Dr. Norden Staffel 4 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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»O Danny, das ist die schönste Nachricht, die ich seit langem bekommen habe.« Plötzlich wurden Tatjanas Knie weich. Sie lehnte sich gegen die Wand und drückte die heiße Wange gegen die kühle Kachel. »Ich fahre in die Klinik, sobald mir Frau Bärwald erklärt hat, wie ich einen Hefeteig zum Leben erwecke.«
»Klingt eher nach einer Lehrstunde in Hexerei denn nach einer Bäckerlehre«, machte Danny keinen Hehl aus seiner Belustigung. »Früher wärst du für so eine Bemerkung ohne viel Federlesen, auf dem Scheiterhaufen gelandet.«
»Tja, glücklicherweise passiert das heute nur den Rosinenbrötchen«, fand Tatjana zu ihrer alten Schlagfertigkeit zurück und legte nach kurzem Abschied auf.
Als sie an ihren Arbeitsplatz zurückkehrte, war sie wie ausgewechselt.
»Endlich erkenne ich dich wieder!«, nickte Hilde Bärwald zufrieden und warf eine Handvoll Teig so schwungvoll vor Tatjana auf die Arbeitsplatte, dass es klatschte. Eine Mehlwolke wirbelte auf und bedeckte nicht nur Tatjana mit einer feinen Staubschicht.
»Macht es einen Unterschied für meine Arbeit, ob ich fröhlich und gut gelaunt bin oder mich wie ein ausgewrungener Waschlappen fühle?«, fragte sie frech. Sie schüttelte sich wie ein Hund und griff nach dem Teigstück, um es kräftig zu kneten.
Frau Bärwald lachte.
»Das will ich wohl meinen«, gab sie zurück. »Dann fang mal an zu kneten.«
»Eine meiner leichtesten Übungen.« Beherzt griff Tatjana zu und walkte die Teigkugel mit aller Kraft.
Frau Bärwald stand neben ihr und beobachtete sie schweigend. Als die junge Frau innehielt, spürte sie instinktiv, dass sich ihre Lehrerin nur mit Mühe ein Lachen verkneifen konnte.
»Du musst noch lange, lange üben. Setz dich nicht so unter Druck. Das wird schon«, versprach sie, ehe sie sich in ihre Arbeit vertiefte und Tatjana in die hohe Kunst des richtigen Teigknetens einwies.
*
Wie jeden Vormittag saß Janine Merck auch an diesem Tag an ihrem Schreibtisch in der Praxis Dr. Norden und sortierte die Post.
»Sturmschäden höher als erwartet!«, las sie die Schlagzeile vor, die das Titelblatt der Tageszeitung zierte. Das Foto einer zerstörten Häuserzeile untermalte die Worte wirkungsvoll. »Das wundert mich nicht, so schlimm, wie es überall ausgesehen hat.« Zu gut erinnerte sie sich an die Bilder von umgestürzten Bäumen und abgedeckten Hausdächern. Auch die Praxis war nicht ungeschoren davon gekommen, und ein Dachdecker hatte helfen müssen, um die geborstenen Dachpfannen auszutauschen und das Dach wieder abzudichten.
Janines Kollegin Wendy, die das Glas mit den zuckerfreien Bonbons aufgefüllt hatte, zerknüllte die leere Plastikpackung und warf sie in den Müll.
»Es kommen immer noch Leute in die Praxis, die bei dem Sturm verletzt wurden, ihre Häuser oder Wohnungen aber nicht verlassen konnten, um sich behandeln zu lassen«, erinnerte sie sich an die Anrufe des vergangenen Tages. »Eine davon ist übrigens unsere liebe Frau Unterholzner …« Weiter kam sie nicht, denn in diesem Augenblick öffnete sich die Praxistür.
Schnell faltete Janine die Zeitung zusammen und legte sie auf den Stapel zu den anderen Zeitschriften.
