Dr. Norden (ab 600) Jubiläumsbox 4 – Arztroman. Patricia Vandenberg

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Dr. Norden (ab 600) Jubiläumsbox 4 – Arztroman - Patricia Vandenberg Dr. Norden (ab 600)

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Patient sehr unterschiedlich. Es gibt beispielsweise eine Untergruppe mit mildem Verlauf, bei der innerhalb von zwanzig Jahren nach der Erstdiagnose kaum Veränderungen in der Leber festzustellen waren«, erläuterte Daniel Norden anhand eines Schaubildes. »Bei anderen Patienten schreitet die Krankheit schneller voran, lässt sich aber durch eine geeignete Therapie günstig beeinflussen.«

      Michael Ostermann hatte den Ausführungen seines Arztes aufmerksam gelauscht.

      »Aber das sind ja dann gar keine so schlechten Nachrichten«, stellte er sichtlich überrascht fest.

      Daniel lächelte.

      »Na ja, manche Patienten würden das anders sehen. Aber ich bin natürlich froh, dass Sie so entspannt sind.«

      »Ich dachte schon, mein letztes Stündlein hätte geschlagen.«

      »Das können Sie sich getrost abschminken.« Erleichtert über die Haltung seines Patienten erläuterte Daniel Norden die weitere Vorgehensweise, angefangen von einem kurzen Klinikaufenthalt zur gründlichen Untersuchung bis hin zur Entscheidung über eine geeignete Therapie. »Falls sich der Anfangsverdacht erhärtet, werden Sie den Rest Ihres Leben Medikamente nehmen müssen«, warnte er seinen Patienten vorsichtshalber. Doch auch das war für Michael Ostermann kein Problem.

      »Essen muss ich ja auch jeden Tag. Und schlafen«, lachte er heiter, als er sich von Daniel verabschiedete. »Da werden mich ein paar Pillen sicher nicht umbringen.«

      »Ganz im Gegenteil, Herr Ostermann, ganz im Gegenteil!«, versicherte Daniel Norden und sah dem alten Herrn nach, wie er frohgemut den Klinikflur hinunter in Richtung Tresen marschierte. Durch die Tür seines Behandlungszimmers hörte er wenig später, wie Wendy belustigt auflachte, und schmunzelnd kehrte er an seinen Schreibtisch zurück.

      *

      Als der geflohene Bräutigam Oliver an diesem Abend vor seiner eigenen Wohnungstür stand, klopfte ihm das Herz bis zum Hals. Er klingelte und hielt die Luft an. Doch nichts geschah. Kein Geräusch drang aus der Wohnung zu ihm, und so zog er schließlich seinen Schlüssel aus der Tasche und schloss auf.

      »Natascha?« Sie hatten die Wohnung erst vor kurzem bezogen, und seine Stimme hallte in dem noch spärlich eingerichteten Flur. »Bist du hier?« Wie erwartet, bekam er keine Antwort und wusste nicht, ob er erleichtert oder bedrückt sein sollte. Gedankenverloren wanderte Oliver durch die verlassenen Zimmer. Als er Nataschas Brautkleid auf dem Bett liegen sah, schluckte er. Er sah es zum ersten Mal, und ihm stockte der Atem. Bestimmt hatte Natascha wunderschön darin ausgesehen.

      »Und ich hab alles kaputt gemacht!«

      Fast zärtlich streichelte er über den seidigen Stoff und wünschte sich, die Zeit zurückdrehen zu können. Doch es nützte alles nichts, und Oliver besann sich schließlich darauf, was getan werden musste. Da er nicht wusste, ob er in absehbarer Zeit hierher zurückkehren würde, packte er ein paar Sachen in eine Tasche und verließ die Wohnung, um weiter nach Natascha zu suchen. »Irgendwo muss sie ja stecken.« Sein nächster Weg führte ihn in die Klinik. Dort wurde er tatsächlich fündig. Natascha saß an ihrem Schreibtisch und studierte einen Befund. Als er eintrat, hob sie den Kopf.

      »Natascha, hier bist du.« Fast schüchtern trat Oliver ein und ging unter ihren undefinierbaren Blicken zum Tisch. »Ich hab zu Hause auf dich gewartet.« Seine Kehle war trocken und seine Stimme heiser. Nie zuvor in seinem Leben war er so aufgeregt gewesen wie jetzt. Auch nicht heute Mittag, als er vor seiner eigenen Hochzeit geflohen war. Inzwischen verstand er sich selbst nicht mehr.

