Globetrotter-Spirit: Reisen als Lebensschule. Группа авторов

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ich andere Probleme, erfuhr ich immer unwahrscheinlich viel Sorgebereitschaft, Unterstützung und Anteilnahme von Menschen, die mir völlig fremd waren. Überwältigend ist die grosse Gastfreundschaft, die einem unterwegs begegnet. Erhält man von Einheimischen ein Dach über den Kopf, sollte es selbstverständlich sein, mindestens seinen Anteil an Lebensunterhaltungskosten beizusteuern. Die oft sehr einfach lebenden Menschen freuen sich über kleine Gastgeschenke. Protzige Geschenke dagegen verunsichern.

      In nicht westlichen Ländern ist die Einstellung zu Gott und zur geistigen Welt eine ganz andere als bei uns. Religiöses Empfinden ist ein untrennbarer Teil des Alltags. Wer glaubt, darüber spotten oder Gläubige von einer sachlichen Lebensauffassung überzeugen zu müssen, sollte erst einmal sein eigenes Weltbild hinterfragen. Bereiste umerziehen zu wollen, hat nichts mit Aufklärung zu tun, sondern mit Arroganz und Ignoranz.

      Spannungen können auftreten, wenn ich als Besucher erwarte, dass sich alles nach meinen persönlichen Ansichten und Ansprüchen dreht. Je mehr ich mich dagegen auf örtliche Gegebenheiten, Sitten und Bräuche einstelle, umso leichter habe ich es. Das hat nichts damit zu tun, dass ich meine geistigen Interessen anpassen muss, sondern mit Rücksichtnahme gegenüber der Bevölkerung, deren Gast ich bin.

      Eine allein reisende Frau, die nachts allein durch dunkle Strassen oder über einsame Strände geht, fordert die Gefahr geradezu heraus. Vorsicht ist auch an entlegenen Grenzübergängen angesagt. Polizei und Beamtenkontrollen können aufreibende Minuten oder gar Stunden bescheren. Aufpassen heisst es ebenfalls vor Schmalbudget-Touristen in Billigabsteigen, wo mitunter rücksichtslos gestohlen wird.

      Wo noch alte Traditionen gelten, wird im Allgemeinen auf Ehrlichkeit grösster Wert gelegt. Acht geben heisst es dagegen während Zug-, Bus- und Schifffahrten, in Hafengeländen und auf Bahnhöfen. Diebe, oft entwurzelte Jugendliche, sind gelegentlich spezialisiert im Aufschlitzen von Umhängetaschen und Rucksäcken. Ich habe mir angewöhnt, Wertsachen in innen eingenähten Taschen zu tragen, was sich so manches Mal bewährt hat.

       Eigene Verhaltensmuster überdenken

      Auf grosses Unverständnis wird man stossen, wenn man nach westlicher Manier Zorn oder Ungeduld zeigt. Unbeherrschtes Aus-der-Haut-Fahren beeindruckt niemanden in Ländern, wo Leistungs- und Zeitdruck noch weitgehend fremd sind und Höflichkeit eine der wichtigsten Lebensregeln ist.

      Mit etwas Selbstvertrauen, einem bewussten Optimismus und einem gewissen Feeling vermag die allein reisende Frau Gefahrenquellen zu mildern oder zu vermeiden. Mit der Zeit hilft auch die Routine, um mit bestimmten, wiederkehrenden Situationen besser umzugehen.

      Wie halten Frauen oft extreme Reisestrapazen aus? Gerade das «schwache» Geschlecht zeigt in schwierigen, problematischen Situationen seine Stärke. Vor allem Frauen, die allein unterwegs sind, bleibt nichts anderes übrig. Und so manche Frau zeigt da plötzlich einen Mut, den sie sich zuvor nicht zugetraut hätte. Eine allein reisende Frau kann sehr viel aus- und durchhalten, wenn sie die entsprechende Geisteshaltung gefunden hat, die vorwiegend von einer grossen Begeisterung am Reisen getragen wird.

      Exotische, fremdartige Kulturen üben auf den westlichen Zivilisationsmenschen, der bereits in einer recht eintönigen Uniformität lebt, grosse Anziehungskraft aus. Doch das Andersartige verunsichert auch, und aus Unkenntnis über andere Bräuche und Tabus kommt es immer wieder zu Missverständnissen zwischen Besuchern und Einheimischen.