»Wenn man vom Teufel spricht«, raunte sie Wendy noch zu. Dann setzte sie ein freundliches Lächeln auf, um die berüchtigte Patientin zu begrüßen. »Da sind Sie ja schon, Frau Unterholzner!«
»Wo sollte ich denn sonst sein?«, knurrte Else übellaunig und humpelte zum Tresen. Dabei verzog sie demonstrativ das sorgfältig geschminkte Gesicht. »Mit diesem Klumpfuß kann ich ja schlecht über einen Laufsteg flanieren.«
Janine schickte ihrer Kollegin einen schnellen Blick, der Bände sprach. Gleichzeitig stand sie auf.
»Keine Angst. Einer unserer Ärzte wird sich Ihren Fuß so schnell wie möglich ansehen. Mit Sicherheit sind Sie bald wieder einsatzfähig.« Aus einer von Elses stolzen Erzählungen wusste die ehemalige Krankenschwester von der späten Modelkarriere der Seniorin.
Sie posierte für Kataloge und Modemagazine und lief hin und wieder bei speziellen Modeschauen für ältere, modebewusste Herrschaften. Leider schien ihr der Erfolg zu Kopf gestiegen zu sein, und sie hatte den beiden Assistentinnen mit ihren speziellen Wünschen und ihrer unfreundlichen, überheblichen Art das Leben schon das eine oder andere Mal schwer gemacht.
Im Augenblick war Elses Miene allerdings so verkniffen, dass sie weit entfernt von der gut aussehenden Mittsechzigerin war, die ihre Bewunderer aus den Heften und Katalogen anlächelte.
»Ihr Wort in Gottes Ohr. Nächsten Monat hab ich einen großen Auftrag. Den kann ich unmöglich absagen«, schimpfte sie schlecht gelaunt weiter, während Janine ihr den Arm reichte und sie auf dem Weg ins Wartezimmer stützte. »Die Silver Ager sind eine nicht zu unterschätzende Wirtschaftsmacht. Anders als die Generationen vor ihnen stehen sie noch mitten im Leben und interessieren sich …« Mitten im Satz hielt sie inne und schnappte hörbar nach Luft.
Seite an Seite mit Janine stand Else Unterholzner an der Tür zum Wartezimmer und starrte ungläubig auf die Patientin, die es sich dort bereits neben anderen bequem gemacht hatte und darauf wartete, aufgerufen zu werden. Dietlinde May war in ein Magazin vertieft gewesen, das sie aber schlagartig sinken ließ, als sie die wohlbekannte Stimme vernahm. Und auch die anderen Wartenden hoben neugierig die Köpfe.
Janine ahnte nicht, warum Else stehen geblieben war. Sie sah sie auffordernd an.
»Bitte nehmen Sie Platz. Es dauert auch nicht lange.«
»Kommt überhaupt nicht in Frage!« Schrill klang Frau Unterholzners Stimme über den Flur. Sie sah aus, als wollte sie Dietlinde May mit Blicken erdolchen. »Solange die da sitzt, setze ich keinen Fuß in dieses Zimmer.«
»Aber Frau Unterholzner …« Weiter kam Janine nicht.
»Na, momentan hab ich ja wirklich eine Glückssträhne!«, schnaufte Dietlinde May in diesem Augenblick. »Zuerst diese unerträglichen Schmerzen, dazu die Sturmschäden und dann das hier.« Ihre Augen schossen wütende Pfeile in Elses Richtung.
Verwundert blickte Janine von einer zur anderen.
»Sie kennen sich?« Diese Tatsache überraschte sie dann doch.
»Soll das ein Witz sein?« Else sah aus wie ein trotziges Kind, als sie sich zu der Assistentin umdrehte. »Schmeißen Sie diese Schnepfe sofort raus! Ich bin Privatpatientin. Ich habe einen Anspruch auf ein separates Wartezimmer!«, verlangte sie so energisch, dass es selbst der erfahrenen Janine kurz die Sprache verschlug.
Sie atmete tief durch.
»Tut mir leid, aber in dieser Praxis machen wir keine Unterschiede«, erklärte sie dann so beherrscht wie möglich. »Jeder Patient bekommt bei uns die gleiche, erstklassige Behandlung. Woher kennen Sie sich überhaupt?«, fragte sie, um von diesem heiklen Thema abzulenken.
Doch