Dr. Laurin Staffel 17 – Arztroman. Patricia Vandenberg
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Dr. Laurin Staffel 17 – Arztroman - Patricia Vandenberg страница 41
»Inwiefern?«, fragte er.
»Wer wird mir glauben?«, fragte sie zurück.
»Jeder, der Sie kennt.«
»Sind Sie davon überzeugt?«
»Ganz gewiss.« Er machte eine kleine Pause. »Patrick Heym sitzt seit fast einer Woche im Untersuchungsgefängnis, weil man ihn beschuldigt, Sie so misshandelt zu haben.« Das zu sagen, gab ihm ein Gefühl ein.
Anja starrte ihn an. »Patrick Heym?«, fragte sie. »Aber wieso er?«
»Weil Herr Malten erklärte, dass Ihr Flirt mit Herrn Heym den Streit zwischen Ihnen ausgelöst hätte.«
»Dazu war er auch noch fähig?«, flüsterte Anja, dann schlug sie die Hände vors Gesicht und schluchzte hemmungslos.
Dr. Laurin versuchte gar nicht, sie zu beruhigen. Sie sollte weinen, alles herausschluchzen, was sie quälte. Er legte den Arm um sie und bettete ihren Kopf an seine Schulter. Er streichelte ihr Haar und fühlte sich wie befreit, weil sie ihn nicht von sich stieß.
Plötzlich versiegten ihre Tränen. »Zuerst konnte ich mich nicht erinnern«, sagte sie fast entschuldigend, »aber wenn ich dann allein war, reihten sich die Bilder aneinander. Warum verdächtigt man Patrick Heym? Wissen Sie es?«
»Ich weiß ziemlich viel. Dr. Brink ist Heyms Anwalt. Sie wurden in Heyms Garten gefunden, Anja.«
»In seinem Garten?«
»Ja, Patrick fand Sie dort, als er im Morgengrauen heimkam. Er rief meinen Kollegen Sternberg an, und so kamen Sie in die Prof.-Kayser-Klinik.«
»Und trotzdem verdächtigt man ihn?«, fragte sie nach einer langen Gedankenpause.
»Er hatte kein Alibi, und sein Ruf ist etwas anrüchig.«
»Unsinn! Es gibt doch viel schlimmere Typen als ihn. Jetzt weiß ich es genau.«
Diese Bemerkung gab Dr. Laurin Hoffnung, dass sie die Probleme bewältigen könnte, aber dann musst er doch feststellen, dass Anja alles schilderte, als spräche sie nicht über sich, sondern über einen anderen Menschen.
»Ich bin nicht mehr ich«, sagte sie. »Die Anja von früher gibt es nicht mehr und wird es niemals mehr geben, Herr Dr. Laurin. Ich war mir nicht sicher, ob ich überhaupt zu jemandem über diesen Abend sprechen könnte, aber jetzt muss ich es wohl. Die Sache kann doch nicht an Patrick Heym hängen bleiben.«
»Sie brauchen es nicht heute zu sagen, Anja. Ich will Sie nicht drängen«, meinte Dr. Laurin behutsam.
»Ich will nicht noch länger darüber grübeln«, flüsterte sie. »Ich will nicht, dass sich André bei meinen Eltern einnistet. Vielleicht hat er gedacht, dass ich es nicht überlebe, oder …« Sie unterbrach sich.
»Was denken Sie, Anja?«, fragte Dr. Laurin leise.
»Dass er sich als moralischer Retter aufspielen könnte. Werde ich jetzt ein Kind bekommen?« Ihre Stimme zitterte.
Dr. Laurin nahm ihre Hände. »Nein, Anja, das bestimmt nicht«, erwiderte er. Nun wusste er genau, dass sie ihr Erinnerungsvermögen zurückgewonnen hatte.
Mit schleppender fremder Stimme erzählte sie dann, was sich an dem bewussten Abend und in der Nacht abgespielt hatte.
»André rief mich an, dass er seinen Wagen in die Werkstatt geben müsste. Ich holte ihn deshalb ab. Seine Mutter war so eigenartig. Sie fragte mich, ob wir bald heiraten würden. Sie fühlte sich so elend und würde die Hochzeit doch noch gern erleben. André gestand mir dann, dass er sich um ihre Gesundheit wirklich sorge. Ich bemerkte, dass es vielleicht besser wäre, Frau Malten nicht allein zu lassen. Ich mochte sie nicht besonders gern, aber André hatte immer wieder betont, wie sehr er seine Mutter liebe. Er meinte aber, sie würde ein solches Opfer nicht wollen. Vor allem sollte ich nicht das Gefühl haben, auf sie Rücksicht nehmen zu müssen. Sie sei bereit, in ein Altersheim zu gehen, wenn wir erst verheiratet wären. Ich war wohl schon in einer sehr zwiespältigen Stimmung, als wir auf diese Party kamen.«
Wieder versank sie in Schweigen.
