Dr. Daniel Staffel 10 – Arztroman. Marie Francoise
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Dr. Daniel Staffel 10 – Arztroman - Marie Francoise страница 32
Unwillkürlich stöhnte Dr. Daniel auf. Seine Gedanken drehten sich im Kreis. Je länger er über die Situation in Rebeccas Zimmer nachgrübelte, um so durchsichtiger wurde sie für ihn. Niedergeschlagen vergrub er das Gesicht in den Händen. Er wünschte, er hätte mit Manon über all das sprechen können, aber gerade im Moment war das so unmöglich wie nie zuvor.
Dr. Daniel fuhr erschrocken hoch, als plötzlich Licht aufflammte. Manon stand in der geöffneten Tür und sah ihn stumm an. Dr. Daniel erwiderte den Blick und versuchte zu ergründen, ob es wohl möglich sein würde, vernünftig mit ihr zu sprechen… ob er auf eine Frage überhaupt eine Antwort bekommen würde.
»Hat sie dich abblitzen lassen?«
Dr. Daniel sackte förmlich in sich zusammen. Vermutlich sollte er sich jetzt weniger Gedanken um Rebecca machen als vielmehr um seine eigene Frau. Manons Ausrasten war ja auch nicht mehr normal.
»Wie kommst du bloß auf so etwas?« fragte er beinahe tonlos. »Meine Güte, Manon, gerade du müßtest mich doch kennen… besser als jede andere. Warum, um Himmels willen…«
»Ich habe gesehen, wie du in den Goldenen Löwen gegangen… nein, förmlich gerannt bist«, fiel Manon ihm mit eisiger Stimme ins Wort. »Du hattest es so eilig, zu deiner Rebecca zu kommen, daß du mich gar nicht gesehen hast, obwohl ich keine hundert Meter von dir entfernt gestanden habe.«
Dr. Daniel wurde abwechselnd heiß und kalt. Er wußte, daß Manon recht hatte. Die Vorfreude auf den Abend mit Rebecca hatte ihn für seine Umgebung anscheinend blind und taub gemacht. Allerdings hatte diese Vorfreude ja nicht einem flüchtigen Liebesabenteuer gegolten, sondern dem Zusammensein mit einem Menschen, von dem er sich verstanden gefühlt hatte.
»Es war völlig anders, Manon«, verteidigte er sich und hatte dabei ein schlechtes Gewissen ohne sich einer wirklichen Schuld bewußt zu sein. »Rebecca rief mich wegen Unterleibsschmerzen zu sich…«
Da bog Manon den Kopf zurück und lachte, doch es war kein fröhliches Lachen. Es ließ Dr. Daniel vielmehr einen eisigen Schauer über den Rücken laufen. Als Manon ihn wieder anschaute, verstummte ihr Lachen so abrupt, wie es angefangen hatte.
»Für diese Lüge sollte ich dich eigentlich ohrfeigen«, erklärte sie kalt.
»Glaubst du, daß das unserer Ehe noch besonders zuträglich wäre?« gab Dr. Daniel zurück und wunderte sich, wie er es eigentlich schaffte, dabei so ruhig zu bleiben.
Manon schüttelte den Kopf. »Ich glaube eher, es gibt nichts, was unserer Ehe wirklich noch schaden könnte. Es gibt aber vermutlich auch nichts, was sie noch retten kann.«
Dr. Daniel stand auf und ging langsam auf seine Frau zu.
»Warum, Manon?« wollte er leise wissen. »Wie konnte das alles mit uns nur geschehen?«
Sie blieb ihm die Antwort schuldig, drehte sich um und ging. Dr. Daniel war allein. Einen Moment lang fragte er sich, ob er wohl einen Fehler gemacht hatte, als er Rebeccas Angebot, mit ihr die Nacht zu verbringen, ausgeschlagen hatte.
