Dr. Laurin Staffel 17 – Arztroman. Patricia Vandenberg

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Dr. Laurin Staffel 17 – Arztroman - Patricia Vandenberg Dr. Laurin Staffel

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Mund, der den spöttischen, halb verächtlichen Ausdruck ganz verloren hatte.

      Er ergriff ihre schmale Hand ganz behutsam, als wäre sie zerbrechlich, und so erschien es ihm auch, als er sich darüber neigte, und dann tat er etwas, was er nie zuvor im Leben getan hatte: Er legte leicht seine Lippen auf diese blasse zarte Hand.

      Anja war das Blut in die Wangen geschossen. Ihre Blicke trafen sich, und verlegen sagte sie: »Es sind wunderschöne Rosen.«

      »Uwe meinte, dass ich Sie besuchen dürfte«, sagte er stockend. »Er ist auch mitgekommen, aber er hat draußen jemanden getroffen.«

      »Wen denn?«, fragte Anja, genauso verlegen wie Patrick.

      »Ein Mädchen, das im Club mal gearbeitet hat. Wolter heißt sie wohl. Ihr Vater ist operiert worden.«

      »Die Nele?«, fragte Anja erschrocken. »O Gott, immer trifft es doch die Falschen.« Aber das sagte sie so, als würde sie sich selbst gar nicht einbeziehen.

      »Könnte ich etwas für das Mädchen tun?«, fragte Patrick Heym. »Sagen Sie es mir. Bisher bin ich ja wohl mit Scheuklappen herumgelaufen.«

      Anja sah ihn forschend an, nun nicht mehr so unsicher. »Ich auch«, sagte sie leise. »Ich denke, Uwe wird sich um Nele kümmern.«

      »Er hat sich auch sehr um mich gekümmert«, berichtete Patrick. »Haben Sie etwas dagegen, dass wir Freunde geworden sind?«

      »Was sollte ich dagegen haben? Sie haben mir das Leben gerettet.« Sie senkte den Blick. »Zuerst dachte ich, dass es vielleicht besser gewesen wäre, ich wäre nicht mehr aufgewacht, aber dann dachte ich an meine Eltern und an meinen Bruder. Wir haben uns sehr lieb.«

      »Ich weiß. Ich bin auch sehr froh, dass Sie leben, Anja. Aber wir wollen nicht mehr zurückdenken, nicht mehr daran rühren.«

      »Und nicht darüber sprechen? Aber ich lese gerade ein Buch, dass man schreckliche Erlebnisse, welcher Art auch immer, nur bewältigen kann, wenn man zu gegebener Zeit darüber spricht. Jetzt ist dafür noch nicht die Zeit«, fuhr sie nachdenklich fort. »Aber ich bin sehr froh, dass Sie mich besuchen, Herr Heym, und dass ich Ihnen danken kann. Ich weiß, dass Sie meinetwegen sehr viel durchstehen mussten.«

      »Nicht Ihretwegen«, widersprach Patrick. »Ich will da nichts beschönigen. Mein Lebenswandel machte mich zu einem willkommenen Objekt. Mein bisheriger Lebenswandel. Für mich war es eine gute Lehre, tatsächlich einmal in Schwierigkeiten zu kommen.«

      »Das klingt gerade so, als wollten Sie in Schwierigkeiten kommen.«

      Sein Blick ruhte auf ihrem Gesicht. Es tat ihm weh, körperlich und seelisch weh, die Wunden auf Stirn und Wangen zu sehen, die ihr zugefügt worden waren. Und irgendwie musste das wohl sein Gesichtsausdruck verraten.

      Sie fuhr mit der Hand über die vernarbenden Wunden. »Das tut nicht mehr so weh«, sagte sie leise.

      »Mir tut es weh«, sagte Patrick rau. »Ich hätte doch die Möglichkeit gehabt, Sie an diesem Abend heimzubringen. Aber vielleicht hätten Sie es abgelehnt.«

      »Darüber will ich jetzt nicht nachdenken«, meinte Anja, »aber ich habe Ihre Worte in der Erinnerung behalten. Sie sagten zu mir, dass ich nicht in dieses Milieu gehöre. Sinngemäß.«

      »Ich habe Sie vorher nur einmal gesehen. Wir wurden uns im Club vorgestellt, erinnern Sie sich?«

      Anja nickte. Ihre Hände verschlangen sich ineinander. Sie lehnte sich zurück.

      »Sie waren sehr hoheitsvoll«, sagte Patrick.

