Globetrotter-Spirit: Reisen als Lebensschule. Группа авторов

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Globetrotter-Spirit: Reisen als Lebensschule - Группа авторов страница 15

Globetrotter-Spirit: Reisen als Lebensschule - Группа авторов

Скачать книгу

aussergewöhnlich: Walo und ich kennen uns seit vielen Jahren und haben in der Globetrotter-Geschäftsleitung jahrzehntelang intensiv zusammengearbeitet. Vor vier Jahren hat er mir die Leitung des Globetrotter-Magazins übergeben. Nun sitzt mir der Weggefährte, der nur selten Interviews gibt, schmunzelnd gegenüber und wartet auf meine Fragen.

       Du giltst in der Schweizer Reiseszene als - Pionier. Woher kommt deine Lust aufs Weltentdecken?

      Sicher nicht von meinen Eltern. Sie gingen nie an Veranstaltungen und waren nie im Ausland. Sie waren das Gegenteil von weltoffen und tolerant, interessierten sich nicht für andere Menschen und Kulturen. Gemeinsame Ferien gabs nicht, ich wurde ein paarmal in eine Ferienkolonie geschickt, später zum Arbeiten auf Baustellen für 2 Franken Stundenlohn. Das Elternhaus war freudlos und armselig, ohne Telefon, Radio oder Fernsehen, ohne Zentralheizung oder Badezimmer, ohne Auto, Sportgeräte, Fotoapparat oder Spielzeug. Es gab viel Disharmonie in der Familie, um es mal mild auszudrücken.

       Vielleicht löste ja gerade diese eher triste Kindheit Reiseträume aus?

      Das kann sein. Als Kind in der damals «weltabgeschiedenen» Gartensiedlung in der Katzensee-Gegend zwischen Bauernhöfen und der Kulturstadt Zürich war ich ein Träumer, las in SJW-Heftchen von der Everest-Erstbesteigung durch Hillary/Tenzing, von der «Eroberung» des Nord- und Südpols und Ähnliches.

       Reichte dies, um das Feuer zu entfachen?

      Es musste zuerst noch schlimmer kommen: Ich war nicht informiert über Bildungsmöglichkeiten und wurde nach der Sekundarschule der Einfachheit halber in eine kaufmännische Lehre gesteckt. Ich durfte dort für 100 Franken Monatslohn drei Jahre lang Rechnungen für Luxusseifen und Parfüms schreiben. Ich war unterdrückt und entwickelte einen Hunger nach Leben. Ich wollte wissen, was hinter dem nächsten Horizont ist und dann hinter dem übernächsten. Dazu musste ich fliehen, weg aus der bigotten Enge des Elternhauses und der geistigen Enge der Schweiz der 1950er- und 1960er-Jahre. Als Teenager waren es zunächst «kleine Fluchten» per Velo durch die Schweiz, dann mangels genügend Geld per Autostopp durch die Nachbarländer. Schon auf meiner ersten Auslandsreise wurde ich beim Schlafen am Seineufer in Paris komplett ausgeraubt und dann von der Schweizer Botschaft «per Polizeischub» nach Zürich zurückbefördert. Dies hat mich aber gar nicht gebremst.

       Wann ging es zum ersten Mal richtig los?

      Nach der Rekrutenschule jobbte ich in vielen verschiedenen Branchen von Grossbank über Zeitungsspedition bis Filmredaktion. Dazwischen fand ich zwei Monate Zeit, um mit einem Kollegen, der einen VW Käfer besass, rund ums Mittelmeer zu fahren, durch etwa 15 Länder. In Nordafrika und im Nahen Osten sammelte ich erste orientalische Erfahrungen. Danach arbeitete ich bei TWA Trans World Airlines, zwar nur in der Buchhaltung in Zürich, doch hatte ich wenigstens Gelegenheit, mit Gratisflugtickets die USA, Ostafrika, den Nahen Osten und Asien zu bereisen. Doch mit bloss drei Wochen Ferien pro Jahr waren diese Trips unbefriedigend. Nach drei Jahren stieg ich als 25-Jähriger aus. Zunächst versuchte ich mich als Schriftsteller, merkte jedoch, dass ich zu wenig Sitzleder hatte. Dann gings erst richtig los mit meinen Weltenbummlerjahren.

       Welches waren zu jener Zeit die prägendsten Reisen?

      Natürlich meine drei grossen Langzeitreisen zwischen 1967 und 1973. Zuerst bereiste ich mit meiner Freundin während acht Monaten Asien, alles über Land nach Afghanistan, Indien und Nepal, durch ganz Südostasien bis Japan und zurück mit der Transsibirischen Eisenbahn. Von 1969 bis 1971 gings durch ganz Lateinamerika von Mexiko bis Feuerland und sogar bis in die Antarktis sowie auf dem Amazonas von der Quelle bis zur Mündung. 1972 und 1973 reiste ich fast zwei Jahre rund um die Welt, via Nordamerika, die ganze Südsee, Australien, Südostasien, und von Nepal/ Indien alles über Land zurück nach Europa.