      Natascha zögerte kurz. Dann beugte sie sich wieder über die Unterlagen.

      »Ich hab die Nachtschicht vom Kollegen Cornelius übernommen«, erklärte sie beiläufig und so beherrscht, dass Oliver fast verrückt wurde.

      »Natti, ich … ich bin gekommen, um dich um Verzeihung zu bitten«, erklärte er rau.

      Natascha tat so, als hätte sie ihn nicht gehört. Olivers Knie zitterten vor Aufregung, und er zog sich einen Stuhl heran.

      »Es tut mir unendlich leid, was ich dir angetan habe«, fuhr er zögernd fort. »Das alles ist schwer zu verstehen, auch für mich, und ich kann dir nicht wirklich erklären, was passiert ist. Mein größter Wunsch ist, dass du meine Frau wirst. Ich liebe dich über alles. Vielleicht zu sehr«, erinnerte er sich an Tatjanas Tipp. »Plötzlich hatte ich Angst, dir nicht gerecht werden zu können, zu wenig für dich zu sein. Ach, ich verstehe nicht, was passiert ist!«, gab er schließlich seufzend auf und ließ den Kopf deprimiert in die Hände sinken.

      Noch immer sagte Natascha kein Wort. Inzwischen hatte sie sich im Stuhl zurückgelehnt und musterte Oliver eine Weile nachdenklich.

      Um diese Uhrzeit war es ruhig in der Klinik. Kein Geräusch drang von draußen ins Zimmer.

      »Ich weiß schon, was passiert ist«, brach sie schließlich das tiefe Schweigen. »Und ehrlich gesagt überrascht es mich nicht.«

      Erstaunt blickte Oliver auf.

      »Wie meinst du das?«

      Natascha seufzte und strich sich eine Strähne aus dem Gesicht, die sich aus ihrer kunstvollen Hochzeitsfrisur gelöst hatte.

      »Na ja, wir haben so lange gebraucht, um überhaupt ins Standesamt zu kommen. Immer kam was anderes dazwischen. Ständig ist uns ein anderer Grund eingefallen, warum es nicht geht.« Sie seufzte und betrachtete mit waidwundem Blick den Mann, den sie hatte heiraten wollen. Dass Oliver unverschämt gut aussah in dem zerknitterten Hemd, mit den Bartstoppeln und dem bitteren Zug um den Mund, machte es nicht besser. »Das kann eigentlich nur eines heißen: Es soll einfach nicht sein.«

      Mit diesem einen kleinen Satz zerstörte sie den letzten Rest an Hoffnung, den Oliver noch gehabt hatte.

      »Was meinst du damit?«, fragt er heiser, obwohl der die Antwort schon kannte.

      »Du und ich, wir sollen einfach nicht heiraten.«

      Olivers Herz schlug so hart in seiner Brust, dass er meinte, auch Natascha müsste es fühlen oder wenigstens hören.

      »Willst du dich von mir trennen?«, kam er nicht umhin, die alles entscheidende Frage zu stellen.

      Natascha antwortete nicht sofort. Sie sah Oliver auch nicht an, sondern betrachtete sinnend den Brautstrauß, der in einer Vase auf ihrem Schreibtisch stand. Einem ersten Impuls folgend hatte sie ihn zuerst wutentbrannt weggeworfen. Dann aber hatten ihr die Blumen leid getan. Sie konnten schließlich nichts dafür, dass der Plan missglückt war, und sie hatte sie mit in die Klinik genommen.

      Endlich hob Natascha den Kopf und sah Oliver fest in die Augen.

      »Ehrlich gesagt weiß ich es nicht.«

      Doch Oliver war nicht bereit, kampflos aufzugeben.

      »Ich liebe dich, Natascha. Bitte gib uns noch eine Chance!«, bat er innig.

      Doch seine Angebetete schüttelte nur langsam den Kopf.

      »Wir hatten unsere Chance. Und jetzt musst du mich bitte entschuldigen. Ich muss arbeiten.« Sie klang so entschieden, dass Oliver in diesem Augenblick keine andere Wahl hatte, als ihrem Wunsch Folge zu leisten. Wortlos stand er auf, ging mit schweren Schritten durch den Raum und zog schließlich die Tür hinter sich zu. Natascha war kaum allein, als sie sich zurücklehnte und aufschluchzte. Der letzte

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