenschaftliche Reiterin gewesen, die schon so manchen Pokal bei Turnieren eingeheimst hatte.

      Wahrscheinlich starrte Margareta die Gläser spülende Karin Pöschl zu sehr an, denn sie blickte misstrauisch zu ihr herüber.

      »Sie sind aber nicht von der Kripo, oder? Ich habe genug Fragen in den letzten Tagen beantwortet. Ich kann nicht mehr, ich bin am Ende!«

      »Nein, ich bin nicht von der Kripo«, antwortete Margareta nicht ohne Stolz. Man konnte sie also durchaus für eine Kommissarin halten.

      »Was wollen Sie dann hier? Ihre Tochter zum Reiten anmelden?«, fragte Sabines Mutter genervt.

      »Nein, ich habe keine Kinder. Ich war ganz einfach neugierig, als ich von dem Tod Ihrer Tochter – sie war doch Ihre Tochter, oder? – erfahren habe.« Besser ehrlich sein, dachte sich Margareta. Was hatte sie schon zu verlieren.

      »Na, Sie haben Mut! Kommen einfach hier hereinspaziert. Sind gar nicht von der Presse oder Kripo!« Karin Pöschl schüttelte den Kopf, drehte sich um und nahm zwei kleine Gläschen aus dem Hängeschrank mit den Butzenscheiben. Sie stellte sie auf die Theke, griff nach oben in das offene Regal und entnahm ihm eine Flasche Ramazzotti. Seelenruhig schüttete sie die braune Flüssigkeit in die Gläschen und schob eines davon Margareta direkt vor die Nase.

      »Auf meine Tochter Sabine!«, prostete die Wirtin ihrem Gast zu und leerte ihr Glas in einem Zug. Welch ein makaberes Verhalten, dachte Margareta.

      Karin Pöschl starrte auf die Pokale, die auf der rechten Wand in einem Regal standen. »Alle von meiner Tochter! Reiten war ihr Leben!«

      Margareta schämte sich, hier einfach so hereingeplatzt zu sein. Zaghaft nippte sie an ihrem Ramazzotti, dessen Wärme sich sofort in ihrem Mund und wenig später auch in ihrem Magen ausbreitete.

      »Wer macht so etwas? Weiß man schon Näheres?«

      Karin Pöschl zuckte mit den Schultern. »Ich zermartere mir seit Tagen das Hirn. Die Fragen der Kripobeamten haben Löcher in meine wunde Seele gefressen … Meine Schwiegermutter hält mich für kalt, weil ich weiterarbeite als sei nichts geschehen, mein Mann ist wie versteinert, spricht kein Wort mit mir!«

      »Es tut mir leid, dass ich hier einfach so aufgekreuzt bin!« Margareta legte ein Geldstück auf die Theke, bedankte sich höflich und wollte das kleine Reiter­stübchen wieder verlassen. Ich bin schon genauso pietätlos wie meine Mutter. Wieso musste ich hierherkommen?

      »Dabei hat sie nur Stiefel wegbringen wollen, zur Reparatur. Das hat sie jedenfalls gesagt. Sie wollte sich mit einem Mann auf dem Parkplatz an der Trauerhalle treffen. Er hat da jemanden, der das günstig unter der Hand macht. Man muss ja sehen, wo man bleibt. Doch der hat ein Alibi. Die Stiefel hatte er im Kofferraum. Er hätte ihr nichts getan … sagt er. Danach fuhr sie wohl zu ihrem Freund. Wir wussten gar nicht, dass sie einen hatte. Ein verheirateter Mann.« Mit starrem Blick räumte Karin Pöschl die Gläser weg und wischte die Theke ab. Margareta verließ ohne ein weiteres Wort den dunklen Raum und machte sich klopfenden Herzens zu Fuß auf den Heimweg.

      Stiefel zur Reparatur gebracht!

      Unter der Hand!

      Karol repariert auch Stiefel!

      Auf einem Friedhofsparkplatz übergab man Stiefel zur Reparatur. Heiße Ware! Wie Drogen gehandelt!

      Woher bekam Karol eigentlich seine Reparaturaufträge? Hat er etwas damit zu tun? Er oder sein Strohmann? Wer war sein Strohmann?

      Karol lag bäuchlings auf Margaretas Bett und gab ein zufriedenes Brummen von sich, während Margareta ihm mit dem Zeigefinger seinen muskulösen Rücken entlangfuhr. Es war bereits weit nach Mitternacht, aber sie spürte keine Müdigkeit. Sie war seit ihrem Besuch im Reiterstübchen der Pöschls völlig aufgewühlt. Auch der leidenschaftliche Sex mit dem smarten Polenbürschel hatte sie nicht beruhigen können. Im Gegenteil. Ständig musste sie an die Stiefel denken, die Sabine einem Strohmann übergeben hatte. Zwei Tage später wurde sie umgebracht.

      »Karol?«, fragte sie.

      »Ja.«

      »Woher bekommst du die Schuhe? Wer bringt sie dir?« Sie musste es einfach wissen. Würde ihr die Frage nicht so unter den Nägeln brennen, hätte sie ihn wahrscheinlich heute nicht hineingelassen. Okay, der Sex mit ihm war eine gute Dreingabe, noch mehr interessierte sie allerdings, wie er an die Schuhe kam, die er reparierte.

      »Ist doch egal. Wieso willst du das wissen? Hast du mir deshalb die Tür geöffnet? Was soll das?«

      Aus dem Radio erklang Caterina Valentes »Sag mir quando, sag mir wann, sag mir quando, quando, quando …«, als Karol wütend aus dem Bett sprang, sich nervös seine Haare nach hinten strich, zum Fenster rannte, das Rollo ein wenig zur Seite schob und hinaussah.

      »Natürlich habe ich dich nicht nur deshalb reingelassen. Du bist eine Granate im Bett, komm schon her!« Schalte einen Gang zurück, sagte sie sich. Sie wusste, wie wütend ihr Liebhaber werden konnte, wenn nicht alles nach seiner Pfeife tanzte.

      »Sex. Nur Sex. Mehr willst du nicht von mir. Als Mensch interessiere ich dich überhaupt nicht!«

      »Oh, nicht wieder die alte Leier. Bitte.« Sie zog ihn an der Hand zurück ins Bett und küsste seine samtigen Lippen.

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