Zeit für Liebe. Diana Richardson
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Einer der Faktoren, die das so mühsam machen, ist die Gewohnheit, am Anfang des Liebemachens zu schnell zu sein, die Körper viel zu schnell in Kontakt miteinander zu bringen. Wir versuchen dem anderen Lust zu verschaffen und packen das in wenige Sekunden, was sonst ein ausgedehnter, wunderbarer Austausch sein könnte. Das hat den Effekt, dass wir uns gegenseitig aus unserem Zentrum und damit aus unserem Bewusstsein herausreißen. Statt zu spüren, indem wir nach innen gehen und den anderen in uns aufnehmen, statt liebevoll und einfach zu sein, bemühen wir uns noch mehr, etwas zu machen – massieren, reiben, streicheln. Wir sind zu „Machern“ geworden und haben vergessen, wie es ist, einfach nur zu „sein“.
Dem Körper vertrauen
Um mit der Idee von Langsamkeit zu experimentieren, probiere mit deinem Partner die folgende Übung aus:
Bevor ihr Liebe macht, legt euch im Bett einander gegenüber, etwas Abstand zwischen euren Körpern und berührt euch nicht. Lenkt eure Aufmerksamkeit von eurem Partner weg, hin zu eurem eigenen Körper. Schließt die Augen für einen Moment und fühlt, wie ihr eure Aufmerksamkeit von außen nach innen leitet. Ihr könnt euch vorstellen, eure Wirbelsäule Wirbel für Wirbel hinunterzugleiten bis ins Becken, und so die Verbindung mit der Energie im unteren Teil des Körpers und in den Beinen herzustellen.
Bleibt da eine Weile, und lasst euch Zeit. Das macht euch lebendiger, bevor ihr die Körper zusammenbringt. Nach einigen Minuten öffnet ihr die Augen und schaut euch an. Dabei bleibt ihr mit eurer Aufmerksamkeit beim eigenen Körper. Atmet. Entspannt den Kiefer. Nach ein paar Minuten könnt ihr euch ganz langsam, Zentimeter für Zentimeter aufeinander zu bewegen, bleibt aber mit der Aufmerksamkeit bei euch selbst. Umarmt euch, je langsamer, desto besser; am Anfang berühren sich einfach nur die Fingerspitzen. Lasst diese Begegnung mehr „von selbst“ entstehen, als dass ihr etwas „tut“. Seid euch jeder Einzelheit eures Körpers bewusst: der Haut, der Wärme, wenn sie auf den anderen trifft und ihn umschließt.
Wenn ihr lange genug wartet und einfach nur „seid“, werdet ihr feststellen, dass die Körper sich schließlich anziehen wie Magnete. Lasst alle Absicht beiseite, und überlasst euch der Erfahrung, wie ihr dem Menschen, den ihr liebt, näherkommt. Wenn wir mit dem Liebemachen langsam und feinfühlig anfangen, wird unsere Bewusstheit und die unseres Partners sehr viel stärker. Unsere Körperenergie antwortet dann entsprechend lebendig auf diesen langsamen und entspannten Stil des Liebens.
Dies könnt ihr auch ausprobieren, wenn ihr euch nach einer Trennung wiederseht. Bevor ihr euch umarmt, stoppt, steht still und nehmt euch ein paar Sekunden Zeit, um die Aufmerksamkeit nach innen zu lenken. Erdet euch in eurem Körper, euren Beinen und Füßen. Geht so langsam wie möglich aufeinander zu und umarmt euch. Bleibt entspannt, lasst eure Schultern hängen, es ist keine körperliche Anstrengung nötig – und atmet. Bleibt ganz bewusst in euren Körpern und lasst zu, dass sie miteinander verschmelzen. Die Aufmerksamkeit auf diese Art nach innen zu bringen macht deinen Körper feinfühliger. Du wirst dir Bereichen bewusst, von denen du nicht einmal wusstest, dass sie Gefühle oder Sensibilität besitzen. Deine Aufmerksamkeit war bisher ja immer woanders.
Und beim Liebemachen wird unsere Aufmerksamkeit auch noch oft durch Gedanken an einen Orgasmus abgelenkt. Wenn du in deinem Körper aber präsent bist, fängst du an, ihn in seinen vielen Dimensionen wahrzunehmen: als einen wunderbaren Raum im Inneren, der ein Feuerwerk an Feinfühligkeit zu bieten hat.
