„So lasset uns ... den Staub von den Schuhen schütteln und sagen: Wir sind unschludig an Eurem Blut“. Richard A. Huthmacher

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„So lasset uns ... den Staub von den Schuhen schütteln und sagen: Wir sind unschludig an Eurem Blut“ - Richard A. Huthmacher

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versuchen, dabei hinter die Kulissen zu blicken; mittlerweile sind wir alt und erfahren genug, Anspruch und Wirklichkeit, Vermeintliches und Tatsächliches, Sein und Schein zu unterscheiden.

      Lass uns eklektisch vorgehen, also bewusst die Ereignisse, Hintergründe und Zusammenhänge auswählen, die nur für uns beide von Bedeutung sind, wie unbedeutend sie anderen auch erscheinen mögen.

      Lass uns unser Wissen – von den Geistes- über die Human- bis zu den Naturwissenschaften – nutzen, um verschiedenste Aspekte menschlichen Denkens, Fühlens und Seins zu ergründen.

      Lass uns ein Genre schaffen, das irgendwo zwischen (tatsächlichem wie fiktivem) Briefwechsel und Tagebuch, zwischen analytischen Erörterungen und höchstpersönlichen Gedanken, Gefühlen und Befindlichkeiten mäandert.

      Lass uns so – ähnlich Peter Bamm, aber selbstverständlich auf unsere ganz eigene Art – ein kleines Zeitgemälde schaffen: subjektiv sicherlich, insofern willkürlich, aber eben das zweier Menschen Zeit.

      Ich weiß, dies ist ein großes Unterfangen. Aber nur so können wir – trotz alledem und alle dem, das uns widerfahren ist – zu Camus´ Erkenntnis gelangen: „In den Tiefen des Winters erfuhr ich schließlich, dass in mir ein unbesiegbarer Sommer liegt.“

      Ich

      will nicht

      euer Hofnarr

      sein

      Als

      mich

      schaute

      die Verzweiflung

      dann aus jedem Winkel

      meiner Seele an, war ich, obwohl

      ich trug, wie all die andern auch, das

      Narrenkleid, weiterhin nicht mehr bereit, zu

      künden meinen Herrn – die nicht Gott als Herrn

      mir aufgegeben, die aufgezwungen mir das Leben –,

      wie wunderbar, wie lustig gar das Leben und ich der

      Herren Hofnarr sei, deshalb sei, ohnehin, alles andere

      dann einerlei. Nein. Nein. Und nochmals nein. So

      riss ich mir vom Leib das Narrenkleid und sagte

      meinen Oberen: Es kann nicht sein, dass ich,

      während ich ganz heimlich wein, für euch,

      gleichwohl, den Affen gebe, dabei

      nichts höre, auch nichts se-

      he und nichts rede.

      Macht euren Affen selbst, macht ihn nur für euch allein.

      Ich werd in Zukunft aufrecht gehen. Nur so kann ich ich,

      kann Mensch ich sein.

      MARTIN LUTHER – EIN TREUER DIENER SEINER HERREN.

      DESSEN UNHEILVOLLES WIRKEN NACHWIRKT. UND FORTWIRKT. BIS HEUTE.

      (BÄNDE 1-4; BAND 5,

      TEILBÄNDE 1-3; BAND 6)

      „Man soll sie zerschmeißen, würgen, stechen, heimlich und öffentlich, wer da kann, wie man einen tollen Hund erschlagen muss.“ „Ich habe im Aufruhr alle Bauern erschlagen; all ihr Blut ist auf meinem Hals. Aber ich schiebe es auf unseren Herrgott; der hat mir befohlen, solches zu reden.“ „Ich möchte mich fast rühmen, dass seit der Zeit der Apostel das weltliche Schwert und die Obrigkeit noch nie so deutlich beschrieben und gerühmt worden ist wie durch mich. Sogar meine Feinde müssen das zugeben. Und dafür habe ich doch als Lohn den ehrlichen Dank verdient, dass meine Lehre aufrührerisch und als gegen die Obrigkeit gerichtet gescholten und verdächtigt wird. Dafür sei Gott gelobt!“

