Zeit für Liebe. Diana Richardson
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Der Fokus ist auf den Moment gerichtet
Sex gibt uns die Gelegenheit, Bewusstheit zu üben und zu verstärken, um im wahrsten Sinne den gegenwärtigen Augenblick zu erschaffen. Wir lernen, beim Sex mehr zu „sein“ und weniger zu „tun“. Daraus entsteht das magische tantrische Erleben. Plötzlich, wenn es kein Ziel gibt, werden wir spontan und ungehindert mit Lebensenergie beschenkt. Die natürliche Anziehung zwischen Penis und Vagina ist so stark, so voller Leben, dass es ganz leicht ist, in den Moment zu kommen.
Wenn wir spazierengehen, zum Beispiel, kann es leicht passieren, dass wir mit unseren Gedanken abschweifen, da der Kontakt des Fußes zum Boden über den Schuh nicht gerade ein erhabenes Gefühl ist (obwohl es das sein kann, wenn du das willst). Das Gleiche gilt beim Kochen, der Kochlöffel in unserer Hand lässt keine großartige Begeisterung entstehen, keine Faszination. Die Gedanken wandern dabei eher zu anderen Themen. Die Intensität der sexuellen Verbindung, die uns von Natur aus stark berührt, macht es uns daher leichter, im Moment zu sein. Anders sieht es da beim Gehen, Kochen oder bei irgendeiner anderen gewohnten Tätigkeit, der wir nachgehen, aus. Das Genießen wird beim bewussten Sex zu einer Erfahrung, die uns im gegenwärtigen Augenblick verankern kann.
Sei dir deiner selbst bewusst
Um uns zu helfen, in den Moment zu kommen, rät Tantra, unsere Aufmerksamkeit und Bewusstheit bei uns selbst zu lassen. Beim konventionellen Sex ging es mir generell so, dass die Aufmerksamkeit vor allem beim Partner war. Wir konzentrieren uns auf seinen oder ihren Genuss. Wie geht es ihm? Fühlt er sich gut? Mache ich es richtig? Er war fast wichtiger als ich. Während ich meine Aufmerksamkeit auf die eine oder andere Weise auf meinen Partner gerichtet habe, ist mir aufgefallen, dass ich keine echte innere Verbindung zu meinem eigenen Körper hatte und nicht das Gefühl, dass ich nach innen und unten geerdet war. Ich war mit meiner Energie nach oben und außen gerichtet, und im Grunde habe ich für jemanden anderen Liebe gemacht.
Durch Tantra habe ich gelernt, meine Aufmerksamkeit zu mir zurückzubringen, den Mann zu vergessen und mich zunächst um meine eigene Energie zu kümmern. Ich habe gelernt, meine Aufmerksamkeit nach innen und in den unteren Bereich meines Körpers zu lenken, meinen Bauch und meinen Atem zu spüren, mich für mich selbst zu interessieren, bevor ich mich dem anderen zuwende. Das klingt vielleicht verrückt, aber genau darin besteht der Unterschied! Daraus erwachsen eine Leichtigkeit und eine Entspannung, aus denen ganz natürlich Intimität und Anziehung entstehen und in denen sich Unsicherheiten leicht in nichts auflösen. Das heißt, dass ich zuerst meinem eigenen Körper Energie gebe und mich mit ihm eins fühle, bevor ich mit einem Partner zusammen bin. Ich nähere mich mit meinem Körper meinem Partner, bin innerlich in Einklang mit mir, lebendig, und voller Vorfreude, Liebe zu machen. Mit dieser Haltung, sich selbst an erste Stelle zu setzen, sich zu erden und zu zentrieren, kann beim Liebemachen so viel mehr geschehen.
Das wurde mir klar, während ich als Körpertherapeutin arbeitete und unterrichtete. Mein ganzes Leben lang schon habe ich es genossen, Massagen zu geben. Ich beschloss, mich so gut wie möglich zu qualifizieren. Also lernte ich viele neue anspruchsvolle Techniken. Doch bald stellte ich fest, dass Genuss und Freude des Gebens verschwanden, sobald ich ein bestimmtes Resultat vor Augen hatte. Nach einiger Zeit entschied ich, die ganzen tollen Techniken, die ich gelernt hatte, beseite zu lassen und kehrte zur Essenz der Massage in ihrer Einfachheit zurück, folgte den abenteuerlichen Konturen des Körpers, strich und glitt die Muskeln entlang. Ich spürte die wunderbaren Oberflächen, jede eine interessante Geschichte für sich, während ich nach Knoten und verhärteten Sehnen suchte. Für mich waren das die interessantesten Stellen, und dann habe ich bald gar nicht mehr daran gedacht, mit welcher Technik ich es tat. Stattdessen begann ich mich ganz darauf zu konzentrieren, was ich berührte. Wie fühlte sich das Gewebe darunter an? Wie konnten die Fingerspitzen ihre Suche am meisten genießen? Was würde sich für mich am besten anfühlen, wenn ich dort liegen würde? Wo wollten meine Hände unbedingt hin, und wie?
