Dr. Laurin Staffel 17 – Arztroman. Patricia Vandenberg
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Dr. Laurin Staffel 17 – Arztroman - Patricia Vandenberg страница 25
Für alle vier Kinder war es das ermahnende Stichwort, jetzt den Eltern ein halbes Stündchen Ruhe zu gönnen.
Antonia hielt sich nicht lange bei der Vorrede auf, als sie mit ihrem Mann allein war. »Ich fahre heute Nachmittag zu Eva«, erklärte sie ihm. »Sie hat mich angerufen und gebeten, die Kleine gründlich zu untersuchen.«
»Fehlt ihr was?«, fragte Leon bestürzt.
»Nein, das wohl nicht, aber Herr Bernulf ist jetzt besorgt, weil er meint, dass Sandra erblich belastet sein könnte. Kann diese Möglichkeit eigentlich bei Bettina auch bestehen?«
»Gewisse Anlagen werden wohl fast immer weitergegeben an die Kinder und Kindeskinder«, erwiderte Leon, »aber es ist nicht die Norm.«
»Jedenfalls finde ich es vernünftig, wenn man nicht die Augen verschließt vor den Eventualitäten. Übrigens ist Eva jetzt ganz allein mit dem Baby. Herr Hammilton befindet sich auf einer Geschäftsreise.«
»Dann wird es Eva auch guttun, wenn sie eine Ansprache hat«, meinte Leon. »Du wirst ja feststellen, ob sie den Umständen gewachsen ist.«
Davon konnte sich Antonia überzeugen, und ebenso davon, dass die kleine Sandra kerngesund war.
»Ist Ihnen nicht bange, wenn Sie allein sind in dem großen Haus, Eva?«, erkundigte sich Antonia.
»Nein, es kommt ja doch alles, wie es einem bestimmt ist«, erwiderte die junge Krankenschwester ernst.
Ja, so war es wohl, wenn auch manche Menschen sich gegen schicksalhafte Bestimmungen auflehnten. Es sollte sich gerade in dieser Familie erweisen.
*
Bettina hatte sich die ersten zwei Wochen im Sanatorium sehr wohlgefühlt, und Charlotte schien sich überraschend gut zu erholen. Jonas erlebte seine Frau heiter und zuversichtlich, und wenn sie Bettina besuchten, war Charlotte voller Hoffnung, dass diese Kur einen Umschwung zur Genesung brachte. Jonas bemühte sich, seine pessimistischen Gedanken nicht laut werden zu lassen. Dann erklärte Bettina plötzlich, dass sie es satt hätte, immer von Kranken und Gebrechlichen umgeben zu sein. Sie fühle sich jetzt wohl genug, um heimzufahren, und außerdem wolle sie ihren ersten Hochzeitstag festlich begehen. Mehr denn je erwartete sie, dass man ihr keinen Wunsch abschlug, und so fuhren sie dann heim. Jonas hatte es Constantin telefonisch angekündigt, dass sie anderntags heimkehren würden und dass er Bettina einen festlichen Empfang bereiten möge.
»Es ist aus mit dem Frieden, Eva«, sagte Constantin leise. »Sie kommen morgen. Und nun muss ich etwas auf die Beine stellen, damit der Hochzeitstag gefeiert werden kann.« Bitter klang seine Stimme. Resignation zeichnete sich auf seinem ernsten Gesicht ab.
Er hatte sich gut in seine neue Stellung hineingefunden. Er hatte seine seelischen Konflikte mit einer Arbeitswut ohnegleichen verdrängt. Er hatte sich ausruhen können, wenn er heimkam. Eva verströmte eine wundervolle Ruhe. Sie wussten, dass ihre Herzen füreinander schlugen, wenn sie auch kein Wort darüber verloren, es mit keinem Blick verrieten. Sie hatten beide die Kraft, Freunde im besten Sinne des Wortes zu sein.
Sandra krabbelte schon lebhaft in ihrem Bettchen herum und versuchte sich mit eigener Kraft emporzuziehen. Constantin hatte sich an ihrem Jauchzen erfreuen können, und er war gelöst und glücklich, wenn sie noch heller jauchzt, wenn er sie empornahm und durch die Luft schwenkte. Sollte dies alles nun wieder vorbei sein?
»Ich kann mich nicht verstellen, Eva«, sagte er deprimiert. »Ich kann Bettina keine Gefühle heucheln, jetzt weniger denn je. Woher soll ich die Kraft nehmen, dich wie eine Fremde anzusprechen?« Zum ersten Mal sagte er du zu ihr, und ihr Herz begann schmerzhaft zu klopfen. Aber sie sah ihn offen an.