      Um Enttäuschungen und schlechten Erfahrungen vorzubeugen, ist es wichtig, sich bereits vor der Abreise vorzunehmen, für alles Neue offen zu sein und Vorurteile daheim zu lassen. Sinnvoll ist es, sich vor der Abreise nicht nur über touristische Treffpunkte und Sehenswürdigkeiten zu informieren, sondern ebenso über Geschichte, politische Situation, Geografie, Religion und allgemeine Lebensformen.

      Will ich das Wesen einer anderen Kultur ehrlich erfahren, werde ich nicht umhinkommen, von gewohnten Prinzipien und starren Verhaltensmustern Abstand zu nehmen. Wer im besuchten Land an allem, was ihm fremd und unverständlich erscheint, herumnörgelt, wird Stress statt Spass haben. Und jene, die als Besserwisser auftreten, werden zwar eine Reise, aber keine innere Bereicherung erleben. Aber gerade Reiseerfahrungen können zu einem Reichtum werden, der einem nicht mehr genommen werden kann.

       Reisen als Entwicklungsprozess

      Reisen kann jedenfalls wesentlich mehr sein als Besichtigen. Reisen bietet Gelegenheit, sich intensiv mit anderen Kulturen und ihren Werten auseinanderzusetzen. Und aus der sich offenbarenden Vielfalt und Fülle an Lebenssichten kann man wertvolle Bausteine für sein eigenes Lebensgebäude mit nach Hause nehmen.

      Reisen steigert das Selbstvertrauen, fördert das Wahrnehmungs-, Unterscheidungs- und Empfindungsvermögen, kräftigt Geist, Seele und Körper. Reisen kann zu einem Entwicklungsprozess werden, der nicht mehr zum Stillstand kommt. Reisen wird so zum Lehrmeister, der stetes Nachdenken, Überdenken und Umdenken verlangt. Das trägt dazu bei, seine eigene Lebensphilosophie zu finden, die unabhängig macht von den Meinungen anderer.

      Reisen verändert. Die stete Veränderung spontan und schrankenlos anzunehmen, gehört zu den Grundprinzipien des Reisens. Niemand bringt das besser zum Ausdruck als Sokrates, der über einen Freund sagte, der von einer Reise zurückkam, als sei er gar nicht weggewesen: «Er konnte sich nicht verändern, denn er hat sich selbst mitgenommen.»

      Wer sich beim Reisen nicht verändert, hat den Sinn des Reisens nicht verstanden. Die Veränderung, die neue Horizonte in dein Leben bringt, ist der ganze Gewinn.

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       Überraschende Aktion: Walo Kamm wird ein Adler in die Hand gedrückt (Nordafghanistan, 1973).

      image Globetrotter Magazin 83, Herbst 2007

       Ein Jahr Auszeit für alle?

       Vom flüchtigen Schaum zum gelebten Traum: Wie wir in der Badewanne Mut zum Ausbrechen schöpften – und dann zu glücklichen Langzeitreisenden wurden.

       Von Christoph und Simone Traber

      Letztlich waren es nur zwei Entscheidungen, die uns jahrelang von der Verwirklichung unseres grossen Traumes abhielten: das Aufgeben von Job und Wohnung – oder mit anderen Worten: Sicherheit und Bequemlichkeit. Wie Schiffbrüchige an einem Stück Treibholz halten wir uns krampfhaft an dieser «Sicherheit» fest, als würde unser Leben davon abhängen. In diesem speziellen Reisebericht geht es um die Wohltat des Loslassens und das Glück des Zeithabens. Das war unser Ziel, als wir uns zu einer einjährigen Auszeit entschlossen.

       Auslöser

      Wie lange wir insgesamt nur davon geträumt hatten, uns eine Auszeit, ein Sabbatjahr, zu gönnen, ist im Nachhinein schwer zu sagen. Hingegen erinnere ich mich sehr genau an die Auslöser, die unseren Gedanken endlich auch Taten folgen liessen. Zuerst war da dieser Jugendtraum meiner Frau, den wir uns zunächst erfüllten: eine gemeinsame vierwöchige Indienreise. Dabei trafen wir auf viele Langzeitreisende, mit denen wir inspirierende Gespräche hatten.

      Kaum zurück, wurde unser Traum vom Ausstieg auf Zeit immer übermächtiger. Jeder Gang auf eine Behörde, jede kleinkarierte Bemerkung eines Nachbarn füllten das Fernweh-Fass bis an den Rand des Erträglichen. Zum Überlaufen aber brachte es die Diashow eines Kölner Paars, das

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