      EINFÜHRUNG: „ICH HABE IM AUFRUHR ALLE BAUERN ERSCHLAGEN; ALL IHR BLUT IST AUF MEINEM HALS. ABER ICH SCHIEBE ES AUF UNSEREN HERRGOTT; DER HAT MIR BEFOHLEN, SOLCHES ZU REDEN“

      Band 3 von „EIN LESEBUCH AUS DER ALTEN ZEIT: ZWISCHENBILANZ ODER SCHON DAS FAZIT?“, welcher den Titel trägt: „SO LASSET UNS ... DEN STAUB VON DEN SCHUHEN SCHÜTTELN UND SAGEN: WIR SIND UNSCHULDIG AN EUREM BLUT“, beschäftigt sich mit Martin Luther, namentlich mit Luther als dem Ideologen konkreter Herrschaftsinteressen: derjenigen der Fürsten des Reichs. In ihrer Auseinandersetzung mit Kaiser und Papst, aber auch mit den aufstrebenden Städten und deren Bürgern, mit dem darnieder gehenden Rittertum, mit aufbegehrenden Bauern, Handwerkern und anderen Gruppen mehr, die Marx später in ihrer Gesamtheit als Proletariat bezeichnete und die der Neoliberalismus heutzutage Prekariat nennen würde.

      In diesem Kontext walzte Luther – unter Berufung auf die „Heilige Schrift“ – rigoros nieder, was ihm im Wege stand:

      „In der Tat glaube ich, dem Herrn den Gehorsam zu schulden, gegen die Philosophie zu wüten und zur Heiligen Schrift zu bekehren.“ In diesem Sinne schuf Luther das Fundament einer neuen Glaubensrichtung. Und lehrte die Menschen vornehmlich eins: die Angst.

      Die Vernunft indes galt nicht viel bei Luther – die eigentliche Wahrheit bleibe ihr verschlossen; Vernunft könne nicht zur Erkenntnis Gottes gelangen, als Erkenntnisprinzip (principium cognoscendi) sei sie ebenso blind (caeca) wie verblendet (excaecata).

      Ebenso wie die Vernunft verteufelt Luther die Philosophie; Philosophen könnten nie zur Wahrheit gelangen. Und die „Klassiker“ der antiken Philosophie – namentlich Aristoteles – finden in Luther einen hasserfüllten Gegner: „Die Philosophie des Aristoteles kriecht im Bodensatz der körperlichen und sinnlichen Dinge …“ Auch die Scholastiker zogen den Zorn Luthers auf sich: Thomas von Aquin hatte, die Willensfreiheit betreffend (und den nachträglichen Unmut Luthers auf sich lenkend), erklärt: „Totius libertatis radix est in ratione constituta“: Grundlage aller Freiheit ist die Vernunft.

      Luther wütete, die Scholastiker sähen nicht die Sünde und übersähen, dass die Vernunft „plena ignorationis Dei et aversionis a voluntate Dei“, also voller Unkenntnis Gottes und voll der Abneigung gegen den Willen Gottes sei. Das scholastische Axiom, man könne ohne Aristoteles nicht Theologe werden, konterte er mit den Worten: „Error est, dicere: sine Aristotele non fit theologus; immo theologus non fit, nisi id fiat sine Aristotele“: Es ist ein Irrtum, zu behaupten, ohne Aristoteles werde keiner Theologe; in der Tat, Theologe wird man nicht, wenn es denn nicht ohne Aristoteles geschieht.

      Die Vernunft, so Luther, könne den Widerspruch zwischen menschlicher und göttlicher Absicht weder verstehen noch ertragen, pervertiere ggf. den göttliche Willen zu eigenem Nutzen und Frommen; wer menschlicher Vernunft folge, stürze in leere und sündige Gedanken, halte die Vernunft gar für die Wahrheit.

      Letztlich lehrte Luther nichts anderes als einen kruden Irrationalismus: Offensichtlich hasste und entwertete er die menschliche Vernunft, stand damit im Widerspruch zum Gedankengut von Renaissance und Humanismus, war mehr dem „finsteren“ Mittelalter als der Wertschätzung des Menschen in der (beginnenden) Neuzeit verhaftet.

      Derart spielte Luthers Unfreiheit

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