Den Kopf „abschalten“
Wir bringen unseren Fokus von der Pheripherie zum Kern, vom äußeren Ausdruck zum inneren Eindruck, und das verstärkt die Feinfühligkeit unseres Körpers. Tantra bringt uns von der reinen Sexualität zurück zur Energie von Sex an sich. Heutzutage ist unsere Sexualität eher beliebig, und wir spüren nicht wirklich eine wahre sexuelle Kraft, denn unsere Gedanken sind zu einem immensen Bestandteil des Sexaktes geworden. Um zu der Unschuld und Natürlichkeit im Sex zurückzukehren, ist es gut, unsere ablenkenden Gedanken abzuschalten oder uns von ihnen zu distanzieren.
Eine Ablenkung, die heutzutage vielleicht am stärksten wirkt, ist die Fähigkeit des Gehirns, zu phantasieren. Sexuelle Phantasien sind für viele zum Motor ihres Sexlebens geworden. Oft phantasieren wir während des Liebemachens und sind bewusst nicht bei dem, was im Moment geschieht. Wir sind nicht bei unserem Partner hier und jetzt, sondern stellen uns gerade jemanden anderen vor oder eine andere Situation. So erleben wir gar nicht wirklich, was eigentlich im Körper vorgeht. Stattdessen benutzt der Verstand Phantasien, um den Körper anzutreiben oder überhaupt zu motivieren. Sexuelle Phantasien können zur Gewohnheit werden; es ist, als würden wir immer wieder dasselbe Programm abspulen.
Ich bin sicher, dass fast jeder von uns ein sexuelles Bild, sei es ein echtes oder ein Phantasiebild, benutzt hat, um sich zu erregen und nicht das Interesse am Sexakt zu verlieren. Meistens benutzen wir sexuelle Phantasien, um uns zum Orgasmus zu bringen, denn die Vorstellung hilft, den Höhepunkt zu erreichen. Das funktioniert wirklich bestens!
Unsere Vorstellungskraft ist ein wirkungsvolles Werkzeug, da sie effektiv und schnell zum Erfolg führt. Aber sexuelle Phantasien sind trotzdem nur eine große Ablenkung, denn sie entfernen uns vom wirklichen Geschehen und von demjenigen, mit dem wir gerade jetzt Liebe machen. Tantra ist weise und bezieht deshalb die Vorstellungskraft unseres Verstandes mit ein, indem es ihn darin bestärkt, sich auf den Körper zu beziehen. Die Vorstellungskraft kann nämlich dazu benutzt werden, feine Energiebewegungen im Körper anzuregen. Und das funktioniert, weil die Energie über kurz oder lang der Vorstellung folgt. Wir kennen das alle, und wir wissen, dass es funktioniert. Unsere Vorstellungskraft kann also statt zur Ablenkung als positives Instrument beim Sex genutzt werden. Wenn wir uns zum Beispiel Licht und Energie im Körper vorstellen, dann werden wir früher oder später das Gefühl bekommen, dass dies wirklich geschieht: eine Verbindung von Energie zwischen den positiven und negativen Polen (in und außerhalb von uns) entsteht, Energie, die vom Mann in die Frau strömt, oder die Frau, wie sie dieses Licht in sich aufnimmt, oder wie Energie vom Herz und den Brüsten oder vom Penis aus ausstrahlt. Man kann sich Energie als strömenden, goldenen Fluss vorstellen, als sich bewegendes, springendes Licht oder sogar wie einen Blitz.
Zur Unschuld zurückkehren
Vielleicht wirst du diese Energie am Anfang nicht so richtig erkennen; deine Bewusstheit wird dir helfen sie stärker werden zu lassen, und so kann Energie wachsen und sich ausdehnen. Manche Menschen „fühlen“ Energie leichter als andere. Wenn es dir nicht so leichtfällt, dann stell sie dir einfach vor, das hilft deinem Körper enorm. Egal wo du im Körper fühlst, dass sich Energie bewegt – deine Vorstellungskraft kann dir dabei helfen diese Erfahrung zu verstärken. So wird der Verstand genutzt, um die Bahn frei zu machen für die inneren Energiekreisläufe, die mit der Zeit immer dynamischer werden.
In dieser Verwandlung von der konventionellen Sexualität hin zum eigentlichen Sex, wenn der Körper wieder anfängt unschuldig zu werden, ist es gut sich daran zu erinnern, dass der erste Schritt darin besteht, sich seines Inneren bewusst zu sein, und der zweite Schritt, sich seiner Gedanken bewusst zu sein. Auch wenn wir beim Sex keine Phantasien benutzen, denken wir oft an alles Mögliche, und diese Gedanken sind potenziell destruktiv und beeinträchtig uns. Wenn wir uns unserer Gedanken bewusst werden – es sind etwa