Butler Parker Staffel 10 – Kriminalroman. Günter Dönges
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Als er hinüber zum Telefon gehen wollte, meldete es sich wie auf Bestellung.
»Für Sie, Parker«, sagte Madford, der abgehoben und sich gemeldet hatte.
»Butler Parker!« Parker hatte das Telefon übernommen und hörte interessiert zu.
»Ich bedanke mich, für Ihre Information«, sagte er dann, »ich darf Ihnen versichern, Mister Harry, daß es Mister Rander und meiner bescheidenen Wenigkeit inzwischen gelungen ist, Mister Norman Landor habhaft zu werden. Sie brauchen sich also nicht mehr weiter zu bemühen. Ich werde aber nicht versäumen vorzusprechen, falls sich neue Fragen ergeben sollten.«
Er legte auf und wandte sich Rander und Madford zu, die sich gerade zuprosteten. Rander, der natürlich mitgehört hatte, sah seinen Butler jetzt lächelnd an und wandte sich an Madford.
»Wetten«, sagte er zu Madford »daß diese neuen Fragen sich mit Sicherheit ergeben werden? Parker kann’s doch nicht lassen. Ohne einen Kriminalfall ist er nur ein halber Mann!«
Der Mann war sich seines Wertes wohl bewußt.
Er war groß, schlank und trug einen fast knöchellangen Mantel aus Fuchs-Fellen. Auf seinem schmalen Kopf saß ein breitkrempiger Hut mit einem Band aus Leopardenfell. Der schwarze Koffer in seiner linken Hand schien kein Gewicht zu haben. Ein aufmerksamer Beobachter hätte festgestellt, daß dieser Koffer durch eine schmale, aber offensichtlich bruchsichere Kette mit dem Handgelenk des Trägers verbunden war.
Der Mann stieg aus dem Bus und blieb suchend stehen. Sein Gesicht, das an die Physiognomie eines Ras-sepferdes erinnerte, blieb unbeweglich. Kühle, graue Augen musterten die nähere Umgebung.
Der Neuankömmling befand sich in Kandersteg, dem bekannten Fremdenverkehrszentrum in der Zentral-schweiz. Er hatte sich, was den Fuchsfellmantel anbetraf, auf die winterliche Jahreszeit eingestellt. Schnee, wohin man sah. Der reizend gelegene Wintersportplatz in der Nähe des Lötschbergtunnels war förmlich überflutet von Wintersportlern in zünftigem Skidreß.
Überhaupt nicht zünftig wirkte ein mittelgroßer Mann, der einen pechschwarzen Covercoat trug. Auf sei-nem Kopf saß eine ebenfalls pechschwarze Melone. Befremdlich war ein schwarzer, altväterlich gebundener Regenschirm, der am linken Unterarm hing.
Dieser Mann, offensichtlich ein Butler, kam aus einem Sportartikelgeschäft und schritt gemessen auf einen nahen Parkplatz zu. Dabei passierte er das Pferdegesicht.
Sie fielen einander auf und sahen sich kühl an.
Doch da passierte dem Mann im schwarzen Covercoat ein kleines Mißgeschick, das eindeutig mit dem Winter zusammenhing. Er glitt nämlich auf dem gefrorenen Schnee aus und stolperte. Er fiel gegen den gro-ßen Mann im Fuchsfellmantel und klammerte sich hilfesuchend an ihn. Es kam dabei zu einer innigen Be-rührung.
»Ich bitte ungemein und vielmals um Entschuldigung«, sagte der Butler und lüftete seine schwarze Melo-ne, »ein bedauerliches Mißgeschick.«
»Schon gut«, reagierte der Mann mit dem Pferdegesicht. Seine Stimme klang kühl und abweisend.
»Die Standfestigkeit eines müden, alten und relativ verbrauchten Mannes läßt halt zu wünschen übrig«, redete der Butler weiter, doch sein Kontrahent im Fuchsfellmantel hörte schon gar nicht mehr zu. Er hatte gerade einen kleinen 2 CV entdeckt, aus dem sich ein junger, stämmiger Wintersportler herauswand, der ihm zuwinkte. Das Pferdegesicht ging langsam auf den Fahrer zu und hatte dann einige Schwierigkeiten, sich in den Wagen zu zwängen.