Dr. Laurin half ihr behutsam weiter. »Ihnen gefielen die Leute nicht, Anja?«, fragte er.
»Ja, das stimmt. Es wurde sehr viel getrunken. Ich bat André, mich heimzubringen, aber er sagte, dass ich kein Spielverderber sein solle. Wir würden dann noch in den Club gehen. Wenig später verwickelten mich ein paar Bekannte aus dem Club in ein Gespräch. Ich hatte nur ein Glas getrunken, aber mir war plötzlich nicht gut. Ich ging hinaus. Da hörte ich auf einmal Andrés Stimme und die einer Frau. Er sagte zu ihr, dass er nur sie liebe, dass er mich aber schnellstens heiraten müsse, weil sonst alles aus sei. Es war so ernüchternd. So genau weiß ich nicht mehr, was ich dann tat. Ich merkte, dass ich meine Handtasche an der Bar vergessen hatte und ging zurück. Ja, so war es. Und dann ließ ich die Tasche fallen. Sie entglitt einfach meinen Händen. Ein Mann hob sie auf, und er sagte dabei, dass ich nicht in diesen Rahmen passe. Es war Patrick Heym. Er fragte, ob er mich heimbringen könne oder ob er mir ein Taxi bestellen solle. Aber dann kam André und zog mich fort. Ich kann mich nicht erinnern, was die beiden Männer miteinander sprachen. Ich bin mit André zu meinem Wagen gegangen. Er setzte sich ans Steuer. Ich bat ihn, mich unverzüglich heimzubringen. Wir würden noch in den Club fahren, erwiderte er jedoch. Aber ich wollte nach Hause. Ich zog den Verlobungsring von meinem Finger und sagte, dass es besser sei, wenn wir uns trennten.«
Dr. Laurin blickte auf ihre linke Hand. Erst jetzt bemerkte er, dass sie den Ring nicht mehr trug. Aber sie hatte ihn am Finger gehabt, als sie in die Klinik gebracht wurde, und die Schwester in der Ambulanz hatte ihn nicht abziehen können, weil der Finger geschwollen gewesen war.
Anja atmete schneller. »Ja, mir wurde alles klar, als ich bemerkte, dass der Ring wieder an meinem Finger steckte«, flüsterte sie. »Ich habe ihn nicht selbst wieder angesteckt. – Ich bekam plötzlich einen Schlag an die Stirn, dann noch einen zweiten. Ich muss wohl das Bewusstsein verloren haben. Aber irgendwann kam ich doch noch einmal zu mir, als ich über einen Boden geschleift wurde. Ich sah eine Hand, einen Siegelring. Es war die Hand von André. Aber gleich darauf, noch ehe ich etwas sagen konnte, bekam ich einen weiteren Stoß. Von da an weiß ich nichts mehr. Aber ich habe das nicht nur geträumt.«
Sekundenlang zögerte Leon Laurin. Sollte er sagen, dass sie es doch geträumt hatte? Nein, das konnte er nicht, denn André Malten sollte büßen für das, was er getan hatte.
*
Aber André Malten hatte seine Strafe schon erhalten. Als er alles verloren sah, entwickelte auch er, wie zuvor seine Mutter, ungeahnte Kräfte. Er riss sich los und rannte die Straße hinunter.
Weg, nur weg, war sein einziger Gedanke. Er blickte nicht rechts noch links, er hörte nur die schnellen Schritte, die ihm folgten. Er bemerkte nicht den roten Lieferwagen, der aus einer Seitenstraße kam. Er sah sowieso nur noch rot und wusste seine Verfolger dicht hinter sich.
Dann wurde er von dem Wagen erfasst und durch die Luft geschleudert.
Passanten blieben erstarrt stehen. Entsetzensschreie ertönten. André Malten hörte nichts mehr. Schrecklich zugerichtet blieb er zehn Meter entfernt liegen, ein lebloses Bündel Mensch.
Dr. Brink erfuhr es erst ein paar