       Klingt eindrücklich – aber wie konntest du sieben Jahre Weltenbummelei finanzieren?

      Ich hatte zunächst einige Ersparnisse, entscheidend waren aber die grossen Fotoreportagen, die ich an renommierte Zeitschriften verkaufen konnte. Die zahlten damals hervorragende - Honorare. Ich hatte schon früh kreatives Schreiben und Fotografieren autodidaktisch gelernt, hatte das Talent dafür. Schon seit ich 20 Jahre alt war, bewegte ich mich in literarischen Kreisen und publizierte grosse Artikel zu kulturellen Themen in den besten Zeitungen. Beim Reisen stiess ich da und dort auf ganz spezielle Themen. Da ich immer Topqualität lieferte, klappte das.

      Und ich war ein sehr sparsamer Reisender, kam mit einem Minimalbudget von etwa 5 bis 10 Dollar im Tag aus. Ich reiste viel per Autostopp, machte oft kostenlose Schlafgelegenheiten ausfindig und ass äusserst bescheiden, - dasselbe wie die Einheimischen. Zudem jobbte ich gelegentlich.

       Was waren das für Jobs?

      In Perus Bergen arbeitete ich während drei Monaten auf dem Filmset von The Last Movie mit Dennis Hopper, Peter Fonda, Kris Kristofferson und anderen Hollywood-Grössen. In Bangkok als «Animator» für Kosmetikaverkäufe, in Australien in einer privaten Opalmine, in Neuseeland als Erntehelfer, und in diversen Ländern spendete ich gegen gutes Geld Blut. Auf einem Frachtschiff von Buenos Aires nach Rotterdam arbeitete ich dank Matrosenausweis als Deckhand.

       Wie hast du jeweils das Heimkommen in eine damals recht konservative Schweiz erlebt?

      Das war jedes Mal ein umgekehrter Kulturschock. Mein Heimatland war mir fast «fremd» geworden. Bei den warmherzigen Menschen Asiens hatte ich mich mehr zu Hause gefühlt. Die erste Langzeitreise 1967/68 hatte mein politisches und kulturelles Weltbild auf den Kopf gestellt. Die 68er-Revolte in Europa empfing mich mit offenen Armen. Mit dem neuen Bewusstsein konnte ich nicht mehr zurück ins alte Leben als Angestellter, sondern war nun freier Weltenbummler und Fotojournalist.

       Das Reisen hat dir völlig neue Horizonte erschlossen?

      Für mich war es die beste Lebensschule. Die sieben Reisejahre waren mein Studium und meine Persönlichkeitsentwicklung. Die Welt war meine Universität, und die vielen Menschen, mit denen ich in allen Ländern aufschlussreiche Gespräche führte, waren meine Lehrer. Die Erfahrungen und das Wissen aus 100 Ländern waren dann mein geistiges Rüstzeug, um etwas daraus zu machen.

       Wobei du damals nicht an die Gründung einer Firma gedacht hast?

      Überhaupt nicht. Im Frühling 1974 hielt ich die ersten Diavorträge über meine Reisen. Dabei stellte ich rasch fest, dass viele der jungen Leute nicht wegen der Bilder oder der Story kamen, sondern um von mir Tipps und Tricks zu erfahren, wie sie das selber auch machen könnten. Damals herrschte noch ein Notstand punkto Informationen, es gab noch kaum ein brauchbares Reisehandbuch. Ich begann, Adressen der Vortragsbesucher zu sammeln, sah mich als Informationsstelle und Dienstleister für Weltenbummler unter dem Label Globetrotter Club. Monatlich machte ich Clubabende, versandte Informationsblätter mit News und Tipps, verkaufte die ersten alternativen Reisehandbücher und machte kostenlos zeitlich uferlose Reiseberatungen … (lacht)

       In deinen Informationsblättern aus der damaligen Zeit hast du beinahe missionarische Töne angeschlagen: «Öffnet euch dem Abenteuer des Daseins! Bewegt euch! Packt den Rucksack! Lasst euch nicht einlullen von der Bequemlichkeit, die euch der Wohlstand in der Schweiz bietet!» Hast du damals Reisen als Mittel zur Befreiung gesehen? Und heute?

      Die Schweizer Jugend «erwachte» eigentlich erst nach 1968 so richtig, mit all den alternativen Betrieben, Genossenschaften, WGs und Veranstaltungen. In dieser etwas überschwänglichen Aufbruchstimmung der 1970er-Jahre streute ich gern noch etwas eigene

Скачать книгу