»Wir werden die Kraft haben, Constantin«, sagte sie verhalten. »Wir müssen immer daran denken, dass sie wenigstens Mitleid verdient.«
»Wenigstens Mitleid«, wiederholte er mühsam. »Aber nicht die Spur mehr. Ich liebe dich. Mag ich dafür verdammt werden, aber das allein ist die Wahrheit.«
Sie schluckte die aufsteigenden Tränen herunter.
»Ich verdamme dich nicht, Constantin«, flüsterte sie.
Er legte den Arm um sie und zog sie an sich, ganz leicht und behutsam. »Du bist so tapfer«, murmelte er. »Ich muss mich schämen.«
»Ich erwarte nichts. Ich habe kein Recht dazu«, sagte Eva leise, und dann wandte sie sich schnell ab und ging zu dem Kind. Sie machte sich auch ihre Gedanken. Was würde schmerzhafter für sie sein? Auf das Kind zu verzichten oder Constantin nicht mehr sehen zu dürfen? Sie fürchtete sich vor Charlottes misstrauischen Blick. Sie war nicht so ruhig, wie sie sich Constantin gegenüber zeigte.
Sie richtete die Räume festlich her. Constantin brachte Blumen in Fülle, aber keine Rosen. Nur eine wunderschöne dunkelrote Rose für sie, und ein goldenes Halskettchen mit einem Medaillon.
»Aber …«, begann sie stockend, doch er legte ihr den Finger auf den Mund. »Sag nichts, Eva, etwas von mir muss immer bei dir sein. Wie schwer der Weg auch sein wird, den wir gehen müssen – du bist das Beste in meinem Leben.«
Und dann küsste er sie zum ersten Mal, zart und doch innig, und sie erwiderte seinen Kuss.
*
Am nächsten Tag kamen sie. Charlotte, Jonas und Bettina. Es war eine schreckliche Heimfahrt gewesen, die sich in Charlottes Mienenspiel widerspiegelte. Bettina war eine Viertelstunde lang in euphorischer Stimmung gewesen, um dann ins Gegenteil umzuschlagen. Nie würde sie sich wieder einsperren lassen, hatte sie gewütet. Nichts hätte man ihr erlaubt. Nur gequält hätte man sie, und in Dr. Eckart hätte sie sich genauso getäuscht wie in Jon. Dann hatte sie Charlotte Vorwürfe gemacht, dass sie sich nicht um sie gekümmert hätte.
Nun war sie so erschöpft, dass sie sich für gar nichts interessierte. Sie sah die Blumen nicht, sie hatte kein Grußwort für Eva und schenkte dem Kind keinen Blick. Als Constantin sie ins Haus bringen wollte, stieß sie ihn zurück.
Jonas brachte sie in ihr Zimmer. Charlotte, einem Nervenzusammenbruch nahe, sank schluchzend in einen Sessel. Constantin wusste sich keinen anderen Rat mehr, als Dr. Laurin anzurufen. Der überließ es seinen Assistenzärzten, die Nachmittagsvisite in der Klinik zu machen.
Er war zutiefst erschrocken, als er Bettina sah, und noch mehr, als sie plötzlich ungereimtes Zeug daherredete.
»Nehmen Sie mir das Kind. Ich will es nicht haben. Ich will leben.« Ihr Aufbegehren ging in ein unverständliches Lallen über. Als er ihr dann eine Injektion verabreicht hatte, schlief sie ein. Dr. Laurin gab auch Charlotte ein Beruhigungsmittel. Eva brachte diese dann ins Gästezimmer, und dort legte sich Charlotte nieder.
Jonas sprach später offen mit Dr. Laurin. Dr. Eckart hätte Bettina als einen besonders schweren Fall bezeichnet, erklärte er.
»Er hat ihr abgeraten, die Kur zu unterbrechen, aber das hat sie besonders wütend gemacht. Durch ihren starken Zigarettenkonsum sind ihre Abwehrkräfte geschwächt. Und weil sie im Sanatorium keine Zigaretten bekommen hat und auch keinen Kaffee, weigerte sie sich zu bleiben. Wenn wir sie besuchten, war sie jedoch guter Dinge. Ich muss gestehen, dass ich Dr. Eckarts Warnungen in den Wind schlug, aber auf dieser Fahrt haben wir es erlebt, wie unberechenbar sie ist. Nun ist auch meine Frau, die sich gut erholt hatte, völlig fertig. Ich fürchte das Schlimmste, Dr. Laurin.«
Wie