Ich habe angefangen, nicht an denjenigen zu denken, den ich massierte, sondern mich nur mit den Bewegungen meines eigenen Körpers, meiner Atmung, meiner inneren Entspannung und dem Inneren des Körpers unter meinen Händen zu beschäftigen. Je mehr ich mich auf meinen Körper, meine Hände konzentrierte, desto mehr entspannte sich der Empfänger, und manchmal stieg eine fast hörbare Stille auf. Den Klienten tat es sehr gut, sie fühlten sich tief entspannt, gelassen und erfrischt. Ihr Gefühl von Zeit veränderte sich, eine Stunde körperloser Unendlichkeit.
Je mehr ich bei mir und im Moment war, desto mehr konnte der andere sich entspannen und zu sich zurückkommen. Ich erinnere mich, dass ich mich etwas schuldig fühlte, wenn ich während einer Behandlung nicht mehr an ihre körperlichen Probleme dachte, aber immer, wenn ich es einfach nur genossen hatte, ihre Körper zu berühren, fühlten sich die Leute besser, sogar bereichert. Heute bringe ich meinen Massageschülern bei, sich auf sich selbst zu fokussieren, auf die unschuldige Freude der Berührung und des Gebens ohne Agenda. Aufhören, sich über Techniken den Kopf zu zerbrechen, und einfach mit Liebe und Bewusstheit zu berühren.
Natürlich haben Techniken ihren Wert, aber der Mensch, der die Technik ausübt, ist noch viel wichtiger.
Sich im Körper entspannen
Wenn wir Liebe machen, ist es gut uns selbst wieder in den Mittelpunkt zu rücken, uns auf das, was sich in unserem Körper abspielt, einzulassen und wieder zu lernen, uns tief zu entspannen. Wenn du entspannt bist, entspannt sich dein Partner mehr und umgekehrt. Je mehr wir uns entspannen, desto mehr können wir im Moment sein, und daraus kann die sexuelle Erfahrung spontan entstehen. Die Aufmerksamkeit nach innen zu wenden, darauf, wie feinfühlig die Genitalien während der sexuellen Verbindung eigentlich sind, stärkt das Bewusstsein im Körper. So wird der Körper dann zum Tempel und Sex wird zu einer natürlichen Meditation.
In unserem neuen Ansatz verlagert sich die Aufmerksamkeit vom Kopf in den Körper, deshalb schlage ich Paaren vor, sich auf die eigene innere Welt zu konzentrieren und die Persönlichkeit oder Probleme außen vor zu lassen. Ich habe mich ja selber in diesem Ansatz geschult und für mich hat es gut funktioniert. Die Gedanken gerieten in den Hintergrund und der Körper wurde zu einem Anker, der meine innere Realität gestaltete. Weil die Sinne und Empfindungsfähigkeit durch Bewusstheit sehr verstärkt werden und weil Liebe nun mal mit dem Körper gemacht wird, müssen wir lernen, unsere Empfindungen und die damit verbundenen Gefühle bewusster wahrzunehmen. Was geschieht in unserem Körper? Und wo?
Denk daran, es geht darum, deine Aufmerksamkeit von der Pheripherie ins Zentrum zu lenken. Die Aufmerksamkeit nach innen auf den Körper zu richten statt aufs Außen und auf deine Gedanken. Was fühle ich und wo fühle ich es? Wie fühlt es eigentlich wirklich an? Wo genau fühle ich, dass mein Körper lebendig wird?
Ich schlage Paaren am Anfang eines Seminars oft vor, im Innern ihres Körpers nach „einem Ort, an dem es sich wie zu Hause, wie geerdet anfühlt“, zu schauen. Wenn du diesen Ort findest, bleibst du einfach da und ruhst. Gib diesem Platz ein wenig Licht oder Farbe; visualisiere, wie er größer wird. Bekomme ein Gefühl dafür, dass dies ein Ort ist, an dem du dich erden und an dem du Ruhe finden kannst. Es kann der Bauch sein, das Herz, die Genitalien, der untere Rücken, alles, nur nicht der Kopf! Wo es auch ist, bleib dort mit deiner Aufmerksamkeit und lass das Gefühl dafür wachsen. Du kannst jederzeit in dieses Zuhause zurückkehren, wenn du merkst, dass du plötzlich wieder weg bist. Dabei wirst du beobachten, wie oft das eigentlich passiert! Es ist gut, immer wieder in unserem inneren Raum zurückzukehren – und den äußeren einfach zu vergessen.
Es ist, als tauchten wir in unseren Körper ein, verschafften uns Raum im Innern und dehnten ihn. Der äußere Raum ist bei den meisten von uns viel größer als der