Mehr als ein Wunder. Steve de Shazer

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Mehr als ein Wunder - Steve de Shazer Systemische Therapie

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sind, und dass diese Ausnahmen genutzt werden können, um kleine Veränderungen vorzunehmen.

      Die Zukunft ist sowohl etwas Geschaffenes als auch etwas Verhandelbares. Dieser Lehrsatz bietet für die Praxis der lösungsfokussierten Kurztherapie ein solides Fundament. Der Mensch wird nicht als Gefangener seiner Verhaltensweisen betrachtet, die mit seiner Lebensgeschichte, Schichtzugehörigkeit oder einer psychologischen Diagnose zusammenhängen. Dieser Grundsatz stützt sich auf den sozialen Konstruktionismus und verweist darauf, dass die Zukunft ein Ort der Hoffnung ist, an dem die Menschen ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen.

      Das Konzept der SFBT hat seine Wurzeln in den systemtheoretisch basierten Familientherapien der 1950er und 1960er Jahre und in der Arbeit von Milton H. Erickson (Haley 1999). Sowohl Insoo Kim Berg als auch Steve de Shazer waren eng mit dem Mental Research Institute (MRI) im kalifornischen Palo Alto verbunden. Während sich die Forschungsgruppe am MRI in erster Linie auf die Problementwicklung und Problemauflösung konzentrierte (Watzlawick, Weakland u. Fisch 2001), begann man am Brief Family Therapy Center in Milwaukee, Lösungen zu explorieren. Aus mehreren Gründen kann das derzeitige Konzept der SFBT als systemische Therapie klassifiziert werden.

      Erstens befassen sich nach der SFBT arbeitende Therapeuten üblicherweise mit Systemen, weil nämlich neben Einzelpersonen ebenso Paare und Familien zur Behandlung kommen. Sie treffen ihre Entscheidung darüber, wen sie in das Behandlungszimmer bitten, nach dem Kriterium, wer zur Therapiesitzung auftaucht; denn wer immer mit dem Klienten in die Praxis kommt, wird zur Therapiesitzung eingeladen.

      Zweitens werden in der SFBT Lösungen exploriert, die interaktionaler Art sind, d. h., dass die Probleme der Klienten und die Ausnahmen ihrer Probleme auch andere Menschen betreffen, und dazu zählen sehr oft die Angehörigen, Arbeitskollegen oder Lebenspartner und Freunde der Klienten.

      Drittens ist es in der SFBT so, dass dem Eintritt kleiner Veränderungen häufig größere Veränderungen folgen, und diese weiter reichenden Veränderungen sind meistens interaktionaler und systembezogener Natur.

      Die Aufgabe, die der Therapeut in der SFBT hat, unterscheidet sich von der Rolle, die er in vielen anderen psychotherapeutischen Ansätzen einnimmt. Lösungsfokussiert arbeitende Therapeuten akzeptieren, dass es in der therapeutischen Organisation zwar eine Hierarchie gibt, diese Hierarchie aber tendenziell eher egalitär und demokratischer Natur ist als autoritär. Sie geben fast nie Urteile über den Klienten ab und vermeiden es, über die hinter seinen Wünschen, Bedürfnissen oder Verhaltensweisen stehenden Bedeutungen Interpretationen anzustellen. Die Aufgabe des nach der SFBT arbeitenden Therapeuten soll die sein, dass er Optionen auszuweiten und nicht einzuschränken versucht (Berg a. Dolan 2001). Er leitet das Therapiegespräch, tut dies aber auf behutsame Weise, und tritt dabei gewissermaßen »einen Schritt zurück« (leading from one step behind; Cantwell a. Holmes 1994, p. 17 ff.). Statt dass der Therapeut die Präsentationen des Klienten interpretiert, ihn beschwatzt, ermahnt oder zu etwas drängt, »klopft er ihm auf die Schulter« (Berg a. Dolan 2001, p. 3) und weist ihn darauf hin, dass auch eine andere Richtung überlegenswert sei.

       Allgemeine Interventionen

      Positive, kollegiale, auf eine Lösung gerichtete Einstellung. Zu den wichtigsten Aspekten, die in der lösungsfokussierten Kurztherapie zum Tragen kommen, zählen die Grundstimmung und die grundsätzliche Einstellung des Therapeuten. Seine Haltung ist insgesamt positiv, respektvoll und optimistisch, und er geht generell von der Annahme aus, dass Menschen starke Resilienzen besitzen und diese für Veränderungen nutzen können. Von zentraler Bedeutung ist außerdem die Überzeugung, dass die meisten Menschen die Stärke, Klugheit und Erfahrung haben, um eine Veränderung zustande zu bringen. Was andere Modelle als »Widerstand« definieren, gilt in der SFBT als (a) natürlicher Schutzmechanismus oder realistischer Wunsch des Klienten, vorsichtig zu sein und langsam vorzugehen, oder (b) als Fehler des Therapeuten z. B. aufgrund einer Intervention, die der Situation des Klienten nicht angemessen ist. Alle diese Annahmen sind die Voraussetzung dafür, dass Therapiesitzungen der Tendenz nach eher kollegial als hierarchiebetont angelegt sind (auch wenn, wie gesagt, lösungsfokussiert arbeitende Therapeuten den Klienten sehr wohl »mit einem Schritt Abstand« leiten) und eher auf der Kooperation als auf der Konfrontation beruhen.