Der Butler sah dem davonfahrenden Gefährt interessiert nach und schritt dann gemessen hinüber zum Parkplatz. Nachdem er am Steuer Platz genommen hatte, sah er sich interessiert die braune Brieftasche an, die er aus den Falten seines Schirms hervorgeholt hatte.
*
»Sie machen einen verflixt selbstzufriedenen Eindruck«, sagte Anwalt Mike Rander, als Parker zu ihm in den großen Wohnraum des Chalets kam, um den Vormittagstee zu servieren. Während er sprach, sah er sei-nen Butler mißtrauisch an.
»Dieser Eindruck, Sir, basiert auf dieser wunderschönen Umgebung«, redete der Butler sich heraus. Was die Umgebung des Chalets betraf, so hatte er ganz sicher nicht übertrieben. Das flachgedeckte Holzhaus lag auf einem parkähnlich gepflegten Hang, abseits vom Massentourismus. Die wenigen steilen Straßen luden den normalen Verkehr nicht ein, hierher Abstecher zu machen.
Das von Rander gemietete Chalet gehörte zu einer Gruppe ähnlich aussehender Ferienhäuser und lehnte sich hangwärts an einen ausgedehnten Wald an. Vom Balkon des Chalets aus sah man hinunter auf Kander-steg.
»Nun rücken Sie schon mit der Sprache heraus«, forderte Rander seinen Butler auf. »Was ist passiert? Diese wunderschöne Umgebung kennen Sie ja immerhin seit einer Woche.«
»Falls ich nicht das Opfer einer Verwechslung wurde, Sir, begegnete ich einem gewissen Ralph Madson.«
»Kennen wir einen Ralph Madson?« Rander wandte sich zu seiner Sekretärin um, die bisher schweigend, aber schmunzelnd zugehört hatte. Vivi Carlson, schon seit geraumer Zeit für Rander tätig, hob bedauernd die Schultern.
»Mister Ralph Madson, Sir, ist eine Art Spezialkurier in Sachen Mord.«
»Wie bitte?« Rander setzte schleunigst seine Teetasse ab.
»Ein Spezialist in Sachen Mord, um noch deutlicher zu werden.«
»Woher wollen Sie denn das wissen, Parker?«
»Ich hatte das sehr gefährliche und zweifelhafte Vergnügen, Sir, Mister Ralph Madsons Weg in Los An-geles zu kreuzen. Darf ich Sie an den Fall Capucci erinnern?«
Mike Rander nickte nachdenklich. Der Name Capucci sagte ihm sehr viel. Es hatte sich damals um einen Fernsehredakteur gehandelt, der über die örtliche Cosa nostra hatte berichten wollen. Bevor er sein Material hatte veröffentlichen können, war er von einem unbekannten Mörder erschossen worden. Daraufhin war das Material in irgendwelchen Tresoren verschwunden. Man hatte es nicht mehr gewagt, damit an die Öffent-lichkeit zu treten.
»Sie sind sicher, daß der Mörder damals dieser Madson war?« fragte Rander.
»Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, Sir. Letzte Beweise vermag ich allerdings nicht vorzu-legen.«
»Fragen wir uns also, was dieser Madson hier in Kandersteg will.«
»Dies, Sir, beschäftigt meine Wenigkeit. Und ich glaube, bereits mit einem ersten Hinweis dienen zu kön-nen.«
»Ach nee.« Rander sah seinen Butler verdutzt an.
»Ich möchte auf diese Brieftasche verweisen, Sir, die Mister Madson offensichtlich verlor.« Parker prä-sentierte seinem jungen Herrn das bewußte Corpus delicti.
»Der Mann soll seine Brieftasche verloren haben?« Rander glaubte seinem Butler kein Wort. Vivi Carlson verbiß sich ein Schmunzeln und sah gespielt interessiert zum Fenster hinaus.
»Ich werde sie Mister Madson selbstverständlich zurückerstatten«, erklärte Josuah Parker gemessen, »es liegt mir ausgesprochen fern, mich an fremdem Eigentum zu bereichern.«
»Wie ich Sie