*
Dr. Daniel hielt sich in den folgenden Tagen vom Gasthof Zum Goldenen Löwen geflissentlich fern, obgleich ihm der Gedanke an Rebecca schlaflose Nächte bereitete. Hin- und hergerissen zwischen seinen Gefühlen für Rebecca und seiner Liebe, die er nach wie vor für Manon empfand, kostete es ihn immer mehr Mühe, sich auf seine Arbeit zu konzentrieren. Mindestens tausendmal hatte er die Szene in Rebeccas Zimmer schon durchgespielt – so, wie sie tatsächlich abgelaufen war und wie sie hätte ablaufen können. Dabei hatte er jedoch weniger den Aspekt der Liebesnacht im Auge gehabt, als vielmehr die vorangegangene Untersuchung. Vielleicht hätte er gründlicher sein müssen. Wenn er nun etwas übersehen hatte… irgendeine Kleinigkeit…
Vergeblich versuchte er, diese Gedanken von sich abzuschütteln. Die Möglichkeit, daß Rebecca die Beschwerden vorgetäuscht hatte, schob er weit von sich. So eine war sie bestimmt nicht! In Wirklichkeit war es jedoch mehr ein Selbstschutz von Dr. Daniel, weil er nicht wahrhaben wollte, daß er womöglich auf eine äußerst raffinierte Frau hereingefallen war. Und dann beschäftigten sich seine Gedanken zum ersten Mal damit, was wohl geschehen wäre, wenn er ihrem Werben… ach was, es war mehr als das gewesen, nämlich ein deutliches Angebot. Ja, was wäre geschehen, wenn er nachgegeben hätte? Wenn er dieser Liebesnacht zugestimmt hätte? Wieder sah er Rebeccas makellosen Körper vor sich – diesmal nicht als Arzt, sondern als Mann…
Dr. Daniel zuckte erschrocken zusammen, als es an seiner Sprechzimmertür klopfte. Er schämte sich für die Gedanken, die er gehabt hatte – weil er verheiratet war… weil er seine Frau trotz aller Differenzen immer noch von Herzen liebte… und weil er trotzdem für eine berückend schöne Frau entflammt war.
»Ja, bitte!« brachte er endlich hervor. Eigentlich hoffte er, daß es Manon sein würde… daß sie kommen würde, um sich endlich mit ihm auszusprechen. Sekundenlang streifte ihn der Gedanke – oder war es ein Wunsch? – es könnte Rebecca sein.
Doch als sich die Tür öffnete und sein Schwiegersohn Dr. Jeff Parker hereintrat, wußte Dr. Daniel nicht, ob er enttäuscht oder erleichtert sein sollte.
»Wen hast du denn jetzt erwartet?« wollte Dr. Parker wissen, der den Gesichtsausdruck seines Schwiegervaters unschwer deuten konnte.
Dr. Daniel seufzte. »Ich weiß es nicht, Jeff. Dich jedenfalls nicht.« Unwillkürlich sah er auf die Uhr. »Es ist schon spät, und die Sprechstunde war heute ziemlich anstrengend…«
»Robert, ich brauche dich«, fiel Dr. Parker ihm leise und ungewöhnlich beklommen ins Wort. »Deinen Rat und…« Er verstummte mit gesenktem Kopf.
Dr. Daniel seufzte. »Es tut mir leid, Jeff. Du weißt, daß ich immer für dich da bin, aber gerade jetzt… ich bin nicht sicher, ob ich dir eine wirkliche Hilfe sein würde. Im Moment habe ich selbst genügend Probleme am Hals.« Plötzlich ergriff ihn ein konkreter Verdacht. »Geht es etwa um dich und Karina?«
Jeff schüttelte den Kopf. »Mit unserer Ehe hat es nichts zu tun. Es geht um mich… um mich persönlich.« Er reichte Dr. Daniel ein mehrseitiges Schreiben. »Ich weiß nicht, wie gut dein Englisch ist…«
»Es geht schon«, meinte Dr. Daniel und nahm den Brief entgegen. Der Name Horn stach ihm förmlich ins Auge. Pamela und Perry Horn, las er halblaut, dann überflog er den Text, doch sein Englisch war in den vergangenen Jahren tatsächlich recht lückenhaft geworden.
»Der Brief stammt von einem Rechtsanwalt aus Los Angeles, der im Namen meiner minderjährigen Geschwister Erbansprüche stellt«, erläuterte Dr. Parker den Inhalt des mehrseitigen Schreibens in präzisen Worten.
Erstaunt blickte Dr. Daniel auf. »Ich wußte gar nicht, daß du Geschwister hast.«
»Bisher wußte ich das auch noch nicht«, entgegnete Jeff trocken, dann gestand er leise: »Es macht mir schwer zu schaffen, Robert. Ich dachte immer, die Ehe meiner Eltern wäre glücklich gewesen. Nun muß ich auf einmal erfahren, daß mein Vater mit einer anderen Frau zwei Kinder gehabt haben soll.«
Dr. Daniel nickte verständnisvoll. Diese Wahrheit mußte für Jeff tatsächlich ein schwerer Schock gewesen sein.