      Diese Bemerkung zauberte tatsächlich ein Lächeln in ihr Gesicht. Er musste sie ansehen, er brachte kein Wort über die Lippen, weil nun ihr Blick aus einer weit entfernten Welt zurückzukehren schien.

      »Wenn ich nur so sicher gewesen wäre, wie ich immer erscheinen wollte«, sagte Anja, »und wenn Sie sich doch nur so menschlich gegeben hätten, wie Sie sind, Patrick Heym – wir wären beide nicht in eine so fatale Lage geraten.«

      »Aber wir sind es«, sagte er. »Und es wäre gut, wenn wir die Folgen irgendwie gemeinsam bewältigen könnten, Anja. Uwe wurde sehr schnell mein Freund, und darüber bin ich glücklich und dankbar. Vielleicht könnten auch wir Freunde werden?«

      »Gibt es wirklich eine echte Freundschaft zwischen Mann und Frau, Patrick?«, fragte Anja.

      »Ich glaube schon, wenn man immer ehrlich zueinander ist.«

      »In diesem Buch steht, dass Freundschaft nur auf gegenseitigem Verstehen basieren kann. Dass echte Freundschaft jeden Zweifel ausschließen muss, dass sie eine dauernde Aufgabe ist, einem anderen Menschen in jeglicher Bedrängnis beizustehen. Aber Worte gibt es so viele, und sie werden so leicht dahingeredet. Aber Dr. Laurin hat ein paar Worte zu mir gesagt, die ich nie vergessen werde: ›Ein treuer Freund trägt mehr zu unserem Glück bei als tausend Feinde zu unserem Unglück.‹ Ich muss darüber immerzu nachdenken. Wenn Uwe Sie seinen Freund nennt, möchte ich auch gern, dass Sie mein Freund werden, Patrick. Aber, bitte, verzeihen Sie es mir, wenn mir jetzt noch der Glaube fehlt, dass es wirklich möglich ist.«

      »Ich möchte es Ihnen gern beweisen, Anja. Ich habe viele Enttäuschungen hinnehmen müssen, aber keine so schlimme Erfahrung gemacht wie Sie. Jedoch haben mir einige Erlebnisse auch ganz hübsch zugesetzt, aber gerade in diesem Unheil habe ich positive Erfahrungen gemacht. Auch die, dass ich die Kraft habe, aus meinem Leben mehr zu machen, und das fällt leichter, wenn man Freunde hat.«

      »Haben Sie niemals eine Frau wirklich geliebt?«, fragte Anja nach einem längeren Schweigen.

      »Doch, meine Mutter und meine Tante. Jetzt liebe ich nur noch Lena. Sie müssen Lena kennenlernen, Anja. Sie ist die Güte selbst. Es war nur so, dass es mir so selbstverständlich war, dass sie für mich sorgte. Ich habe sie dafür entlohnt. Erst als sie so entschieden für mich eintrat, wurde mir bewusst, dass ich ihr auch als Mensch etwas bedeutete, trotz meiner Fehler.«

      »Ich weiß, dass Ihre Lena sehr für Sie eingetreten ist. Uwe hat mir alles erzählt. Ich habe viel nachgedacht.«

      »Sie sollen nicht gar so viel nachdenken«, sagte er verhalten.

      »Früher habe ich zu wenig nachgedacht«, meinte Anja. »Es gab ja auch keine Probleme in meinem Leben. Unsere Familie erschien mir einfach perfekt, und sie ist es wohl auch. Bei meinen Eltern gab es nie Streit. Es ging uns immer gut, sehr gut sogar. Ich dachte nie daran, dass es für mich anders kommen könnte.« Ihre Stimme bebte, aber tapfer fuhr sie dann fort: »Jetzt habe ich keine Illusionen mehr.«

      Patrick Heym hatte sich nie welche gemacht. Er hatte nie an die große, die alles verstehende Liebe geglaubt. Er hatte immer in einer Konfliktsituation gelebt, weil er Glück nur in materiellen Dingen hatte, aber konnte man das als Glück bezeichnen?

      Jetzt empfand er ein Glücksgefühl, als Anja wieder seine Hand ergriff und leise sagte: »Es ist gut, dass wir miteinander sprechen können. Ihnen ist auch ein Unrecht zugefügt worden.«

      *

      Draußen, auf dem Korridor, standen Uwe und Nele am Fenster. Das Mädchen weinte nicht mehr, doch in seinem Blick lag Traurigkeit. Es blickte auf die Uhr.

      »Ich muss jetzt in den Club.«

      »Das geht doch nicht. Du kannst in dieser

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