      Suche nach früheren Lösungen. Nach der SFBT arbeitende Therapeuten wissen, dass die meisten Klienten zuvor schon sehr viele Probleme gelöst haben. Dies war vielleicht zu einem anderen Zeitpunkt, an einem anderen Ort oder in einer anderen Situation. Das Problem ist vielleicht auch wieder aufgetaucht. Die entscheidende Erkenntnis ist aber die, dass der Klient sein Problem – wenn auch nur für kurze Zeit – schon mal gelöst hat.

      Suche nach Ausnahmen. Selbst wenn Klienten zuvor keine Lösung gefunden haben, die sie anstreben können, fallen den meisten von ihnen doch Beispiele für Situationen aus der Vergangenheit ein, in denen es eine Ausnahme in Bezug auf ihr Problem gab. Eine solche Ausnahme liegt dann vor, wenn es Zeiten gibt, in denen das Problem grundsätzlich da sein könnte, de facto aber nicht vorhanden ist. Der Unterschied zwischen einer früheren Lösung und dem Zustand, in dem das Problem eine Ausnahme macht, ist klein, aber signifikant. Eine frühere Lösung bezieht sich auf etwas, das jemand aus eigener Kraft probiert und das auch funktioniert hat; aber aus irgendeinem Grund ist diese erfolgreiche Lösung nicht fortgeführt und vermutlich vergessen worden. Eine Ausnahme bezieht sich auf etwas, was anstelle des Problems geschieht – und meistens nicht einmal absichtlich herbeigeführt oder vielleicht auch gar nicht verstanden wird.

      Fragen statt Direktiven oder Deutungen. Natürlich sind Fragen in allen Therapiemodellen ein wichtiges Kommunikationsmittel. So arbeiten Therapeuten aller Ausrichtungen häufig mit Fragen, besonders wenn sie die Vorgeschichte des Klienten explorieren, am Anfang einer Therapiesitzung wichtige Informationen zusammentragen oder herausfinden wollen, wie der Klient die ihm aufgetragene Hausaufgabe bewältigt hat. Fragen sind für lösungsfokussiert arbeitende Therapeuten jedoch das primäre Kommunikationswerkzeug und als solche eine allumfassende Art der Intervention. Nach dem SFBT-Konzept arbeitende Therapeuten vermeiden es in der Regel, Interpretationen vorzunehmen, und bedrängen den Klienten nur selten mit direkten Herausforderungen oder Konfrontationen.

      Auf die Gegenwart und Zukunft gerichtete Fragen anstelle von Fragen, die auf die Vergangenheit fokussieren. Die Fragen, die nach der SFBT arbeitende Therapeuten stellen, sind fast immer auf die Gegenwart oder Zukunft gerichtet, worin sich folgende Grundüberzeugung spiegelt: Probleme werden am besten dadurch gelöst, dass man sich auf das konzentriert, was bereits funktioniert, und darauf, wie der Klient sich sein Leben vorstellt, und sie werden nicht dadurch gelöst, dass man sich auf die Vergangenheit und den Ursprung der Probleme konzentriert.

      Komplimente und Anerkennung. Dem Klienten Komplimente und Anerkennung entgegenzubringen ist ebenfalls ein wesentlicher Aspekt der SFBT. Wenn Therapeuten anerkennend bestätigen, was der Klient bereits erfolgreich unternommen hat, und würdigen, wie schwierig seine Probleme sind, ermutigen sie ihn zur Veränderung und überbringen ihm zugleich die Botschaft, dass sie ihm zugehört (d. h. ihn verstanden) haben und an ihm interessiert sind (Berg a. Dolan 2001). Komplimente im Therapiegespräch können helfen, auf den Punkt zu bringen, was der Klient bis dahin erfolgreich ausgeführt hat.

      Sanfte Anstöße zu Handlungen, die schon funktioniert haben. Wenn der Therapeut mithilfe von Komplimenten und Anerkennung einen sicheren Rahmen für den Klienten geschaffen hat und frühere Lösungen und Ausnahmen des Problems entdeckt worden sind, regt er ihn behutsam dazu an, seine zuvor erfolgreichen Handlungen fortzusetzen oder Veränderungen, auf die er, der Klient, selbst gekommen ist, auszuprobieren – was häufig als »Experiment« bezeichnet wird. Es kommt

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